# taz.de -- Generationswechsel im Dong-Xuan-Center: Nachfolger schlägt neue Töne an
       
       > Vor 20 Jahren öffnete Deutschlands größter Asiamarkt in Lichtenberg. Eine
       > Nachfolge steht an. Versprochen wird ein Ende der Geheimniskrämerei.
       
 (IMG) Bild: Das Dong-Xuan-Center ist ein quirliger Ort grenzenloser Konsummöglichkeiten
       
       BERLIN taz | „Die Anerkennung unseres Unternehmens durch die deutsche
       Gesellschaft ist ein ganz wichtiges Kapital für uns.“ Der das sagt, heißt
       Dong Thanh Nguyen und ist Assistent der Geschäftsführung des Lichtenberger
       [1][Dong-Xuan-Centers], des größten Asiamarktes in Deutschland. Der
       studierte Wirtschaftsmathematiker ist Schwiegersohn des in die Jahre
       gekommenen Firmeninhabers Nguyen Van Hien und schlägt völlig neue Töne in
       der Unternehmenskommunikation an. Er öffnet den Markt, der lange als eine
       geschlossene Gesellschaft galt.
       
       Das Dong-Xuan-Center feiert nächsten Monat seinen 20. Geburtstag. Es
       entstand als ein Markt, wo vietnamesische, indische, pakistanische und
       andere asiatische Händler im Großhandel Textilien, Lebensmittel und
       Geschenkartikel an die vielen Einzelhändler aus ihren Communitys verkaufen
       konnten. Solche Großmärkte gab es damals mehrere in Berlin, doch das
       Dong-Xuan-Center hat sie mit einer Ausnahme alle wegkonkurriert. Aus
       anfangs drei Gewerbehallen mit je 6 000 Quadratmetern sind sechs geworden.
       Dazu kommen Lagerhallen, ein Büro und ein Kulturhaus.
       
       Das Warensortiment hat sich in den letzten 20 Jahren stetig verändert. Rund
       um den Handel haben sich Steuerberater, Dolmetscher, Fotostudios und ein
       Rechtsanwalt angesiedelt. Auch die Nationalität der rund 400 Mieter ist
       diverser geworden. Türkische Händler feiern auf den Gängen den Einzug ihrer
       Nationalmannschaft ins EM-Achtelfinale. Es gibt zudem deutsche, arabische
       und lateinamerikanische Händler.
       
       „Viele Händler der ersten Stunde gehen langsam in den Ruhestand und geben
       ihr Unternehmen an Verwandte ab“, erläutert Dong Thanh Nguyen. Ein
       Generationswechsel findet statt. Während die Angehörigen der
       Gründergeneration in den 1990er Jahren aus der Not heraus den Weg in die
       Selbstständigkeit gingen, oft schlecht deutsch sprachen und es mit den
       Rechtsvorschriften nicht so genau nahmen, ist die neue Generation in
       Deutschland oft ausgebildet und hat selten Sprachhürden.
       
       ## Mit Geburtshilfe der vietnamesischen Botschaft
       
       Für den Generationswechsel stehen symptomatisch Dong Thanh Nguyen selbst
       und sein Schwiegervater, der nach wie vor das Sagen hat, aber Verantwortung
       abgibt: Der Schwiegervater führt das Dong-Xuan-Center wie ein
       vietnamesisches Staatsunternehmen. Er ließ sich kürzlich zum Vorsitzenden
       des Bundesverbands der Vietnamesen wählen – eines Vereins, der nur mit
       Geburtshilfe der vietnamesischen Botschaft zustande kam und Leute
       versammelt, die dem vietnamesischen Staat treu ergeben sind. 2015 wurde
       Hien für seine besonderen Verdienste „um die innere Sicherheit Vietnams“
       ausgezeichnet. Medienanfragen, wofür genau er die Auszeichnung bekam, ließ
       er unbeantwortet.
       
       Während Hien in gesteuerten vietnamesischen Staatsmedien als erfolgreicher
       Unternehmer im Ausland omnipotent ist, scheut er deutsche Medien wie der
       Teufel das Weihwasser. Presseanfragen werden nicht beantwortet,
       Journalisten und Fotografen, die mit Mietern sprechen wollen, von der
       Security aus dem Markt eskortiert, Drehgenehmigungen für TV-Sender werden
       verwehrt. Mit Pressefreiheit kann er nicht umgehen.
       
       Das soll anders werden, verspricht sein Schwiegersohn, der vergangene Woche
       zu einem Pressegespräch eingeladen hatte, dem erst zweiten in der
       zwanzigjährigen Firmengeschichte. „Medien dürfen gern bei uns
       recherchieren.“
       
       „Song O Berlin“ (Leben in Berlin) heißt ein Festival, das ab 25. Juli, zum
       Geburtstag des Centers, Künstler aus der zweiten Generation vietnamesischer
       Zuwanderer präsentiert. Es gibt Konzerte mit Vinh Khuat, der es in die
       deutsche Vorauswahl des ESC geschafft hatte, mit Musikern aus Vietnam und
       Deutschland, Artistik, Film und Comedy.
       
       Kuratorin Mai Le, selbst Tochter einer vietnamesischen Familie, will mit
       dem Festival vietdeutsche Künstler, die sonst eher an kleineren Orten eine
       Bühne bekämen, für vier Tage auf einer großen Bühne zusammenführen. Sie ist
       optimistisch, dass das Publikum kommt: Letztes Jahr seien zu einem
       Konzertabend im Dong-Xuan-Center immerhin 3.500 Gäste gekommen.
       
       1 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://dong-xuan-berlin.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marina Mai
       
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