# taz.de -- Bergbau auf dem Meeresboden: Verhandlungen enden ohne Konsens
       
       > Umweltverbände nennen Ergebnisse der Verhandlungen auf Jamaika
       > enttäuschend. Kommende Woche wird über ein Moratorium diskutiert.
       
 (IMG) Bild: Ein Hummer – laut Experten sind 90 Prozent der Tierarten der Tiefsee noch nicht entdeckt
       
       BERLIN taz | Wenn die Bergbau-Firma „The Metals Company“ (TMC) Metalle aus
       der Tiefsee auf Basis einer gesicherten Rechtsgrundlage und detaillierter
       Regeln abbauen möchte, muss sie weiter abwarten. Die Mitgliedsstaaten der
       Internationalen Meeresbodenbehörde haben es nämlich nicht geschafft, sich
       bei ihren Verhandlungen auf Jamaika auf Regularien zu einigen, sondern nur
       darauf, weiter zu verhandeln. Als realistisches Szenario gilt nun eine
       Verabschiedung Anfang 2025.
       
       Das würde durchaus im Zeitplan des kanadischen Unternehmens TMC liegen.
       Seine Anlagen und Maschinen, mit denen es metallhaltige Manganknollen vom
       Meeresboden aufsammeln und aufarbeiten möchte, [1][sollen nach Mitteilung
       des Unternehmens Ende 2024 produktionsbereit sein] und dann 1,3 Millionen
       Tonnen Nassknollen pro Jahr fördern. Sie enthalten für Batterien heute
       wichtigen Metalle Kupfer, Kobalt und Nickel. Das Unternehmen wirbt damit,
       dass in Manganknollen Metalle relativ rein vorlägen; dies könne „die
       Abfallmenge bei der Mineralienverarbeitung erheblich reduzieren“. Unter
       anderem dies senke den CO2-Fußabdruck der Metalle, die in der Tiefsee
       abgebaut würden.
       
       Die Verhandlungen in Kingston seien schwierig gewesen, sagt der
       Meeresgeologe Carsten Rühlemann von der Bundesanstalt für Geowissenschaften
       und Rohstoffe, der sie als Mitglied der deutschen Delegation verfolgt hat.
       Satz für Satz des umfangreichen Dokuments würde verhandelt; „je näher man
       einem Ende kommt, desto schwieriger ist es bei einigen Passagen, sich auf
       einen konkreten Text zu einigen“, so Rühlemann.
       
       Die Argumentation Naurus hält er für nachvollziehbar:Der Inselstaat
       möchte einen Antrag von NORI, einer Tochterfirma von TMC, auf eine
       Abbaulizenz zum Tiefseebergbau unterstützen und hatte deshalb beantragt,
       dass bis zum 9. Juli ein Regelwerk beschlossen werde. Zwar kündigte Nauru
       an, ohne Regeln zunächst keine Lizenz zu erteilen; allerdings pocht es auf
       eine schnelle Einigung und legte in den Verhandlungen dar, ein Abbau unter
       hohen Umweltstandards sei möglich.
       
       Das sieht Till Seidensticker von Greenpeace anders. „Es ist nicht möglich,
       ein Regelwerk für Tiefseebergbau aufzustellen, das diesen extrem
       empfindlichen Lebensraum schont“, sagte er nach Abschluss der
       Verhandlungen. „Die Ausbeutung des Meeresbodens bedeutet unter allen
       vorstellbaren Umständen Zerstörung und Artensterben“. Der Tiefseebergbau
       dürfe niemals starten.
       
       ## Eine Studie hält Tiefseebergbau für überflüssig
       
       Das Ziel, ihn zu verhindern verfolgt eine Gruppe von Ländern um Deutschland
       und Frankreich. Nächste Woche wird in einem kleineren Rahmen in Kingston
       über ein Moratorium gesprochen. Bislang haben sich der Initiative 21 von
       167 Staaten angeschlossen, eine Chance auf Umsetzung gibt es also kaum.
       Trotzdem sei die Initiative wichtig, sagt der Greenpeace-Meeresexperte. „Es
       ist das erste Mal, dass im Kontext der Verhandlungen der Internationalen
       Meeresbodenbehörde ein Moratorium diskutiert wird“, so Seidensticker, „bei
       einer Institution, die sonst in ihrer Arbeit auf den Tiefseebergbau hin
       arbeitet“.
       
       Auch die Umweltorganisation Environmental Justice Foundation Deutschland
       (EJF) hält „ein Moratorium oder eine vorsorgliche Pause für die
       kommerzielle Ausbeutung der Tiefsee für dringend notwendig“. Die
       Wissenschaft sei sich hierin einig, so die EJF, einzig die Interessen von
       Bergbauunternehmen stellten sich dagegen. „36 Finanzinstitute, die zusammen
       ein Vermögen von mehr als 3,3 Billionen Euro verwalten, haben sich dem
       wachsenden Widerstand gegen Tiefseebergbau angeschlossen“, heißt es in
       einer Mitteilung.
       
       [2][Ob der Bergbau auf dem Meeresboden wirklich nötig ist, hatte eine im
       Januar veröffentlichte Studie des Freiburger Öko-Instituts für Greenpeace
       bezweifelt.] Demnach könnte der Tiefseebergbau weltmarktrelevante Mengen
       der Metalle Mangan, Kobalt und Nickel erst nach 2030 liefern. Ob diese
       Mengen dann noch für die Batterieproduktion gebraucht würden, sei unklar,
       denn es sei ein klarer Trend weg von Kobalt und zum Teil auch Nickel
       erkennbar, so die Studie. „Die eingängige Behauptung, die Knollen würden
       als Rohstoffquelle für die künftige Lithium-Ionen-Batterieproduktion
       benötigt, ist irreführend“, schreiben die Autoren.
       
       23 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://investors.metals.co/news-releases/news-release-details/nori-and-allseas-lift-over-3000-tonnes-polymetallic-nodules
 (DIR) [2] /UN-Konferenz-zur-Hochsee/!5914503
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heike Holdinghausen
       
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