# taz.de -- Bürgerkrieg im Jemen: Ende von sechs Monaten Waffenruhe
       
       > Die Verlängerung des Waffenstillstands im Jemen ist gescheitert.
       > Regierung und Huthi-Rebellen stehen vor einer neuen Kriegsrunde.
       
 (IMG) Bild: Jemenitische Kinder, die im Krieg verletzt wurden, in einem Rehabilitationszentrum in Saana
       
       BERLIN taz | Sechs Monate lang schwiegen die Waffen in Jemen – jetzt ist
       das vorbei. Der [1][Waffenstillstand] zwischen der von Saudi-Arabien
       unterstützten Regierung im Süden Jemens und den von Iran unterstützten
       Huthi-Rebellen im Norden ist am 2. Oktober turnusgemäß abgelaufen, und eine
       von den Vereinten Nationen gewünschte Verlängerung kam nicht zustande.
       
       „Wenn die Parteien keine Einigung erzielen, könnte der Konflikt zum
       früheren Ausmaß seiner zerstörerischen Intensität zurückkehren oder diese
       sogar übersteigen“, hatte zuvor der internationale Thinktank [2][Crisis
       Group] gewarnt.
       
       Der Bürgerkrieg in Jemen gilt als einer der verheerendsten der Welt und hat
       den Großteil der Bevölkerung an den Rand einer Hungersnot gebracht.
       
       Nachdem im Rahmen des Arabischen Frühlings 2011 auch Jemens damalige
       Diktatur gestürzt worden war, hatte 2014 die von Iran unterstützte
       Huthi-Rebellen-Bewegung, benannt nach der nordjemenitischen Volksgruppe an
       ihrem Ursprung, die Macht in Jemens Hauptstadt Sana'a übernommen.
       
       ## Leichtes Durchatmen während der Waffenruhe
       
       Die international anerkannte Regierung war in den Süden geflohen und eine
       von Saudi-Arabien geführte Militärkoalition führt seitdem mit westlicher
       Unterstützung Krieg gegen die Rebellen, was mit Luftangriffen auf zivile
       Ziele sowie einer Wirtschaftsblockade der Huthi-Gebiete einhergeht.
       
       Das Regierungslager ist auch intern zerrissen, da in der Hafenstadt Aden
       eine südjemenetische Sezessionsbewegung tonangebend ist, die auf Distanz
       zur Regierung bleibt und von den Vereinigten Arabischen Emiraten
       unterstützt wird. Jemen ist faktisch zerfallen und zum Spielball der
       Regionalmächte geworden, während Hilfswerke seit Jahren in Jemen eine der
       schlimmsten humanitären Krisen der Welt beklagen.
       
       Nach zähen Verhandlungen trat am 2. April eine zunächst auf zwei Monate
       begrenzte Waffenruhe in Kraft, ausgehandelt vom UN-Sonderbeauftragten Hans
       Grundberg. Die Vereinbarung sah vor, dass die Huthis ihre Blockade der
       Frontstadt Taiz aufgeben und im Gegenzug die Regierung aufhört,
       kommerzielle Transporte daran zu hindern, den Flughafen von Sana'a und den
       Hafen von Hodeidah zu erreichen. Dies sollte die Notlage in Jemen etwas
       lindern.
       
       Bis Mitte August konnten 31 Flugzeuge in Sana'a landen und 33 Schiffe in
       Hodeidah andocken, bilanzierte Grundberg vor dem UN-Sicherheitsrat Mitte
       August – ein kleiner erster Schritt. Doch die [3][Straßenblockaden um Taiz]
       blieben größtenteils bestehen.
       
       ## Beiden Seiten scheinen wieder Lust auf Krieg zu haben
       
       Immerhin bildeten Jemens Regierung und die Separatisten in Aden unter
       saudischem Druck eine gemeinsame Regierungsstruktur, den „Präsidialen
       Führungsrat“ – ein erster Schritt zur politischen Stabilisierung. Die
       Waffenruhe wurde seit 2. April mehrfach verlängert.
       
       Vor dem Stichtag 2. Oktober schlug Grundberg eine Verlängerung um diesmal
       sechs Monate vor sowie eine deutliche Ausweitung der humanitären Maßnahmen:
       „Bezahlung von Gehältern und Renten im öffentlichen Dienst, Öffnung
       bestimmter Straßen in Ta'iz und anderen Gouvernements, zusätzliche Ziele
       für Flüge von und nach Sana'a, ungehinderter Zugang für Tanker zum Hafen
       von Hodeidah“ listete er auf, außerdem den Beginn förmlicher
       Friedensgespräche.
       
       Während Teile des Regierungslagers Teile dieses Vorschlags akzeptiert haben
       sollen, sind andere Teile auf Ablehnung gestoßen – insbesondere, dass
       Staatsbedienstete auch im Huthi-Gebiet Geld bekommen. Die Huthi-Rebellen
       wiederum wollten nur zustimmen, wenn die Regierung sich zu Direktgesprächen
       mit ihnen verpflichtet.
       
       Die Regierung warf am Samstag den Huthis Blockadehaltung vor und sagte, sie
       selbst habe „viele Zugeständnisse“ gemacht. Die Huthi-Rebellen wiederum
       sagten, die Gespräche seien in einer „Sackgasse“ gelandet und man werde
       sich nicht von „falschen Versprechungen täuschen lassen“.
       
       Grundberg, der seine Reisediplomatie fortsetzen will, lobte in seiner
       [4][Erklärung] diplomatisch das „konstruktive Engagement auf Führungsebene
       auf beiden Seiten“. Doch manche Beobachter fürchten, dass auf beiden Seiten
       die Lust auf eine neue Kriegsrunde gewachsen ist.
       
       Am Dienstag wurden im Landesinneren bereits Kämpfe gemeldet. Das Hilfswerk
       [5][Oxfam] warnte: „Millionen sind jetzt gefährdet, wenn Bombardements,
       Beschuss am Boden und Raketenangriffe weitergehen.“
       
       4 Oct 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Waffenruhe-im-Jemen-verlaengert/!5872309
 (DIR) [2] https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/gulf-and-arabian-peninsula/yemen/moment-truth-yemens-truce
 (DIR) [3] /Humanitaere-Lage-in-Jemen/!5754166
 (DIR) [4] https://osesgy.unmissions.org/statement-un-special-envoy-negotiations-extend-and-expand-nationwide-truce-yemen
 (DIR) [5] https://www.oxfam.org/en/press-releases/oxfam-reaction-failure-extend-truce-yemen
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Jemen Bürgerkrieg
 (DIR) Jemen
 (DIR) Huthi-Rebellen
 (DIR) Waffenruhe
 (DIR) Iran
 (DIR) Jemen Bürgerkrieg
 (DIR) Jemen Bürgerkrieg
 (DIR) Jemen Bürgerkrieg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Regionale Rivalität: Saudis und Iraner nähern sich an
       
       Jahrelang lagen die Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran auf
       Eis. Nun machen die Rivalen einen großen Schritt aufeinander zu.
       
 (DIR) Überschwemmungen im Jemen: Mehr als 90 Tote
       
       Seit mehr als sieben Jahren tobt im Jemen ein Bürgerkrieg. Nun tragen
       Überschwemmungen zusätzlich zur humanitären Katastrophe bei.
       
 (DIR) Waffenruhe im Jemen verlängert: Nochmal zwei Monate Schonfrist
       
       Während der Waffenruhe ging die Gewalt zurück, andere Bedingungen wurden
       aber nicht erfüllt. In letzter Minute einigt man sich auf eine
       Verlängerung.
       
 (DIR) Berichte über Angriffe und Aufrüstungen: Jemen vor neuer Kriegsrunde
       
       Sowohl die von Saudi-Arabien gestützte Regierung als auch die von Iran
       unterstützten Huthi-Rebellen bereiten sich auf das Ende des
       Waffenstillstands vor.