# taz.de -- Vom Sockelbergbau zum CDU-Auslaufmodell
       
       > CDU und FDP planen vollständigen Ausstieg aus der Steinkohle.
       > Bergbau-Gewerkschaftschef Schmoldt warnt vor betriebsbedingten
       > Kündigungen und sozialen Verwerfungen. Kohlesubventionen nur bis Ende
       > 2008 gesichert
       
       DÜSSELDORF taz ■ Nordrhein-Westfalens designierter Ministerpräsident Jürgen
       Rüttgers (CDU) hat Berichte zurückgewiesen, bei den laufenden
       Koalitionsverhandlungen mit der FDP seien bereits massive
       Subventionskürzungen für den Steinkohlenbergbau beschlossen worden. „Ich
       weiß nicht, wo das herkommt“, so Rüttgers gestern zu Beginn der vierten
       Runde der Koalitionsgespräche in der Düsseldorfer Villa Horion, der
       ehemaligen Staatskanzlei des langjährigen SPD-Ministerpräsidenten Johannes
       Rau. „Wir haben über das Thema Steinkohle überhaupt noch nicht gesprochen.“
       
       Die Rheinische Post hatte zuvor gemeldet, Christdemokraten und Liberale
       wollten die Subventionen aus dem Landeshaushalt bis 2010 um 750 Millionen
       Euro kürzen. Endgültige Entscheidungen sollen aber frühestens Ende
       kommender Woche fallen: Zuvor wolle Rüttgers einen „Fahrplan“ zum Ausstieg
       aus der Steinkohlenförderung erarbeiten lassen, war aus Verhandlungskreisen
       zu hören. Die mit Politikern beider Koalitionspartner besetzte
       Arbeitsgruppe Energie wolle sich dazu mit Vertretern des Essener
       Bergbaukonzerns RAG als letztem verbliebenen Steinkohleförderer treffen.
       
       Hubertus Schmoldt, Vorsitzender der Bergbaugewerkschaft IGBCE, warnte im
       WDR, eine Kürzung der Subventionen bedeute betriebsbedingte Kündigungen:
       „Jede Änderung nach unten würde einen dramatischen Absturz bedeuten mit all
       den negativen Folgen.“ Noch im Wahlkampf habe Rüttgers versichert, mit ihm
       werde es keine betriebsbedingten Kündigungen geben, so Schmoldt. Die IGBCE
       werde deshalb nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen das Gespräch mit
       Rüttgers suchen und nachverhandeln, gab sich der Gewerkschaftsboss
       selbstbewusst.
       
       Ein Ende der Steinkohle bedeute auch ein Ende des RAG-Konzerns und gefährde
       auch die Chemiesparte Degussa, warnte Schmoldt – und erteilte damit auch
       dem von RAG-Chef Werner Müller geplanten Börsengang eine Absage. Die
       möglichen Erlöse von bis zu sechs Milliarden Euro will Müller dem Staat
       zukommen lassen. Im Gegenzug müsste die öffentliche Hand für alle künftigen
       Bergbaurisiken, etwa durch Bergschäden, aufkommen.
       
       Derzeit wird die Steinkohleförderung im Ruhrgebiet und in den zwei
       RAG-Zechen im Saarland mit 2,7 Milliarden Euro unterstützt, davon tragen
       der Bund 80, das Land 20 Prozent. Bis zum Jahr 2008 wird dieser Betrag
       vorsichtig auf 2,5 Milliarden abgeschmolzen. Danach besteht keinerlei
       Rechtssicherheit, da die verbindlichen Zuwendungsbescheide von Bundes- und
       Landesregierung auslaufen. Politisch unterstützt werden RAG und IGBCE nur
       noch von den Sozialdemokraten: Auch die Grünen geben sich
       steinkohlekritisch. So signalisiert Reiner Priggen, energiepolitischer
       Sprecher der grünen Landtagsfraktion, Zustimmung zu den Kürzungsplänen von
       CDU und FDP: „Im Steinkohlenbergbau sind noch erhebliche Mittel einsparbar,
       ohne dass es zu Kündigungen kommt“, so Priggen zur taz. „Es ist aber klar,
       dass die neue Koalition auf den Ausstieg setzt.“ANDREAS WYPUTTA
       
       4 Jun 2005
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) ANDREAS WYPUTTA
       
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