# taz.de -- Russische Tiraden über Friedenskonferenz: Schmollen und beleidigen
       
       > Moskau betrachtet den Kongress in der Schweiz mit Argwohn und zieht ihn
       > ins Lächerliche. Dafür geht viel Zeit im Staatsfernsehen drauf.
       
 (IMG) Bild: „Sie laden uns einfach nicht ein“ sagt der russische Präsident Putin
       
       MOSKAU Noch im April stellte sich Maria Sacharowa, die Sprecherin des
       russischen Außenministeriums, vor die Kameras und sagte: „Russland wird an
       dieser angeblichen Friedenskonferenz in der Schweiz nicht teilnehmen,
       selbst wenn es eine Einladung bekäme.“ Im Mai bekräftigte sie diese
       Aussage: „Auch wenn sie beharrlich fragen werden, wird Russland nicht daran
       teilnehmen.“ Sie sah die Positionen Russlands ignoriert und bescheinigte
       den Ausrichtern „Realitätsferne“. Nun spielt Moskau den Beleidigten.
       Kränkung ist ein zentrales Motiv der russischen Politik.
       
       „Sie laden uns einfach nicht ein“, sagte der russische Präsident Wladimir
       Putin unlängst auf einer Pressekonferenz während seines Staatsbesuchs in
       Usbekistan – und gab sich sofort siegesgewiss, auch das ein Mantra der
       vergangenen Monate. „Wir sind unbesiegbar“, wiederholt Putin immer wieder.
       „Wir werden alle besiegen“, krakeelen die Propagandist*innen im
       Fernsehen. „Russland ist ein Land der Sieger“, steht auf Werbetafeln quer
       durchs Land.
       
       Die Konferenz auf dem Bürgenstock über dem Vierwaldstättersee betrachtet
       Moskau mit Argwohn. In Usbekistan sagte Putin: „Es ist ihnen nicht
       gelungen, uns auf dem Kampffeld zu schlagen. Nun piepsen sie herum und
       wollen konferieren. Der Westen will den Anschein einer globalen
       Unterstützung der Ukraine erwecken. Es wird ihm nicht gelingen.“ Einmal
       mehr fügte er hinzu, dass Russland bereit sei zu Verhandlungen, es dem
       Westen aber um die Fortführung des Kriegs gehe. Dass Verhandlungen für ihn
       das Diktieren russischer Bedingungen sind, während er alles auf seine
       „militärische Spezialoperation“ in der Ukraine ausrichtet, erwähnt er
       dabei nie.
       
       Die Friedenskonferenz, der russische Politiker*innen und
       Propagandist*innen ununterbrochen eine Pleite bescheinigen, nehmen sie
       dennoch so ernst, dass sie dieser „sinnlosen Sache“ Stunden im
       Staatsfernsehen widmen, angebliche Leaks der „Schlusserklärung“ streuen und
       auf den wenigen Pressekonferenzen Putins immer wieder Fragen danach
       zulassen. Diese werden stets vorher abgesprochen.
       
       ## „Ball der Satanisten“
       
       „Die Schweiz lädt zum Ball der Satanisten ein. Die Schweiz hat sich an die
       Spitze der Dämonen gesetzt. Für die Schweiz ist dieser Krieg gegen uns
       komfortabel“, schäumt eine Moderatorin im russischen Staatsfernsehen. Die
       Sendung tut eine knappe Stunde nichts anderes, als die Schweiz lächerlich
       zu machen – und [1][geht vor allem die Schweizer Bundespräsidentin Viola
       Amherd persönlich an]. Diese sei egoistisch, in Luxus verliebt,
       interessiere sich nur für sich selbst und ihre Karriere.
       
       „Sie ist ein guter Hund auf sicheren Pfoten und wird ihr Herrchen nicht im
       Stich lassen“, gibt die eingeladene Stylistin zum Besten. Das „Herrchen“,
       so springen ihr die männlichen „Experten“ bei, seien die USA. Die „schwache
       Schweiz“ entscheide nichts allein, sie werde von den „zynischen und
       niederträchtigen Angelsachsen“ vor sich her getrieben, weil diese den Krieg
       in der Ukraine finanzierten, sagen sie.
       
       Es ist das russische Narrativ der großen Verschwörung gegen das
       „einzigartige Russland“, das – „umzingelt von Feinden“ – seine
       „Souveränität“ verteidige. Außenministeriumssprecherin Sacharowa bezeichnet
       die Konferenz als „nächsten, vom US-Außenministerium ausgedachten Betrug“.
       Im russischen Staats-TV reden sie vom „Kaffeeklatsch inmitten schöner
       Kulisse“. Für die „Schicksale unglücklicher Ukrainer“ interessiere sich im
       Westen niemand, raunt die Moderatorin im Ersten Kanal. „Es ist reine
       Heuchelei“, sagt sie und zieht weiter über Amherd her. Diese sei eine
       „radikale Frauenrechtlerin“, eine „Kindermörderin“, weil sie sich für das
       Recht auf Abtreibung einsetze.
       
       Das Schweizer Bundesamt für Cybersicherheit rechnet indes mit
       Cyberspionage und technischen Störmanövern während des Gipfels. Putin
       sagt zu seinen Ministern und deren Untergebenen: „Alle müssen jetzt so
       arbeiten, als wären sie an vorderster Front, als seien sie Mobilisierte.
       Anders geht es nicht.“
       
       7 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.srf.ch/news/international/kreml-angriff-auf-viola-amherd-im-staatsfernsehen-die-schweiz-im-visier-russischer-propaganda
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Inna Hartwich
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Russland
 (DIR) Friedenspolitik
 (DIR) GNS
 (DIR) Wladimir Putin
 (DIR) Wladimir Putin
 (DIR) Schwerpunkt Europawahl
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Wirtschaftsforum in St. Petersburg: Putin verteidigt Kontakt zur AfD
       
       Russlands Präsident droht mit einer „asymmetrischen Antwort“, wenn vom
       Westen gelieferte Raketen Russland treffen. Bei der AfD sieht er keinen
       Neonazismus.
       
 (DIR) Friedensdebatte in der EU: Der Ukraine-Krieg als Existenzfrage
       
       Verteidigungspolitik dominiert den EU-Wahlkampf. Frankreichs Präsident
       Macron sieht sich als Friedensbringer, Zögern à la Scholz ist unter Druck.
       
 (DIR) Neue Front in der Ukraine: Russische Angriffe in Nordukraine
       
       Russland greift die Nordukraine an, die ukrainische Armee kann den
       Vormarsch nur verlangsamen. Ihre Hauptprobleme: Munitions- und
       Personalmangel.