# taz.de -- Besetzung bei Tesla-Werk: Baumhäuser gegen Elektroautos
       
       > Aktivist*innen besetzen ein Waldstück in Grünheide in Brandenburg,
       > das der US-Autobauer Tesla für seine Werkserweiterung roden lassen will.
       
 (IMG) Bild: In der Nacht zu Donnerstag haben Aktivist*innen mehrere Baumhäuser errichtet
       
       GRÜNHEIDE taz | Vom Bahnhof Fangschleuse sind es nur etwa 50 Meter auf der
       Landesstraße L23, ehe ein platt getretener Pfad in den Wald führt. Schon
       von Weitem sind die Baumhäuser und Plattformen zu sehen, die in der Nacht
       auf Donnerstag zwischen den Kiefern des kleinen Waldstückes in Grünheide in
       Brandenburg hochgezogen wurden. Nicht einmal 100 Meter von der Großfabrik
       des US-amerikanischen Elektroautoherstellers Tesla entfernt haben hier etwa
       80 Klimaaktivist*innen mehrere Bäume besetzt. Damit wollen sie
       verhindern, dass die Waldfläche den Erweiterungsplänen des Konzerns zum
       Opfer fällt.
       
       Zwischen den Bäumen, an denen in einigen Metern Höhe insgesamt acht Häuser
       und mit Planen abgedeckte Plattformen befestigt wurden, liegen diverse
       Haufen mit Holzplanken, Kunststofftauen und Planen. An den hüfthohen
       Sträuchern hängen Klettergurte, auch Zelte wurden aufgebaut.
       Aktivist*innen laufen durch die säuberlich mit Ästen gesäumten neu
       geschaffenen Wege des kleinen Baumhausdorfes.
       
       Die morgendliche Ruhe wird immer mal wieder vom schrillen Quietschen der
       vorbeifahrenden Züge durchbrochen. Im 15-Minutentakt kommen am Bahnhof
       Fangschleuse Tesla-Mitarbeiter*innen an und steigen in den Shuttlebus, der
       sie direkt zum Werk bringt.
       
       Hintergrund der Aktion sind die Pläne des Unternehmens des umstrittenen
       US-Milliardärs Elon Musk, sein 300 Hektar großes Werksgelände um 120 Hektar
       [1][zu erweitern]. Auf diesem neuen Gelände sollen weitere Lagerflächen
       sowie ein werkseigener Güterbahnhof entstehen.
       
       ## Es geht um mehr als den Schutz des Waldes
       
       „Das würde bedeuten, dass hier fast 100 Hektar Wald gerodet werden“, sagt
       Caro Weber, Sprecherin der Besetzer*innen, zur taz. Dabei sei der Wald in
       Zeiten der Klimakrise besonders wichtig, um CO2 zu binden. Die ehemalige
       Kiefernmonokultur ist mittlerweile mit heimischen Laubbäumen angereichert
       worden und für die Menschen aus der Umgebung ein wichtiges Erholungsgebiet.
       
       Aber um den Wald allein geht es den Besetzer*innen gar nicht. In erster
       Linie gehe es um Wasser, sagt Caro: „Wir sind eine Wasserbesetzung.“ Die
       Umweltschützer*innen sehen im Ausbau der Fabrik eine ernste Gefahr für
       die Wasserversorgung in der Region. Ein Teil des Tesla-Werks steht auf
       einem Trinkwasserschutzgebiet, das auch Teile von Berlin versorgt. Die
       Region Grünheide ist eine besonders trockene Region, die von den langen,
       extremen Dürren der vergangenen Jahre besonders betroffen war.
       
       Bereits seit der Bekanntmachung der Pläne des US-Milliardärs Elon Musk in
       Brandenburg, hier die erste europäische Tesla-Fabrik zu errichten, hagelt
       es Kritik. So wurde im Zuge des Baus mehrmals der Grundwasserspiegel
       gesenkt. Und während die Großfabrik laut Auflagen jährlich 1,4 Millionen
       Kubikmeter Wasser verbrauchen darf, deckelte der zuständige Wasserverband
       Strausberg-Erkner 2022 den Wasserverbrauch für Privathaushalte. Am Dienstag
       war bekannt geworden, dass der Wasserverband Tesla droht, [2][die
       Abwasserentsorgung einzustellen], weil das Unternehmen regelmäßig zu viele
       Schadstoffe ableitet.
       
       Die Anwohner*innen aus Grünheide, Erkner und Umgebung haben daher eine
       Bürger*inneninitiative gegründet, die sich ebenfalls gegen die
       geplante Erweiterung des Tesla-Werkes ausspricht. Erst vergangene Woche
       hatten sich in einer Befragung 65 Prozent der Grünheider*innen
       [3][gegen den neuen Bebauungsplan ausgesprochen], der die Erweiterung von
       Teslas Fabrik beinhaltet. Dieses Ergebnis war nicht zuletzt ein Verdienst
       der Bürger*inneninitiative, die im Januar gemeinsam mit
       Klimaaktivist*innen in Grünheide von Haustür zu Haustür gezogen war,
       um die Anwohnenden zu überzeugen, mit Nein zu stimmen.
       
       ## Entscheidung über Werkserweiterung steht noch aus
       
       Rechtlich bindend ist das Votum der Anwohnenden allerdings nicht. Die
       Entscheidung liegt bei der Gemeindevertretung in Grünheide, die am 14. März
       das nächste Mal tagen wird. Ob dann über den neuen Bebauungsplan abgestimmt
       wird, ist allerdings noch nicht klar. Das Ergebnis der
       Bürger*innenbefragung könnte durchaus Einfluss auf die Entscheidung
       haben.
       
       Nicht unweit eines Hochsitzes, den die Besetzer*innen zu einem
       Aussichtspunkt gemacht haben, hält am Donnerstagmorgen gegen 7:30 Uhr ein
       Streifenwagen. Eine Stunde zuvor hatten die Aktivist*innen die Besetzung
       publik gemacht. Zwei Beamte steigen aus dem Auto und erkundigen sich nach
       dem oder der Verantwortlichen der Versammlung und nach dem Hintergrund der
       Aktion und machen einen Kontrollgang. Kurz darauf fährt auch ein Tesla-Auto
       mit zwei Securitymitarbeitern vor. Sie schauen sich das Treiben einige
       Minuten an und fahren dann wieder.
       
       „Ich hätte gedacht, dass es noch ein paar Stunden dauert, bevor die Polizei
       das erste Mal kommt“, sagt Caro Weber und zuckt mit den Schultern.
       Eingeschüchtert von der Polizeipräsenz wirkt hier keine*r. Gegen elf Uhr
       feiern die Aktivist*innen ihre erfolgreiche Besetzung mit einem
       Bannerdrop. „Water is a human right“, auf Deutsch: Wasser ist ein
       Menschenrecht, steht in großen Buchstaben zwischen den Bäumen. Darunter ein
       Igel, das Logo der Besetzer*innen.
       
       Die Aktivist*innen wollen erst einmal auf unbestimmte Zeit hier
       bleiben. Durch den Wald schallen Geräusche von Hämmern. Jetzt, wo die Sonne
       aufgegangen ist, können weitere Strukturen gebaut werden. Auf einer Liste
       stehen die Aufgaben, die für den Tag anstehen. „Wir wollen uns hier so
       lange wie möglich dieser Zerstörung in den Weg stellen“, sagt Caro Weber.
       
       Mit der Bürger*inneninitiative erhoffen sich die Aktivist*innen
       eine enge Zusammenarbeit. Ringsum haben Menschen begonnen, sich aus den
       Plattformen abzuseilen, vom Bahnhof kommen in regelmäßigen Abständen immer
       mehr Menschen an. Sie haben Schlafsäcke und Zelte dabei. Während sich die
       Aktivist*innen mit Brötchen und Kaffee versorgen, kreist ein Helikopter
       über den Baumwipfeln.
       
       29 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Erweiterung-von-Tesla-in-Gruenheide/!5988656
 (DIR) [2] /Grenzwertueberschreitungen-im-Abwasser/!5992068
 (DIR) [3] /Buergerbefragung-zur-Werkserweiterung/!5993733
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Annika Reiß
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Tesla
 (DIR) Waldbesetzung
 (DIR) Besetzung
 (DIR) Grünheide
 (DIR) Wassermangel
 (DIR) Umweltschutz
 (DIR) Schwerpunkt Klimaproteste
 (DIR) Bürgerwissenschaft
 (DIR) Grünheide
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Tesla
 (DIR) Tesla
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Tesla
 (DIR) Schwerpunkt Klimaproteste
 (DIR) Tesla
 (DIR) Tesla
 (DIR) Schwerpunkt Stadtland
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Bürgerwissenschaften in Bremen: Igel gesucht
       
       Das Bremer Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie bindet
       Bürger*innen in seine Arbeit ein. Aktuell geht es um den Bestand von
       Igeln.
       
 (DIR) BI-Vorsitzende über Anschlag auf Tesla: „Mich hat diese Aktion erschreckt“
       
       Die Bürgerinitiative Grünheide kämpft gegen Tesla. Den mutmaßlichen
       Anschlag auf das Autowerk heißt die Vorsitzende Manuela Hoyer trotzdem
       nicht gut.
       
 (DIR) Polizei prüft Bekennerschreiben: Anschlag gegen Tesla
       
       Nach dem Brand eines Strommastes steht die Produktion bei Tesla in
       Brandenburg still. Ein Bekennerschreiben fordert die „Zerstörung der
       Gigafactory“.
       
 (DIR) Brand bei Grünheide: Tesla-Werk evakuiert
       
       Am frühen Morgen hat südlich von Berlin ein Strommast gebrannt, die
       Energieversorgung wurde unterbrochen. Nun steht die Gigafactory still.
       
 (DIR) Teslabesetzung Grünheide: Vegane Pizza und Dieselgeruch
       
       „Tesla stoppen“ organisiert gemeinsam mit dem Bündnis „Tesla den Hahn
       abdrehen“ einen Waldspaziergang in Grünheide.
       
 (DIR) Hohe Emissionen wegen Dürre: CO₂-Rekord wegen Diesel und Kohle
       
       Es liegt an der globalen Trockenheit und am Wachstum Chinas: Die
       CO₂-Emissionen im Energiebereich haben 2023 erneut zugenommen. Nicht zum
       letzten Mal.
       
 (DIR) Tesla und die Abwasser-Grenzwerte: Fast so unverschämt wie Elon Musk
       
       Tesla leitet seit Jahren zu viel Phosphor und Stickstoff ins Abwasser ein.
       Der Fall zeigt: Das Unternehmen ist kein guter Partner für die Region.
       
 (DIR) Klimaschützer*innen unter Druck: Repressionen nehmen global zu
       
       Die Bundesrepublik verfolgt Aktivist*innen für ihre Proteste. Woanders ist
       es nicht besser. Die Bewegung reagiert mit Knastschulungen und Beratung.
       
 (DIR) Grenzwertüberschreitungen im Abwasser: Tesla das Rohr stopfen
       
       Der Wasserverband Strausberg-Erkner droht, die Abwasserentsorgung
       einzustellen, weil Tesla regelmäßig zu viele Schadstoffe ableitet
       
 (DIR) Bürgerbefragung zur Werkserweiterung: Grünheide sagt Nein zu mehr Tesla
       
       65 Prozent der Anwohner:innen stimmten gegen die Erweiterung der
       Giga-Factory. Teslas Expansion könnte so zumindest verzögert werden.
       
 (DIR) Erweiterung von Tesla in Grünheide: Gigafactory auf Überholungskurs
       
       Tesla will in Grünheide groß ausbauen, dafür werden gerade die Bürger
       befragt. Manche sehen im US-Autobauer eine Chance, andere fürchten um die
       Umwelt.