# taz.de -- Bundesregierung auf der Anklagebank: Erst die Luft und jetzt das Wasser
       
       > Die Deutsche Umwelthilfe verklagt die Bundesregierung wegen überhöhter
       > Nitratwerte im Grundwasser. Auch das neue Düngerecht hilft offenbar
       > nicht.
       
 (IMG) Bild: Eines der Hauptprobleme für das Grundwasser: Gülle aus der Tierhaltung
       
       BERLIN taz | Bei giftiger Luft hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bewiesen,
       wie effektiv es sein kann, Umweltschutz mithilfe von Gerichten
       durchzusetzen: Nachdem der Verband eine Grundsatzentscheidung vor dem
       Bundesgerichtshof erstritten hatte, zwingt er jetzt reihenweise Kommunen
       dazu, Fahrverbote für ältere Diesel-Fahrzeuge zu erlassen, damit die
       EU-Grenzwerte für Stickoxid eingehalten werden. Diesen Erfolg will die DUH
       nun beim Wasser wiederholen.
       
       Wie Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner am Dienstag mitteilte, hat die
       Umweltorganisation beim Oberverwaltungsgericht Berlin Ende Mai Klage gegen
       die Bundesregierung eingereicht und diese nun ausführlich begründet.
       
       Damit soll das Bundes-landwirtschaftsministerium dazu verpflichtet werden,
       das Aktionsprogramm gegen Nitratbelastung so zu ändern, dass der Grenzwert
       von 50 Milligramm Nitrat pro Liter an allen deutschen
       Grundwasser-Messstellen eingehalten wird. Bisher wird er an 28 Prozent der
       Messpunkte überschritten, sagte Müller-Kraenner.
       
       Hauptgrund sei die „Intensivierung der industriellen Tierhaltung“, deren
       Gülle auf den Feldern lande. [1][Zu hohe Nitratwerte] im Trinkwasser seien
       vor allem für Säuglinge und Kleinkinder gefährlich, erhöhten das
       Krebsrisiko und bedrohten Ökosysteme, sagte der DUH-Chef.
       
       Wegen der Überschreitung der Grenzwerte hatte auch schon die EU-Kommission
       gegen Deutschland geklagt und im Juni [2][vom Europäischen Gerichtshof
       recht bekommen]. Dieses Urteil hat aber keine unmittelbaren Konsequenzen,
       weil sich das Verfahren auf die Rechtslage von 2014 bezog und nicht auf die
       novellierte Düngeverordnung von 2017.
       
       ## Düngeverordnung hilf nicht
       
       Das Landwirtschaftsministerium argumentiert, dass das Problem damit gelöst
       werde. „Die neue Düngeverordnung leistet einen wesentlichen Beitrag, die
       Belastungen im Grundwasser zu senken“, hatte
       Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) im Juni erklärt. Dem
       widerspricht die Umwelthilfe entschieden. „Auch das novellierte Recht
       bringt keinen rechtskonformen Zustand“, sagte Rechtsanwalt Remo Klinger. Er
       vertritt die Umwelthilfe im Verfahren.
       
       Während ein neues Verfahren der EU voraussichtlich erst in vielen Jahren
       abgeschlossen würde, hofft die Nichtregierungsorganisation auf deutlich
       schnellere Entscheidungen. Anders als bei den Stickoxid-Klagen seien
       zentrale Rechtsfragen wie die Zuständigkeit und die Klagebefugnis beim
       Wasserschutz schon geklärt. Ein erstes Urteil sei darum in der zweiten
       Hälfte des Jahres 2019 realistisch, sagte Klinger.
       
       Parallel prüft die DUH nach seinen Angaben auch die Möglichkeit, einzelne
       Landkreise mit besonders hoher Nitratbelastung auf Sofortmaßnahmen zu
       verklagen.
       
       Dass die neuen Düngevorschriften nicht ausreichen, um die Grenzwerte
       künftig einzuhalten, hatte im Juni auch ein Gutachten von Friedhelm Traube
       im Auftrag des Bundesverbands für Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)
       gezeigt. Der Agrarwissenschaftler, der auch im wissenschaftlichen Beirat
       des Landwirtschaftsministeriums sitzt, war zu dem Ergebnis gekommen, „dass
       das neue Düngerecht keine nennenswerte Reduzierung der
       Stickstoff-Überdüngung und damit von Nitrat-Einträgen ins Grundwasser
       erzielen wird“.
       
       Der Verband begrüßte die DUH-Klage deshalb als „weiteren Beleg dafür, dass
       die Bundesregierung das Thema Nitratbelastung nicht in den Griff bekommt“.
       
       Zur Klage äußerte sich das Landwirtschaftministerium auf Anfrage nicht. Das
       Bundesumweltministerium erklärte zumindest, man diskutiere mit der
       EU-Kommission ohnehin schon über möglichen Überarbeitungsbedarf beim
       Düngerecht.
       
       17 Jul 2018
       
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