# taz.de -- Bremer Schaffermahl-Traditionen: Kapitäne machen Kehrtwende - Lob der Frau
       
       > Zum Schaffermahl dürfen nach über 400 Jahren nun auch weibliche
       > Führungspersönlichkeiten eingeladen werden – nach jahrelangem Streit um
       > die Frauenfrage.
       
 (IMG) Bild: Frauen nur draußen: Gäste des diesjährigen Stiftungsfestes der "Bremer Eiswette von 1829" im Congress Centrum Bremen.
       
       BREMEN taz | „Kein Wunder also, dass die alten Kapitäne des Hauses Seefahrt
       etwas grantig werden, wenn man sie darauf anspricht, dass Frauen bei der
       Schaffermahlzeit nicht dabei sind“: So steht es auf der Internetseite des
       Bremer Schaffermahls. „Die Kapitäne verstehen die Frage gar nicht. ’Nicht
       dabei?‘ fragen sie. ,Die sind doch dabei – nur eben nicht bei der Mahlzeit,
       sondern nebenan, wo sie in aller Ruhe klönen können.‘“ Und der „Damenrede“,
       gehalten von einem der Herren, dürfen sie ja auch zuhören, per
       Video-Übertragung.
       
       Im Internet ist auch zu lesen, mit welchen offenbar selbst gedichteten
       Zeilen die „alten Kapitäne“ ihr Frauenbild besingen: „Und was die Sonne der
       Erde ist,/ Das ist uns, wenn uns das Weibchen küsst,/ Drum ehrt die Frauen
       im deutschen Haus,/ Die uns zur Freude blüh’n.“ Das alles ist immer noch
       abzurufen, dabei haben die „Kapitäne“ des Hauses Seefahrt, das die Bremer
       Schaffermahlzeit ausrichtet, mitgeteilt, dass sie Frauen in Zukunft als
       gleichberechtigt anerkennen wollen – wenn sie „Führungspersönlichkeiten“
       sind. Kein Wort auf dieser Internetseite von der brisanten Erklärung, die
       nach dem langen Streit um den Ausschluss der Frauen von dem Bremer
       Traditionsmahl dann doch überrascht hat. Offensichtlich ist es für „alte
       Kapitäne“ nicht leicht, eine Internetseite zu aktualisieren.
       
       ## Immerhin – die Kanzlerin
       
       Das Schaffermahl ist längst nicht mehr das Abschiedsessen, das Kaufleute
       und Reeder vor 400 Jahren für ihre Kapitäne gaben, sondern ein Stelldichein
       von Unternehmern und Politikern – nur eben ohne Frauen.
       
       „Die Stiftung Haus Seefahrt hat beschlossen, für die 471. Schaffermahlzeit
       2015 die Teilnahme von weiblichen Persönlichkeiten aus Wirtschaft,
       Verwaltung und Politik zu unterstützen“, heißt es in der Pressemitteilung
       vom 14. Juli. „Der Beschluss sieht vor, verstärkt weibliche
       Führungspersönlichkeiten als Gäste einzuladen.“ Warum? Warum jetzt? Auf
       diese nicht gestellte Frage kommt der Hinweis, dass das ja fast immer schon
       so war: „Bereits im Jahr 2007 hat mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel ein
       weiblicher Gast an der Schaffermahlzeit teilgenommen. Aus dem Kreis der
       seemännischen Mitglieder nehmen bereits seit längerem weibliche Kapitäne
       teil.“ Das einzige Problem, was das Haus Seefahrt hat, ist die
       Kleiderordnung: Was solle die Frauen tragen, wenn die Männer in
       Kapitäns-Uniform oder Frack kommen? „Schwarzes Abendkleid oder einen
       schwarzen Abendanzug“ verordnete das Haus Seefahrt.
       
       Das war nicht immer so einfach. Immerhin war 2007 „mit der Bundeskanzlerin
       Angela Merkel ein weiblicher Gast“ dabei, heißt es in einer
       Pressemitteilung von Mitte Juli. Zudem nähmen „seit längerem weibliche
       Kapitäne teil“. Als Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) im Jahr 2011
       weibliche Führungspersönlichkeiten einladen wollte, winkte das Haus
       Seefahrt noch ab. „Wir vertun eine große Chance“, erklärte Böhrnsen später
       in der Bürgerschaft. Um bewahrt zu werden, philosophierte er, müssten sich
       Traditionen verändern, „sonst fallen sie aus der Zeit“. Einhellig
       appellierte das Parlament, man möge das Festmahl öffnen.
       
       2013 bildeten Frauen ein Spalier zwischen dem Haus Schütting der
       Handelskammer und dem Rathaus – diese 200 Meter stolzieren alljährlich die
       Schaffer über den Marktplatz. Zum 470. Schaffermahl im Februar 2014 aber
       änderte sich trotzdem nichts. Das Haus Seefahrt mache sich „lächerlich“,
       erklärte Bremens Gleichstellungsbeauftragte Ulrike Hauffe im Februar.
       
       Dann, im Juli, die überraschende Kehrtwende – für Hauffe ein großer Erfolg
       : „Auch wenn es wahrscheinlich nicht nur der Glaube an Gleichberechtigung,
       sondern vor allem wirtschaftliche Gründe waren“, begrüßte Hauffe den
       Beschluss als Signal: „Auch in Kreisen von Macht und Geld sind Frauen nicht
       mehr wegzudenken.“
       
       Über das andere Bremer Traditionsmahl, das „Eiswett-Essen“, war immer
       mitdiskutiert worden. Das Präsidium der Eiswette tagt im Herbst – ob dann
       auch die leidige Frauenfrage beraten wird, teilte der Präsident der
       Eiswette, Patrick Wendisch, auf Nachfrage mit. Mehr könne er nicht sagen.
       Es gibt keine Satzung bei der Eiswette, keine Tagesordnung.
       
       23 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Wolschner
       
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