# taz.de -- Zwei rechte Zeitungen: Die „Bild“ und das Bibi-Blatt
       
       > Die „Bild“ will künftig mit der rechten Zeitung „Israel Hayom“
       > zusammenarbeiten. Sie ist in Israel für ihren Kuschelkurs mit Premier
       > Netanjahu bekannt.
       
 (IMG) Bild: Ein Mann verteilt „Israel Hayom“ an einem Bahnhof in der südlichen Stadt Aschkelon, November 2015
       
       Als Sheldon Adelson Mitte der nuller Jahre den rechten Likud-Politiker
       Benjamin Netanjahu erneut ins Amt des israelischen Ministerpräsidenten
       hieven wollte, stand er vor einem Problem. Denn Israel hat strenge Gesetze
       zur Parteifinanzierung. Der jüdisch-amerikanische Kasinomilliardär konnte
       also nicht einfach einen Scheck schreiben, wie er das über sogenannte
       Super-PACS für die Republikaner in den USA schon mehrmals getan hatte. Also
       rief er im Jahr 2007 die Gratiszeitung Israel Hayom („Israel heute“) ins
       Leben.
       
       Mit Erfolg: Netanjahu wurde 2009 wieder ins Amt gewählt und regiert seitdem
       nur mit einer kurzen Unterbrechung. Er ist inzwischen der am längsten
       amtierenden Ministerpräsident des jüdischen Staates. Und in der
       israelischen Medienlandschaft konnte sich Israel Hayom seitdem etablieren;
       mit [1][einem Marktanteil von mehr als 27 Prozent] ist sie die
       meistgelesene Tageszeitung des Landes.
       
       Doch Israel Hayom war seit der ersten Stunde mehr als die allermeisten,
       mit Werbung gefüllten Gratiszeitungen. Die Redaktion war groß, die Gehälter
       waren gut – und das Projekt für Adelson teuer. Rund 25 Millionen Dollar
       Verluste pro Jahr soll er damit verzeichnet haben.
       
       Der Erfolg der Zeitung fällt auch in Deutschland auf, beim hierzulande
       auflagenstärksten Blatt. So vereinbarte die Bild-Zeitung vor Kurzem eine
       Kooperation mit Israel Hayom, wie das israelische [2][Nachrichtenportal Ice
       Ende Juni vermeldete]. Demnach wollen die Zeitungen künftig für Artikel und
       Recherchen zusammenarbeiten und diese gleichzeitig veröffentlichen.
       
       Israel Hayom begründete die Kooperation „mit der langjährigen Unterstützung
       der Bild für den Staat Israel“, besonders seit dem Hamas-Massaker am 7.
       Oktober. Mitarbeitende des Springer-Konzerns müssen sich bekanntlich per
       Unterschrift zum Existenzrecht Israels bekennen.
       
       In einer [3][ersten gemeinsamen Veröffentlichung] Ende Juni berichteten
       Bild und Israel Hayom über ein Dokument der Hamas, das die israelische
       Armee in Gaza gefunden haben will. Es soll Details zum Anschlag am 7.
       Oktober offenbaren – zum Beispiel, dass es Befehle gab, das Massaker zu
       filmen, was Hamas-Kämpfer auch taten.
       
       ## Netanjahu arbeitet mit
       
       In Israel selbst ist Israel Hayom als „Bibiton“ bekannt, eine Kombination
       aus Netanjahus Spitznamen und dem hebräischen Wort für „Zeitung“: „iton“.
       Wie es in [4][einer Arte-Dokumentation] über Netanjahu heißt, liefert der
       Ministerpräsident dem Blatt nicht nur Zitierfähiges, sondern redet gar bei
       Überschriften für die Artikel mit.
       
       Im Jahr 2016 sprach sich die Zeitung für Donald Trump als Präsident der
       Vereinigten Staaten aus. Wie die Bild, die sich selbst als „überparteilich“
       bezeichnet, zu dieser Einflussnahme steht, konnte die taz nicht erfahren.
       Eine entsprechende Anfrage blieb unbeantwortet.
       
       Dabei profitiert der Springer-Konzern selbst direkt von der Entrechtung der
       Palästinenser*innen. Im Februar berichtete The Intercept, dass Springers
       israelische Werbeseite Yad2 nicht nur in Israel, sondern auch [5][in
       illegalen Siedlungen in den besetzten Gebieten Grundstücke zum Verkauf
       feilbietet].
       
       Eine Werbeanzeige von Yad2 zeigte Pins verteilt über eine Karte Israels und
       den palästinensischen Gebieten. Darüber steht der Spruch: „From the River
       to the Sea“ – ein Slogan, den Springer-Medien in Deutschland ankreiden,
       sobald ihn propalästinensische Demonstrierende rufen, weil der Spruch von
       manchen als Aufruf zur Auslöschung Israels verstanden wird.
       
       ## Gegen die Demokratie
       
       Israel Hayoms Gründer Adelson machte sein Geld seit den 1980ern im
       Kasinogeschäft. In den USA spendete er großzügig an republikanische
       Kandidaten und proisraelische Organisationen. Adelson war als Förderer der
       israelischen Rechten bekannt, sprach sich gegen eine Zwei-Staaten-Lösung
       aus und bezeichnete die Palästinenser als „ausgedachtes Volk“. Die
       Demokratie war in seinen Augen verzichtbar, denn in der Bibel sei davon
       keine Rede. „Israel wird kein demokratischer Staat sein – na und?“[6][,
       sagte Adelson in einem Panel.]
       
       2021 sollte der Milliardär eigentlich als Zeuge im Korruptionsprozess gegen
       seinen politischen Günstling Benjamin Netanjahu aussagen; doch Adelson
       starb im Januar 2021 im Alter von 87 Jahren. Für die Beerdigung wurde sein
       Sarg – in Israel- und US-Flaggen gehüllt – nach Israel ausgeflogen, wo
       Netanjahu ihm am Flughafen Ben-Gurion die letzte Ehre erwies.
       
       Mit Sheldons Tod ging die Zeitung auf seine Witwe Miriam Adelson über, die
       das Erbe zum reichsten Menschen Israels machte. In den folgenden Jahren
       entkoppelte sich Israel Hayom offenbar etwas von der Person Netanjahus. Ein
       Meinungsbeitrag im November [7][forderte gar dessen Rücktritt] nach einem
       „Sieg“ im Gaza-Krieg. Die rechte Agenda aber bleibt.
       
       17 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.ice.co.il/research/news/article/998306
 (DIR) [2] https://www.ice.co.il/media/news/article/1018606
 (DIR) [3] https://www.bild.de/politik/ausland-und-internationales/barbarischer-video-befehl-geheim-papier-enthuellt-sadistische-hamas-methode-667875759a16f076c903f929
 (DIR) [4] https://archive.org/details/benjaminnetanjahudermedienprofiunddiemacht
 (DIR) [5] https://theintercept.com/2024/02/05/axel-springer-israel-settlement-profit/
 (DIR) [6] https://forward.com/news/209072/sheldon-adelsons-dismissal-of-israeli-democracy-dr/
 (DIR) [7] https://www.haaretz.com/israel-news/2023-11-07/ty-article/pro-bibi-newspaper-changes-tune-and-calls-for-his-resignation-after-war-ends/0000018b-a96a-dc41-af9f-eb6a2a5a0000
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Leon Holly
       
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