# taz.de -- Reden beim Demokratenparteitag: Die Nacht der Obamas
       
       > In Chicago wurde Kamala Harris als Präsidentschaftskandidatin der
       > Demokraten nominiert. Michelle und Barack Obama hielten begeisternde
       > Reden.
       
 (IMG) Bild: Gefeiert: Die ehemalige US-First Lady Michelle Obama begrüßt ihren Ehemann Barack Obama auf der Bühne
       
       CHICAGO taz | Der frühere US-Präsident Barack Obama kann noch immer eine
       Menschenmenge in seinen Bann ziehen. Der zweite Abend des diesjährigen
       Nominierungsparteitags der Demokraten in Chicago stand ganz im Zeichen des
       63-Jährigen. Und er enttäuschte nicht. Mit einer brennenden Rede versuchte
       der erste schwarze Präsident in der US-Geschichte die Wähler davon zu
       überzeugen, dass es im November nur eine Option für sie gibt:
       Vizepräsidentin Kamala Harris.
       
       „Wir brauchen keine weiteren vier Jahre des Getöses, der Stümperhaftigkeit
       und des Chaos“, sagte Obama am Dienstagabend mit Anspielung auf eine
       mögliche zweite Amtszeit von [1][Ex-Präsident Donald Trump.] „Wir haben
       diesen Film bereits gesehen – und wir alle wissen, dass die Fortsetzung
       meist schlechter ist. Amerika ist bereit für ein neues Kapitel. Amerika ist
       bereit für eine bessere Geschichte. Wir sind bereit für eine Präsidentin
       Kamala Harris.“
       
       Mit seiner Rede knüpfte Obama fast nahtlos an seine Rede vor 20 Jahren an.
       Beim demokratischen Parteitag 2004 hatte er zum ersten Mal auf sich
       aufmerksam gemacht. Er sprach damals von der Hoffnung eines vereinten
       Landes, in dem die Menschen ihre politischen Differenzen überwinden.
       
       ## Scharfe Kritik an Trump
       
       Er hat diesen Traum auch nach dem Ende seiner eigenen Amtszeit offenbar
       noch immer nicht aufgegeben. „Die überwiegende Mehrheit von uns möchte
       nicht in einem Land leben, das verbittert und gespalten ist. Wir wollen
       etwas Besseres. Und die Freude und Begeisterung, die wir im Wahlkampf
       zwischen [2][Harris und Walz] erleben, zeigt uns, dass wir nicht allein
       sind“.
       
       Harris und ihr Vizekandidat, Minnesotas Gouverneur Tim Walz, seien genau
       das richtige Duo, um nicht nur Trump im November zu besiegen, sondern auch
       auf der, von ihm selbst losgetretenen, politischen Bewegung aufzubauen,
       erklärte Obama.
       
       Wie auch die anderen Redner des Abends, versuchte er den Kontrast zwischen
       Harris und Trump deutlich hervorzuheben. Harris setze sich laut Obama für
       alle Menschen ein. Im Gegensatz dazu sei Trump ein „78-jähriger Milliardär,
       der, seit er vor neun Jahren eine goldene Rolltreppe hinuntergefahren ist,
       nicht aufgehört hat, über seine Probleme zu jammern“.
       
       ## Barack Obama dankte Biden und Harris
       
       Der Ex-Präsident dankte auch seinem früheren Vizepräsidenten und Freund,
       Joe Biden, für dessen Leistungen als Präsident. Obama fühlte sich sichtlich
       wohl auf der Bühne und scherzte auch über Trumps Besessenheit mit
       Menschenmengen und deren Größe. Eine zweideutige Handgeste sorgte für
       Gelächter unter den Delegierten und Parteimitgliedern.
       
       Obama war in seinem Element, doch es gab jemanden, der ihm zumindest an
       diesem Abend die Show stahl. Und das war niemand geringer als seine Frau
       Michelle. Die ehemalige First Lady erklärte, dass mit Harris und Walz die
       Hoffnung ein Comeback in Amerika hat.
       
       Mit einer leidenschaftlichen Rede, in der sie mehrmals ihre kürzlich
       verstorbene Mutter in Erinnerung rief, spannte sie den Bogen zu Harris. Sie
       und Harris seien von ähnlichen Muttertypen erzogen worden: hart arbeitend,
       uneigennützig und hoffnungsvoll.
       
       ## Mahnende Worte von Michelle Obama
       
       Es sind Eigenschaften, die der unter äußerst privilegierten Umständen
       aufgewachsene Trump nicht mitbekommen habe. „Wir können uns nicht den Luxus
       leisten, zu jammern oder andere zu betrügen, um weiter voranzukommen“,
       sagte sie. Sie stellte auch scherzend die Frage: „Wer wird ihm sagen, dass
       die Arbeitsstelle, für die er sich gerade bewirbt, einer dieser ‚Black
       Jobs‘ (Schwarze Jobs) ist?“ Von „Black Jobs“ – Schwarzen Jobs – hatte Trump
       während der TV-Debatte mit Joe Biden gesprochen: Migranten würden schwarzen
       US-Amerikanern (prekäre) Jobs streitig machen.
       
       Michelle Obama warnte die Demokraten aber auch davor, sich nicht auf der
       aktuellen Welle der Euphorie auszuruhen. Es werde eine knappe Wahl werden
       und wenn Demokraten am Ende erfolgreich sein wollen, dann müssten sie dafür
       auch etwas tun, so Michelle Obama.
       
       Am Dienstag kam es zu erneuten [3][pro-palästinensischen Protesten in
       Chicago]. Auch wenn sich diese Proteste sich nicht nur gegen Demokraten
       richten, so stellen sie doch ein Problem für Harris dar.
       
       Dem überschäumenden Beifall und Jubel, den Michelle Obama nach ihrer Rede
       erhielt, tat dies jedoch keinen Abbruch. Es war bislang der wahrscheinlich
       lauteste Beifall des gesamten Parteitags.
       
       ## Harris selbst nicht anwesend
       
       Die Reden der Obamas markierten den Abschluss eines stimmungsgeladenen
       Abends. Der obligatorische Roll Call, bei dem alle 50 US-Bundesstaaten, der
       District of Columbia und fünf US-amerikanische Territorien wie Guam oder
       Puerto Rico offiziell ihre Stimmen für die Nominierung der Kandidaten für
       Präsident und Vizepräsident vergeben, war eine musikalische Rundreise. Für
       das Highlight sorgte der Rapper Lil Jon. Die Delegierten tanzten, jubelten
       und stachelten sich gegenseitig an, als sie ihre Stimmen verteilten.
       
       Harris selbst befand sich zur gleichen Zeit etwa 150 Kilomenter weiter
       nördlich in Milwaukee, Wisconsin. Sie gab dort eine Kundgebung in derselben
       Arena, in der vor mehr als einem Monat Trump die Nominierung als
       Präsidentschaftskandidat der Republikaner annahm. Sie bedankte sich per
       Liveschalte bei den Delegierten in Chicago für Nominierung, die allerdings
       schon vor ein paar Wochen offiziell wurde.
       
       Der Höhenflug der Vizepräsidentin geht also vorerst weiter. Wie US-Medien
       übereinstimmend berichteten, hat Harris während des vergangenen Monats
       Spendengelder in Höhe von mehr als 500 Millionen US-Dollar für ihren
       Wahlkampf eingesammelt.
       
       Am Mittwoch wird neben Vizekandidat Tim Walz auch Ex-Präsident Bill Clinton
       auf der Bühne erwartet. Den großen Abschluss am Donnerstag gibt dann Harris
       selbst.
       
       21 Aug 2024
       
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 (DIR) Hansjürgen Mai
       
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