# taz.de -- Bedrohter Regenwald in Brasilien: Abholzung geht zurück
       
       > In den ersten fünf Monaten der neuen linken Regierung ist es dem
       > Amazonas-Gebiet wohl besser gegangen. Präsident Lula will den Regenwald
       > retten.
       
 (IMG) Bild: Amazonas-Regenwald in Manaus, Brasilien im Oktober 2022
       
       BERLIN taz | Ihm sei die Größe der Aufgabe bewusst, sagte Brasiliens
       Präsident Luiz Inácio „Lula“ da Silva in der Hauptstadt Brasília. Aber er
       und seine Regierung würden alles daran setzen, die illegale Abholzung im
       Land bis 2030 zu beenden. Dafür stellte Lula bereits Anfang der Woche an
       der Seite seiner Umweltministerin Marina Silva einen Plan zum [1][Schutz
       des Regenwaldes] vor. „Ich bin entschlossen, Brasiliens globale
       Führungsrolle bei der Eindämmung des Klimawandels und der Kontrolle der
       Entwaldung wieder aufzunehmen.“
       
       Die Herausforderungen, vor denen die Regierung steht, sind sogar mehr als
       groß. Denn die Amtszeit des ultrarechten Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro
       hatte verheerende Auswirkungen auf das Amazonas-Gebiet. Bolsonaro
       entmachtete Umweltschutz- und [2][Indigenenbehörden] und rief
       Brasilianer*innen förmlich dazu auf, sich Land in Amazonien illegal
       anzueignen. Die Konsequenz: Tausende Goldgräber, Holzfäller und Viehwirte
       setzten sich in der Region fest und Brasilien verzeichnete immer neue
       Rekordwerte bei der illegalen Abholzung.
       
       Laut dem Nationalen Institut für Weltraumforschung (INPE), das
       Satellitendaten auswertet, ist die Abholzung in den ersten fünf Monaten von
       Lulas Amtszeit tatsächlich bereits um ein Drittel zurückgegangen.
       Allerdings: Ob es einen direkten Zusammenhang zu den Aktionen der Regierung
       gibt, ist nicht nachgewiesen.
       
       Lula, der seit Januar 2023 Präsident ist, hatte bereits im Wahlkampf
       versprochen, die Bekämpfung der Umweltzerstörung zu einer seiner
       Prioritäten zu machen. Nun stellte seine Regierung einen 150-Punkte-Plan
       vor. Bis 2027 sollen neue Naturschutzgebiete in der Größe von drei
       Millionen Hektar ausgewiesen werden. Bis zu 50 Prozent der illegal
       gerodeten Flächen will die Regierung sperren lassen.
       
       ## Geheimdienstinformationen und Satellitenbilder
       
       Dafür will sie Kontrollorgane wie das brasilianische Bundesumweltamt IBAMA
       wieder aufrüsten. Neben neuen Überwachungsflugzeugen will die Regierung
       1.600 Beamt*innen einstellen und neue Basen zur Überwachung der Wälder
       aufbauen.
       
       Ein Mitarbeiter der IBAMA, der seinen Namen nicht in einer Zeitung lesen
       will, sagte der taz, seit dem Amtsantritt Lulas stünden ihnen wieder mehr
       Mittel zur Verfügung, dadurch seien wieder mehr Einsätze möglich. Auch
       sollen nun verstärkt Geheimdienstinformationen und Satellitenbilder beim
       Schutz des Regenwaldes zum Einsatz kommen.
       
       Der Plan der Regierung sieht auch die Einrichtung eines
       Rückverfolgungssystems für Vieh, Holz und andere landwirtschaftliche
       Erzeugnisse aus Amazonien vor. Damit könnte auch in den Importländern der
       Druck erhöht werden, keine Erzeugnisse aus abgeholzten Regenwaldgebieten zu
       kaufen.
       
       Trotz aller ambitionierten Pläne wird die Lula-Regierung nicht an der in
       Brasilien einflussreichen Agroindustrie vorbei regieren können. Das Land
       hängt stark von Landwirtschaftsexporten ab und die Regierung braucht Geld,
       um ihre innenpolitischen Ziele umzusetzen.
       
       ## Lulas Pläne werden vom Agrobusiness skeptisch beobachtet
       
       Anfang der Woche sprach Lula auf einer Agrarmesse, wo er sich direkt an die
       Vertreter*innen der Branche richtete. Dort betonte er, sich nicht gegen
       Produzent*innen zu richten, „die ordentlich arbeiten“, und dass kein
       „ehrlicher Mensch“ Wälder abholze, um dort anzupflanzen. Wer sich jedoch
       „wie ein Bandit“ verhalte und illegal abholze, werde die Härte des Gesetzes
       zu spüren bekommen.
       
       Solche Worte dürften auf wenig Gegenliebe stoßen. Lulas Pläne werden vom
       Agrobusiness skeptisch beobachtet, Naturschutz ist für sie oft bloß ein
       Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung. Letzte Woche erlitt die
       Regierung eine schwere Niederlage. Das Abgeordnetenhaus votierte für ein
       [3][umstrittenes Gesetz], durch das die Ausweisung von indigenen Gebieten
       begrenzt werden soll.
       
       283 Abgeordnete stimmten für das Gesetz, nur 155 dagegen. 300 der 513
       Abgeordneten werden einer überfraktionellen Interessenvereinigung des
       Agrobusiness zuordnet. Der Gesetzestext muss zwar noch vom Senat bestätigt
       werden, doch auch dort haben Senator*innen die Mehrheit, die dem
       Agrarsektor nahestehen.
       
       8 Jun 2023
       
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