# taz.de -- Zehnkämpfer Behrenbruch über Olympia: „Ich hab's drauf“
       
       > Am Mittwoch beginnt der Zehnkampf. Pascal Behrenbruch ist auch dabei. Der
       > Europameister über seine Chancen, deutsche Tugenden in Estland und
       > nervige Psychogespräche.
       
 (IMG) Bild: Training in Estland, Medaille für Deutschland? Behrenbruch will Gold im Zehnkampf
       
       taz: Herr Behrenbruch, wie gut ist Ihr Estnisch? 
       
       Pascal Behrenbruch: Nicht so gut. Ich kann vielleicht zehn Wörter. Ich
       versuche derzeit, mein Englisch auszubauen, weil hier alle Filme mit
       englischen Untertiteln laufen und die Esten auch ganz gut Englisch können.
       
       Wie hart war der Anfang für Sie in der baltischen Republik? 
       
       Ich wusste immer, dass es eine gute Entscheidung war, nach Estland zu
       gehen. Ich musste das einfach durchziehen. Es war manchmal hart. Es gab
       Momente, da dachte ich: „Boa, jetzt lebe ich hier ganz allein und habe
       keinen – außer meinem Hund.“ Die Esten sind Neuankömmlingen gegenüber auch
       eher kalt. Man kommt nur schwer an sie heran. Es dauert sehr lange, bis man
       Vertrauen aufgebaut hat. Wenn man es aber gewonnen hat, dann ist es echtes
       Vertrauen und nicht so oberflächlich wie in den USA. Mittlerweile habe ich
       in Estland auch Freunde.
       
       Scheint, als wäre das Kontakteknüpfen harte Arbeit gewesen? 
       
       Ja, das kann man so sagen. Übrigens habe ich in Estland die deutschen
       Tugenden schätzen gelernt. Ich war immer pünktlich, die Esten eher zu spät.
       Aber jetzt kommen auch die Esten pünktlich zum Training.
       
       Was genau hat dieser Wechsel gebracht? 
       
       Ich hatte mehr Ruhe und eine bessere Regeneration. Es war teilweise völlig
       langweilig. Man konnte sich nur hinlegen oder in den Wald gehen. Das soll
       aber nicht heißen, dass der DLV recht hatte mit seinem Vorwurf, ich hätte
       früher in Trainingslagern nicht genug Pausen gemacht und ich wäre insgesamt
       undiszipliniert gewesen. Ich bin in meiner neuen Heimat auch mit den Esten
       Wasserski oder so gefahren.
       
       Der Sport steht jetzt für Sie aber klar im Mittelpunkt. 
       
       Ja, das stimmt. Ich denke nur an den Sport. In Frankfurt waren die
       Ablenkungen größer, auch die Stressfaktoren. Wenn ich in Frankfurt zum
       Training gefahren bin, dann stand ich im Stau. Das macht einen mürbe. Das
       habe ich in Tallinn nicht. Da freue ich mich morgens sogar, wenn ich zum
       Training fahre.
       
       Was hat sich trainingsmethodisch geändert? 
       
       Die russische Schule ist mehr sprungorientiert. Darauf achtet mein Trainer
       Andrei Nazarov. Auch Erki Nool [estnische Zehnkampflegende, Olympiasieger
       von Sydney; d. Red.] ist zwei, drei Mal in der Woche beim Training dabei
       gewesen und hat mir vor allem bei Läufen in den Hintern getreten. Gut, ich
       habe auch in Deutschland immer viel und hart trainiert mit meinem alten
       Coach Jürgen Sammert, aber jetzt habe ich die Konzentration auf mich
       selbst. Auf diese Weise habe ich noch mehr aus mir herauskitzeln können.
       
       Nach Ihrem EM-Sieg mit über 8.500 Punkten sind Sie auch in London
       Medaillenfavorit. 
       
       Ich spüre überhaupt keinen Druck. Ich weiß, dass ich es drauf habe. Meine
       Leistungen sind gut. Ich kann viele schlagen. Mein Ziel ist ganz klar eine
       Medaille. Ich würde in London gern noch einmal 100 Punkte zu meinem
       EM-Ergebnis draufpacken. Es gibt eigentlich nur einen, der unschlagbar
       erscheint: der US-Amerikaner Ashton Eaton. Wenn alles normal lauft, gewinnt
       er das Ding. Weil er ein supernetter Typ ist, gönne ich ihm das fast schon.
       
       Das klingt sehr selbstbewusst. 
       
       Wenn ich sage: „O Gott, das wird schwer“, dann hat man gleich mal 100
       Punkte verloren. Man muss an sich glauben. Das ist im Zehnkampf ganz
       wichtig. Man muss sich für den König der Athleten halten für diesen
       Wettkampf. Beim Kugelstoßen zum Beispiel weiß ich, dass ich der Chef im
       Ring bin, weil ich immer am weitesten stoße. Auch der EM-Titel hat mich
       bestärkt.
       
       Arbeiten Sie mit einem Mentalcoach zusammen? 
       
       Seit zwei Jahren nicht mehr. Der deutsche Verband war der Meinung, ich
       hätte mentale Schwächen, ich wusste aber, dass meine Probleme vom Rücken
       herrührten. Ein paar mentale Blockaden hatte ich höchstens beim
       Stabhochsprung, aber die habe ich beseitigt. Irgendwann nervt es ziemlich,
       wenn einem bestimmte Leute einreden, man müsste zum Psychologen.
       
       Wie kriegt man so eine Blockade in den Griff? 
       
       Man weiß mit der Zeit einfach, wie man sich selbst zu motivieren hat. Das
       Psychotraining hat mir auch ein bisschen geholfen, aber irgendwann ist man
       reif genug, um selbst mit Widrigkeiten umzugehen. Man muss sich nur auf
       sich selbst fokussieren.
       
       Was ist die Königsdisziplin der Leichtathletik: der Zehnkampf oder doch der
       100-Meter-Sprint? 
       
       Bei den Olympischen Spielen ist das ganz klar der Zehnkampf. Ich finde es
       schade, dass Sprinter im Ziel von hundert Fotografen erwartet werden und
       wir vielleicht nur von zehn. Ich wünschte, wir wären noch mehr ein
       Medienmagnet. Wir sind so vielseitig. Ich habe das immer toll gefunden und
       Frank Busemann oder Paul Meier [Busemann wurde 1996 Olympiazweiter in
       Atlanta, Meier 1993 in Stuttgart WM-Dritter; d. Red.] dafür bewundert.
       
       Wann war für Sie klar, dass Sie Zehnkämpfer werden? 
       
       Ich habe immer schon Mehrkampf gemacht. Mit 7 habe ich bei den 9-Jährigen
       meinen ersten Pokal gewonnen, ein Riesending. Da war ich sogar noch
       vereinslos und bin in einem Mickymaus-T-Shirt gestartet. Ich war immer
       schon der Schnellkräftige. Mit 15 habe ich den deutschen Rekord gebrochen.
       In dieser Zeit hätte ich fast eine Disziplin weglassen können und ich hätte
       immer noch gewonnen.
       
       Es ging aber nicht so weiter. 
       
       Es kamen zwei schlechte Jahre. Ich habe auch meinen Führerschein verloren.
       Ich hatte nicht immer nur den Sport im Kopf. Damals dachte ich, mein
       olympischer Traum ist geplatzt. Mit 19 habe ich mich gefangen. Ich wurde
       immer stabiler.
       
       8 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
 (DIR) Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
 (DIR) Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
 (DIR) Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
 (DIR) Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
 (DIR) Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Trainerin Schäfer über Olympia: „Es wird zu viel Krafttraining angesetzt“
       
       Gertrud Schäfer war oft bei Olympia, zuerst als Kugelstoßerin, dann als
       Trainerin. Heute fehlt es in vielen Verbänden an ganzheitlichem Training,
       sagt sie.
       
 (DIR) Olympia – Zehnkampf: Der allmächtige Herr Eaton
       
       Der US-Amerikaner Ashton Eaton macht sich souverän zum König der Könige und
       holt Zahnkampf-Gold. Bester Deutscher: Freimuth statt Behrenbruch.
       
 (DIR) Ariane Friedrich und die Medien: „Ich soll ein Glamourgirl sein?“
       
       Hochspringerin Ariane Friedrich startet am Donnerstag im Vorkampf. Man
       traut ihr nicht viel zu. Aber das mache sie besonders stark, sagt sie.
       
 (DIR) Olympia – Diskuswerfen: Harting holt Gold
       
       Der Topfavorit Robert Harting hat einen schlechten Start und kommt einfach
       nicht an den Iraner Hadadi ran. Doch dann gelingt ihm einer. Und das reicht
       zu Gold.
       
 (DIR) Vorbereitung für Olympia: Tausend Würfe bis London
       
       Der Diskusring der Hamburger Jahn-Kampfbahn taugt nichts, trotzdem
       trainiert der 25-jährige Markus Münch hier für Olympia. Bis dahin muss er
       noch einige Scheiben werfen.
       
 (DIR) Leichtathletik-EM: Gold für Zehnkämpfer Behrenbruch
       
       Erstmals seit 1971 kann Deutschland einen Erfolg im Zehnkampf bei einer
       Europameisterschaft verbuchen: Der 27-jährige Pascal holte den Titel mit
       persönlicher Bestleistung.