# taz.de -- Neues Pop-Album von Sofia Portanet: Im Süden schmilzt das Wassereis
       
       > Sofia Portanet hat ein neues Album veröffentlicht. Trotz melancholischer
       > Momente verströmt „Chasing Dreams“ chansonhafte Leichtigkeit.
       
 (IMG) Bild: Die in Berlin lebende französische Sängerin Sofia Portanet gibt düsteren Gefühlen und Ängsten einen Raum
       
       Vor Gesprächsbeginn muss erst mal geklärt werden – wie spricht man den
       Namen der deutsch-französisch-spanischen Sängerin Sofia Portanet aus?
       „Portaneeee“, „Portanetschi“, „Portanett“ oder ganz anders? Die 34-jährige
       Berlinerin lacht und hat noch eine weitere Klangversion ihres Nachnamens
       parat: „Kommt drauf an, in welcher Sprache man ihn ausspricht. Da es der
       katalanische Familienname meines Vaters ist, hieß es ursprünglich
       Portanay.“
       
       So international wie ihre Biografie klingt, kommt auch ihr neues Album
       „Chasing Dreams“ daher. Neben Deutsch, Französisch und Englisch singt die
       französische Künstlerin darauf erstmals einen Song in der Muttersprache
       ihres Vaters, Antonio Portanet. Mit „Coplas“ covert sie ihn sogar, der
       dieses Lied in den 1980ern komponiert hatte. Bei ihr wird daraus Flamenco
       meets Pop mit elektronischen Beats, die im Refrain von einem andalusischen
       Chor in eine melancholische Weite davongetragen werden. Melancholie lugt
       auch aus den Textzeilen im Song „Lust“ hervor: „Du hast heute Lust auf gar
       nichts / Versteckst dich im Bett / Und wünschst / dich gäb’s nicht.“
       
       Sie singt den Song im Duett mit Tobias Bamborschke, der als Sänger der Band
       Isolation Berlin schon des Öfteren das Thema Depression musikalisch
       verarbeitet hat. Portanet singt dessen lyrischem „Du“ viel Mut zu. In
       aufsehenerregendem Falsett zeigt sie im Refrain ihre Einzigartigkeit:
       Welche Pop-Queen thematisiert deutschsprachig und dennoch frei von
       fühlbarer Anstrengung und Du-musst-nicht-traurig-sein-Attitüde
       Depressivität eines Beziehungspartners?
       
       ## Die Rollschuhdisko wartet schon
       
       Portanet gibt düsteren Gefühlen und Ängsten einen Raum, ohne dabei in
       poppiges Selbstmitleid abzudriften: „Viele der Themen, über die ich singe,
       sind schwergängig. Es geht in meinen Songs oft um Enttäuschungen und darum,
       immer wieder gegen die Wand zu fahren, mit dem, was man sich wünscht. Aber
       noch mehr geht es um Empowerment, darum, Mut zu machen.“
       
       Ihre Botschaft lautet: „Ich lasse mich davon nicht unterkriegen und mache
       weiter. Ich stehe zu mir und dem, was ich möchte.“ In dem Song „Ballon“
       geht es ums Festhalten und Loslassen von Träumen. „Auf der Flucht vor mir
       habe ich mich verrannt / Hab den Kopf verloren und mein Herz verkannt.“
       Dann erscheint ein friedlich-lyrisches Ich: „Ich seh klar, hab keinen
       Schimmer / folg’ dem, was im Nebel flimmert / Was mir gehört, muss ich
       nicht jagen / Werd’ von meinem Gefühl getragen.“
       
       Wassereis in den Händen, auf der Rückbank mit plattgesessenem Hintern bei
       offenem Pkw-Fenster mit den Eltern Richtung Südfrankreichurlaub düsen.
       Dort wartet dann die Rollschuhdisko: Sommeratmosphäre überkommt die
       HörerInnen, wenn Portanet mit „Entre nos lèvres“ völlig zeitlos voller
       Grande-Dame-haftigkeit einen überdrehten Neo-Chanson im 80s-Gewand
       schmettert.
       
       Angesichts Portanets bunter Palette verschiedener europäischer Wurzeln
       stellt sich nur eine große Frage – wann winkt ihr eine Teilnahme am ESC?
       Die Künstlerin lacht: „Ja klar, ab jetzt sind die Leitungen für
       interessierte Länder freigeschaltet!“ Zuletzt ist da natürlich „Real Face“
       – eine Ballade, ruhig, zerbrechlich und so traumhaft schön, dass sie gleich
       zweimal auf dem Album erklingen darf. In zweiter Fassung als zarte
       Piano-Version [1][im Duett mit dem kanadischen Pianissimo Gonzales] – der
       glamouröse Ausklang eines wirklich hörenswerten Albums. „It’s okay, to be
       not okay / All I want is to show you my real face“ – ja bitte, zeige es
       uns, Sofia Portanet!
       
       26 Jun 2024
       
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