# taz.de -- Investor Lars Windhorst: Der große Versprecher
       
       > Harte Zeiten für Lars Windhorst: In Hannover wurde ein Haftbefehl gegen
       > ihn ausgestellt, in Rendsburg ist Ministerpräsident Daniel Günther
       > verärgert.
       
 (IMG) Bild: Viele leere Versprechen führen zu vielen Fragen: Lars Windhorst im März 2024 im Kieler Landtag
       
       HANNOVER taz | Wird Finanzjongleur Lars Windhorst heute in Flensburg
       verhaftet? Das scheint zwar eher unwahrscheinlich, aber blickt man auf die
       spektakuläre Achterbahnfahrt, die Windhorst seine Karriere nennt, erscheint
       einem vieles möglich.
       
       Fest steht: Der große Investor (präziser ausgedrückt:
       Investitionen-Versprecher) hat gerade an mehr als einer Front mächtigen
       Ärger. Am Montag erschien er nicht zur Betriebsversammlung bei der
       Nobiskrug-Werft in Rendsburg – sehr zum Ärger von Schleswig-Holsteins
       Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Zeitgleich wurde bekannt, dass in
       Hannover ein Haftbefehl gegen Windhorst anhängig ist – in dem
       Insolvenzverfahren rund um das Ihmezentrum möchte die Richterin so
       Auskünfte von Windhorst erzwingen.
       
       Dieser Haftbefehl liegt schon seit dem 23. Mai vor, nachdem Windhorst am
       22. Mai nicht zu einer Anhörung erschienen war. Anders als bei
       Strafgerichten bedeutet das aber keineswegs, dass nach Windhorst gefahndet
       wird und die Polizei ihn jederzeit und überall verhaften kann, erläutert
       Gerichtssprecher Patrick Skeries.
       
       Der Haftbefehl zielt darauf ab, Windhorst Mitwirkung in dem
       Insolvenzverfahren zu erzwingen. Vollstreckt wird er durch einen
       Gerichtsvollzieher. Wenn dieser tatsächlich eine Verhaftung vornimmt, hat
       Windhorst zwei Möglichkeiten: Er kann die gewünschten Auskünfte erteilen
       oder er muss für drei Wochen in eine niedersächsische
       Justizvollzugsanstalt.
       
       Windhorst hat gegen diesen Haftbefehl Beschwerde erhoben. Die hat nach
       Auskunft des Gerichts zwar keine aufschiebende Wirkung, macht eine
       Vollstreckung aber auch nicht wahrscheinlicher. Die Beschwerde muss nun
       erst vom Amtsgericht und dann möglicherweise noch vom Landgericht überprüft
       werden.
       
       Konkret geht es in diesem Streit darum, zu welchen Auskünften Windhorst
       überhaupt verpflichtet ist. 2019 hat er mit seiner Unternehmensgruppe
       Tennor das Projekt Ihme-Zentrum (PIZ) Hannover übernommen. Das Ihmezentrum,
       ein [1][in den 1970er-Jahren erbauter Betonklotz in bester Lage], bestehend
       aus Wohnungen, Einkaufszeilen und sonstigen Gewerbeflächen, ist arg
       sanierungsbedürftig. An den komplizierten Eigentumsverhältnissen mit
       zahlreichen Kleineigentümern sind aber schon andere Investoren und
       Spekulanten gescheitert.
       
       Windhorst trat als Retter auf, versprach den Koloss innerhalb von ein paar
       Jahren zu sanieren und für den Weiterverkauf hübsch zu machen, die Stadt
       war erleichtert. Zumindest bis die zugesagten Sanierungen auf sich warten
       ließen. Ein zähes Ringen um Baufortschritte und immer wieder versäumte
       Fristen endete damit, dass erst die Stadtwerke Enercity und dann die Stadt
       selbst als Großmieter von Büroflächen ausstiegen.
       
       Damit erzielte das Objekt keine Einkünfte mehr und Windhorst ließ laut
       Medienberichten beleidigt ausrichten, er investiere nun auch nichts mehr.
       Tennor wolle dem schlechten Geld schließlich kein gutes hinterherwerfen.
       [2][Die PIZ schlitterte in die Insolvenz], Miteigentümer blieben auf den
       Nebenkosten, Handwerker auf ihren Rechnungen sitzen.
       
       Im Insolvenzverfahren muss erst einmal geklärt werden, was überhaupt an
       verwertbarer Insolvenzmasse da ist. Darum dreht sich nun auch der Streit:
       Formal ist Windhorst nicht Geschäftsführer der PIZ, de facto aber schon,
       glaubt der Insolvenzverwalter Jens Wilhelm. Nicht nur, weil Windhorst immer
       wieder einschwebte, sobald die Stadtpolitik besänftigt werden musste,
       sondern auch, weil er offenbar der einzige ist, der Auskunft geben kann
       darüber, wohin Gelder, Wertpapiere und Schlüssel aus dem Ihmezentrum
       verschwunden sind. Windhorst bestreitet dagegen, mit dem operativen
       Geschäft viel zu tun gehabt zu haben und glaubt deshalb auch keine Auskunft
       erteilen zu können oder zu müssen.
       
       ## Die Werften
       
       Ähnlich enttäuscht – und ähnlich hilflos – wie die hannoversche
       Stadtpolitik äußerte sich am Montag Schleswig-Holsteins Ministerpräsident
       Daniel Günther (CDU). 600 Arbeitsplätze hängen an den [3][beiden Werften
       Nobiskrug in Rendsburg und FSG in Flensburg.] Nach massiven Protesten wegen
       ausbleibender Gehalts- und Sozialversicherungszahlungen hatte sich Günther
       im März mit Windhorst getroffen und ihm diverse Versprechen abgenommen.
       
       Gehalten hat der nichts davon, wie der Ministerpräsident nun, drei Monate
       später feststellen muss. Im Gegenteil: Diverse Marineaufträge wurden zurück
       gezogen, die Maschinen stehen still, die Arbeiter beklagen sich über
       nervenzermürbende Langeweile, neue Geschäftsführer tauchten nie auf. Für
       den heutigen Mittwoch hat Windhorst eine Pressekonferenz in Flensburg
       angekündigt, in der er seine Strategien für die Werften darlegen will.
       
       ## Ärger auch im Ausland
       
       Daran, dass er das Ruder noch einmal herumreißen kann, zweifeln allerdings
       viele. Immerhin hat die Unternehmensgruppe Tennor national wie
       international Ärger mit der Justiz. Da ist ihr gescheitertes und
       skandalumwittertes [4][Investment beim Berliner Fußballverein Hertha BSC].
       In den vergangenen Jahren gab es außerdem Gerichtsverfahren in Amsterdam,
       London und Bologna: Mal klagen enttäuschte Geschäftspartner, mal geht es um
       Steuerschulden, mal um ausstehende Gehaltszahlungen. Immer geht es um ein
       Muster: Windhorst verspricht Dinge, die er nicht halten kann.
       
       5 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Ihme-Zentrum-in-Hannover/!5924337
 (DIR) [2] /Hannovers-Ihme-Zentrum-pleite/!5960533
 (DIR) [3] https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/FSG-Nobiskrug-Marine-zieht-Notbremse-und-storniert-Auftraege,fsg492.html
 (DIR) [4] /Hertha-BSC-und-Lars-Windhorst/!5882656
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nadine Conti
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Investor
 (DIR) Hannover
 (DIR) Schleswig-Holstein
 (DIR) Insolvenz
 (DIR) Flensburg
 (DIR) Hannover
 (DIR) Hannover
 (DIR) Kolumne Press-Schlag
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Hannovers Ihme-Zentrum pleite: Betonburg steckt in Schwierigkeiten
       
       Dem Ihme-Zentrums in Hannover droht die Zwangsversteigerung. Finanzjongleur
       Lars Windhorst hat auch anderswo Probleme. Was wird aus der Mini-Stadt?
       
 (DIR) Ihme-Zentrum in Hannover: Der geborstene Gigant
       
       Investor Lars Windhorst lässt das Ihme-Zentrum in Hannover weiter
       verfallen. Nun zieht die Stadt als Mieterin aus. Wer kann den Koloss noch
       retten?
       
 (DIR) Hertha BSC und Lars Windhorst: Kapitulation des Wunderkinds
       
       Die 50+1 Regel hat bei Hertha BSC Schlimmeres verhindert. Die gegenseitige
       Geiselhaft, in der man sich nun befindet, ist indes auch nicht schön.