# taz.de -- Bürgerrechtler Amiri Baraka gestorben: Wenn Worte töten könnten
       
       > Er schrieb wütend, frech, polemisch und war eine zentrale Figur der
       > Black-Power-Bewegung. Jetzt ist Amiri Baraka nach langer Krankheit
       > gestorben.
       
 (IMG) Bild: Amiri Baraka im Jahr 1972.
       
       BERLIN taz | „Wenn jemand irgendwo auf einem Acker den Kopf gehoben hatte
       und ausrief, 'Oh Ahm tired a dis mess/Oh yes, Ahm tired a dis mess', kann
       man sicher sein, dass es sich um einen Amerikaner handelt“, schrieb Amiri
       Baraka in seinem Buchdebüt „Bluespeople“.
       
       Noch immer klingen diese Worte so bestimmt und so musikalisch wie zu ihrer
       Entstehungszeit 1963. Sie fassen die rassistisch motivierte Benachteiligung
       von Sklaven und die Bewusstwerdung ihrer unwürdigen Lebensumstände bündig
       zusammen. Für diesen elend langen Prozess der schwarzen Emanzipation fand
       Baraka eine Sprache, die wütend war, frech und polemisch. Sie inkorporierte
       Spoken-Word-Traditionen und Straßenslang genau wie Songstrukturen und
       Kadenzen aus der Musik.
       
       Im Blues und im Jazz, so erkannte Baraka in „Bluespeople“, liegen die
       Wurzeln für das Aufbegehren gegen Autoritäten, für ein nonkonformes
       Verhalten, das von den Tagen der Sklaverei bis in die Gegenwart reicht.
       Einer Gegenwart, aus der es für den 1934 als Sohn eines Postbeamten
       geborenen Baraka nur durch ein Stipendium an der Rutgers University einen
       Ausweg gab.
       
       Wohlgemerkt, bei der Erstveröffentlichung von „Bluespeople“, 1963, besaßen
       Afroamerikaner noch nicht mal das Wahlrecht. Amiri Baraka schrieb das Buch
       noch unter seinem bürgerlichen Namen LeRoi Jones. Der Kampf um die
       Bürgerrechte war bereits entbrannt und Baraka wurde bald zu einer der
       wichtigsten Stimmen der Bürgerrechtsbewegung.
       
       ## Sein Kampf blieb friedlich und pointiert
       
       Anders als viele seiner religiös motivierten Mitstreiter, erklärte er
       Martin Luther Kings friedlichen „Traum“ im Jahr nach dem „Marsch auf
       Washington“ (1964) für beendet. Er rückte angesichts von Aufständen in den
       US-Ghettos und umfassender Polizeiüberwachung (auch Baraka landete auf
       einer Liste des FBI) nach links und deklarierte die Black Power als „Krieg
       der Worte“.
       
       Aber der Kampf um die gesellschaftliche Gleichstellung der Schwarzen blieb
       bei ihm friedlich und pointiert. In seinem Manifest „Black Arts“ (1965)
       hieß es, „We want poems that kill“.
       
       Aus seinem Theaterstück „Dutchman“ (1965), das von damals tabuisierten
       Beziehungen zwischen schwarzen Männern und weißen Frauen handelte, zitierte
       Jean Luc Godard in seinem Film „Masculin/Feminin“. Von der US-Kritik
       kontrovers diskutiert, antwortete Baraka auf einen Verriss von Philip Roth:
       „Sir, es ist nicht mein Fehler, dass sie sich geistig so schwachbrüstig
       weigern, Schwarze als Menschen anzuerkennen und stattdessen nur als
       dürftige Produkte ihrer eigenen sterilen Reaktion darstellen.“
       
       ## Autor und Essayist
       
       In seiner Autobiografie schreibt Baraka 1984 davon, wie weit entfernt er
       sich und seinen Stil vom feuilletonistischen Mainstream wahrnahm. Und
       dennoch etablierte sich Amiri Baraka in den Siebzigern ebendort als Autor
       und Essayist, schrieb für namhafte Magazine und Zeitungen und lehrte lange
       Jahre in Yale, an der George Washington University und an der State
       University of New York.
       
       Auch als er New York für seine Heimatstadt Newark/New Jersey den Rücken
       kehrte und dem dortigen Bürgermeister beratend zur Seite stand, blieb er
       ein prominenter Kritiker der Rassenbeziehungen und der amerikanischen
       Politik. Der taz gewährte er im Rahmen einer Reportage über New York zehn
       Jahre nach 9/11 im Sommer 2011 ein Interview. Der Zustand der USA erinnerte
       ihn an Deutschland zu Zeiten der Weimarer Republik. Aber er sagte auch:
       „Seit Obamas Wahlsieg haben sich die Rassenbeziehungen gebessert. Es gibt
       eine wachsende Anzahl wohlhabender als auch politisch einflussreicher
       Schwarzer.“
       
       Als einer ihrer herausragenden Stimmen ist der Schriftsteller und Essayist
       Amiri Baraka am Donnerstag im Alter von 79 Jahren nach längerer Krankheit
       in Newark/New Jersey gestorben.
       
       10 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julian Weber
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Amerika
 (DIR) Bürgerrechtsbewegung
       
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