# taz.de -- Abgelehnter Rücktritt des Kardinals: Papst braucht Marx
       
       > Der Münchner Kardinal Reinhard Marx muss im Amt bleiben. Es zeigt die
       > personelle Not, die in der deutschen katholischen Kirche herrscht.
       
 (IMG) Bild: Kardinal Marx in Gdansk, August 2018
       
       Eines kann man derzeit mit Sicherheit sagen über die hiesige katholische
       Kirche: Langweilig ist sie nicht. Große Schlagzeilen und überraschende
       Wendungen gibt es viele. Nun hat Papst Franziskus [1][das Rücktrittsgesuch]
       von Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München, [2][nicht angenommen],
       was ziemlich ungewöhnlich ist.
       
       Zwar kommt die Nichtannahme solcher Bitten in der katholischen Kirche
       gelegentlich vor. Aber sie bleibt doch eine Ausnahme. Denn es ist wie in
       der Politik: Wer öffentlich seinen Unwillen bekundet, im bisherigen Amt zu
       bleiben, dem oder der traut man eher nicht zu, doch noch mit voller Energie
       weiterzumachen, und sei es um höherer Ziele willen.
       
       Was bedeutet also dieser Schritt des Papstes? Zum einen zeigt er, dass
       Franziskus den Münchner braucht, für die Aufarbeitung des Skandals um
       sexualisierte Gewalt in Deutschland, aber auch für sein Reformprogramm für
       die Weltkirche – wobei „Reformprogramm“ ein etwas zu starkes Wort ist, so
       zögerlich, wie er sich zuletzt darum gekümmert hat.
       
       Die Weigerung des Papstes zeigt weiterhin, wie wenig verlässliche und
       starke Partner oder Freunde er hat. Der Pontifex Maximus ist im Vatikan
       tatsächlich „unter Wölfen“, wie der Vatikanexperte Marco Politi es
       beschreibt. Schließlich zeigt der Schritt die personelle Not, die in der
       deutschen katholischen Kirche herrscht: Es gibt, siehe [3][Priestermangel]
       seit vielen Jahren, wenige Priester, denen man es derzeit zutrauen würde,
       ein solch großes und wichtiges Bistum wie das in München zu leiten.
       
       ## Papst will wahrscheinlich auch Woelki halten
       
       Nicht unwahrscheinlich ist aber auch, dass der Papst mit diesem Schritt
       einen weiteren vorbereitet, der die Reformkräfte in Deutschland entmutigen
       würde: Wenn er den Rücktritt von Marx nicht annimmt, könnte er nach dem
       Ende der Visitation in Köln – einer Art Inspektion durch den Vatikan – auch
       einen möglichen Rücktritt des dortigen Erzbischofs Kardinal Rainer Maria
       Woelki ablehnen.
       
       Um auch den Konservativen das Signal zu geben: Ihr gehört noch dazu. Klar
       ist deshalb derzeit nur eines – die Turbulenzen in der katholischen Kirche
       werden noch lange weitergehen.
       
       10 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [3] /Vatikan-stoppt-Pastoralteams/!5699388
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Philipp Gessler
       
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