# taz.de -- Der Hausbesuch: Ringen um das, was richtig ist
       
       > Felix Oldenburg studierte Philosophie, aber sein Magistervater meinte, er
       > sei „eher ein Managertyp“. Mit seinem Start-up will er jetzt Sinnvolles
       > tun.
       
 (IMG) Bild: Der Unternehmer Felix Oldenburg im Homeoffice
       
       Da ist ein Mann, der lebt in Berlin und will mit Geld die Welt verändern.
       Aber wie soll das gehen?
       
       Draußen: Wenn Felix Oldenburg aus der Tür seiner Wohnung tritt und durch
       seine Straße läuft, geht er an Banken vorbei. Schaut er über die Brüstung
       des Balkons, sieht er Rasensprenger und spielende Kinder. Er ist gesettelt
       in Berlin, hat dort ein Start-up, darum will er in der Stadt bleiben.
       
       Drinnen: Ein großer, dunkler Schreibtisch steht im Wohnzimmer. „Da habe ich
       als Kind drin Verstecken gespielt und meine Kinder später auch.“ Viele
       Bilder aus der Wohnung habe Oldenburg, wie er betont, vom Flohmarkt, und
       die „korinthische Säule“, auf der seine Alkoholika stehen, habe er als
       Student gar im Sperrmüll gefunden. Ein Schwarz-Weiß-Foto zeigt den
       Frankfurter Vorort Königstein im Taunus, seine „zweite Heimat“. „Meine
       erste“, sagt Oldenburg, „ist die Insel Föhr.“
       
       Föhr: Wenn er über Föhr spricht, kommt er ins Schwärmen. 1976 ist er
       geboren und auf der Nordseeinsel groß geworden. „Meine Eltern wollten zehn
       Kinder.“ Es wurden fünf. Sie seien anthroposophisch aufgewachsen. Und
       antiautoritär. Die Eltern lebten eine Zeit lang einen „Aussteigertraum“.
       Auch Oldenburg habe viele Kinder gewollt; es sind zwei geworden, 10 und 13
       Jahre.
       
       Was tun: Sein Philosophiestudium hat Oldenburg mit Musik im Nebenfach in
       Bonn, Tübingen und Oxford gemacht. An der Universität wollte er nicht
       bleiben. Sein Magistervater habe am Ende zu ihm gesagt, dass er doch eher
       „so ein Managertyp“ sei. Damit habe er recht gehabt, sagt Oldenburg.
       Dennoch sei vieles aus dem Philosophiestudium geblieben: „Das Ringen um
       das, was richtig ist.“ Und: „Der Mut, eine Antwort zu finden, die jenseits
       von Schablonen liegt.“ Das bedeute auch, dass man, wenn man so gestrickt
       sei wie er, keine Scheu vor Veränderung haben dürfe. Auch seinen Kindern
       sage Oldenburg es immer wieder: „Ihr könnt alles ändern!“ Wobei er die
       persönliche Entwicklung und die der Gesellschaft meint.
       
       Veränderungen: Felix Oldenburg holt ein Buch aus dem Regal, das ihn
       fasziniert. Es heißt „Triumph of Experience“ von George Eman Vaillant.
       Darüber spreche er viel mit seiner Freundin. „Ich verstehe eigentlich nur
       im Gespräch. Wenn mich etwas beschäftigt, ziehe ich mich nicht zurück,
       sondern suche mir jemanden, mit dem ich reden möchte.“ [1][In dem Buch]
       wird empirisch untersucht, wann Männer glücklich sind: „Nichts hat mich in
       letzter Zeit so fasziniert wie die Einsicht, dass ich im Leben alles noch
       ändern kann“, sagt er. Und dass es auf persönliche Bindungen ankommt. Also
       auf Menschen, die das mit einem teilen, was man für richtig hält. Da
       könnten sich auch Irrwege auftun.
       
       Irrwege? Auf Gläsern im Wohnzimmer blitzt das Wappen [2][einer
       Burschenschaft]. „Ich habe ein halbes Jahr in einer Studentenverbindung
       gewohnt, aber ich war nicht versucht beizutreten“, sagt Oldenburg. Als
       junger Mensch suche man, um an dem, was man findet, den Blick zu schärfen.
       Ihm sei es um kulturelle Zusammenhänge gegangen. Er betont immer wieder,
       aus der „linken Ecke“ zu kommen. Erzählt, dass er früher lange Haare hatte
       und in Königstein als Jugendlicher die Jusos gründete. In Königstein sei
       das nachgerade eine Revolution gewesen. Noch heute sei er Mitglied der SPD.
       
       Swimmingpool: Als er acht Jahre alt war, ist seine Familie nach Königstein
       bei Frankfurt gezogen. Der Vater, Rechtsanwalt, wollte dort Notar werden,
       weil es auf Föhr zu wenig Bedarf gegeben habe. Die Menschen, die Oldenburg
       in der hessischen Stadt kennenlernte, waren reich. Sehr reich. „Sie waren
       viel damit beschäftigt, die Größe ihres Swimmingpools im Garten mit dem der
       anderen zu vergleichen.“ Seine Familie selbst habe nie einen Swimmingpool
       gehabt. Der Unterschied zwischen Föhr, einem Ort, der ihm normal vorkam,
       und Königstein, wo es viel um Geld und Reichtum geht, habe ihn tief
       beeindruckt. Er fand es falsch, wie es in Königstein lief. Aber er hat auch
       gesehen, wie viel Geld Reiche haben, das sie nicht brauchen.
       
       Privilegien: „Mittelklasse“, sagt Oldenburg, auf die Frage, ob seine
       Familie selbst wohlhabend gewesen sei. „Hat gereicht für den
       Musikunterricht.“ Dass er aber privilegiert ist, weiß er. Die Frage sei:
       „Ist das Privileg ein Problem, etwas, wozu es gar nicht kommen sollte, oder
       ist es eine Verpflichtung? Eine Chance, mehr zu tun?“ Mit [3][seinem
       Start-up bcause] will er genau das erreichen: dass Reiche sich
       verpflichten, mit ihrem Geld [4][dort zu handeln, wo es gesellschaftlich
       wichtig ist], wo aber die Finanzierung fehlt.
       
       Märkte: Während des Studiums baute Oldenburg das Intranet der
       Studienstiftung des deutschen Volkes auf, ging in Oxford nach dem Abschluss
       zu McKinsey; der Magistervater hatte mit seiner Einschätzung, dass er ein
       Machertyp sei, wohl recht. In der internationalen Unternehmensberatung habe
       er sich bald am Top-down-Effekt gestört, dass also Wirtschaftstheoretiker
       erfahrenen Leuten in der Realwirtschaft erklären, wie es läuft und wie zu
       handeln sei. Deshalb habe er McKinsey verlassen. Außerdem, sagt Oldenburg,
       „wollte ich gesellschaftliche Veränderungen anstoßen“. Er hat dann sieben
       Jahre die globale Plattform Ashoka geleitet, eine Non-Profit-Organisation,
       die soziale Unternehmer und Unternehmerinnen fördert. Und er begann, sich
       als „Sozialunternehmer“ zu verstehen. Später wurde Oldenburg
       Generalsekretär des „Bundesverband Deutscher Stiftungen“. Am Ende sollte er
       auch das nicht stimmig finden.
       
       Philanthrokapitalismus: Ein Stiftungswesen, das Philanthropie mit
       wirtschaftlichen Interessen verknüpft, wird viel kritisiert. Oldenburg
       sagt, er sehe in dieser Verbindung kein Problem: „Die Kritik am
       Philanthrokapitalismus tut so, als ob es ein Reinheitsgebot gäbe. Etwas sei
       nur gut, wenn man keine Gewinne erzielen kann.“ Er argumentiert gegen so
       eine Gesinnungsethik: „Gut gemeint reicht nicht.“ Man dürfe in seinen Augen
       ruhig egoistisch sein, wenn das Ergebnis am Ende gut ausfalle. „Ich teile
       jede Stiftungskritik“, sagt er dann auch noch auf die Frage nach Macht und
       neokolonialen Strukturen. Es sei wichtig, „Betroffene einzubeziehen und
       stark zu machen“. Aber man solle nicht dem Staat das Engagement allein
       überlassen. Verlassen habe er den Bundesverband deutscher Stiftungen dann
       aber mit der Erkenntnis, dass von Stiftungen vor allem Rechtsanwälte und
       Steuerberater profitieren würden.
       
       Andere Wege zum Ziel: Oldenburg ist fasziniert von den Möglichkeiten des
       Internets. Menschen könnten dort für gemeinsame Projekte auf einfachem Wege
       Spenden sammeln. Er betont eine große „Stiftungslücke“, also „die Differenz
       zwischen dem Wachstum von Top-Privatvermögen auf der einen und
       Stiftungsvermögen auf der anderen Seite“.
       
       Umverteilung: „Das neue Geben“ lautet der Leitspruch der von ihm
       gegründeten Plattform bcause, wo er Stiften so einfach wie möglich machen
       will. Es sei doch so, dass vor allem ältere Leute spendeten. Junge Menschen
       spenden viel weniger, auch wenn sie das könnten.
       
       Prioritäten: Sein Start-up, das „Geld bewegt“, das Spenden leicht machen
       will, sei nichts, „womit man reich wird“, betont er. Oldenburg ist
       Anteilseigner der Plattform und erzielt Einnahmen durch Mitgliedsbeiträge.
       Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit gebe es in seinem Leben nicht. Wenn er
       nicht arbeitet, widme er sich vor allem Freundschaften und seinen Kindern.
       Während des Gesprächs sagt Oldenburg, dass er möglicherweise manches in ein
       paar Jahren wieder anders sehen könnte. „Aber jetzt muss ich tun, was ich
       für richtig halte.“
       
       23 Jun 2024
       
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