# taz.de -- Boris Johnson als Premierminister: Letztes Bollwerk gegen Populismus
       
       > Großbritanniens neuer Premier muss den Austritt aus der EU pünktlich zum
       > 31. Oktober vollziehen. Dass er Erfolg hat, ist auch in Europas
       > Interesse.
       
 (IMG) Bild: Boris Johnson hat jede Menge vor sich
       
       Mit einer Zweidrittelmehrheit haben die britischen Konservativen Boris
       Johnson [1][zum Parteichef und damit zum neuen Premierminister
       Großbritanniens] gewählt. Es ist ein überzeugendes Mandat, das Johnsons
       zuletzt sehr lautstarken parteiinternen Kritikern einen Dämpfer versetzt
       haben dürfte. Die Parteibasis hat sich geeinter und damit reifer gezeigt
       als die zerstrittenen Politiker an der Spitze.
       
       Was kann Boris Johnson mit diesem Mandat jetzt anfangen? Ganz klar besteht
       die erste Herausforderung darin, den Brexit zu vollenden, den es
       schließlich ohne Johnsons Führung der Vote-Leave-Kampagne vor drei Jahren
       nicht geben würde. Dafür, den Austritt aus der EU pünktlich zum 31. Oktober
       zum vollziehen, war Johnson angetreten, und daran wird er gemessen werden.
       
       Es geht dabei nicht nur um die Glaubwürdigkeit und die Ehre der Brexiteers.
       Es geht um das Überleben der Konservativen als britische Regierungspartei –
       und um die politische Kultur Großbritanniens insgesamt. Ohne eine Umsetzung
       des Referendumsergebnisses von 2016 wird die konservative Wählerschaft
       massiv zu Nigel Farage und seiner Brexit Party überlaufen, die bereits
       [2][bei den Europawahlen im Mai drei Viertel der konservativen Stimmen] von
       der letzten Parlamentswahl abgraste. Die Tories wären dann faktisch tot und
       das Vertrauen der Bevölkerung in die Institutionen dahin.
       
       Wenn das passiert, droht in der britischen Politik eine Polarisierung
       zwischen Farages Brexit-Fanatikern und einer sich neu um die EU
       sortierenden Linken – eventuell unter Führung der Liberaldemokraten, sollte
       Labour nicht aus seiner Krise herausfinden. Dann würde Großbritannien in
       einen unversöhnlichen Kulturkampf schlittern, der genauso bösartig und
       verbittert daherkommt wie in den USA.
       
       Das kann niemand wollen, auch nicht in Europa, und daher muss allen
       Verfechtern europäischer Werte an Boris Johnsons Erfolg gelegen sein. Mit
       all seinen Defiziten, mit allem Zweifel an seinen Fähigkeiten und seiner
       Integrität und mit allen realen Hürden in der gegenwärtigen politischen
       Konstellation in Westminster – Großbritanniens neuer Premier ist, ob er
       will oder nicht, das letzte Bollwerk gegen einen weiteren europäischen
       Siegeszug des Populismus. Die Uhr tickt. Wird in der EU jemand die nötige
       Reife beweisen, um die Herausforderung anzunehmen?
       
       23 Jul 2019
       
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