# taz.de -- Bundeswehr in Afghanistan: Der Scheinabzug beginnt
       
       > 950 Bundeswehr-Soldaten sollen bis 2013 abziehen. Doch wirklich groß ist
       > der Schritt nicht. Denn zunächst geht es an die Reserve – die ist gar
       > nicht am Hindukusch.
       
 (IMG) Bild: Soll langsam mal raus aus Afghanistan: die Bundeswehr.
       
       BERLIN taz | Der Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan beginnt - zumindest
       auf dem Papier. Grundsätzlich hatte die Bundesregierung dies bei der
       vergangenen Mandatsverlängerung beschlossen. Nun gibt es erstmals Zahlen:
       Um 950 Personen sollen die deutschen Truppen bis Anfang 2013 reduziert
       werden. Statt 5350 Soldaten - inklusive der Reserve - werden dann nur noch
       4400 Soldaten im Afghanistan-Einsatz sein.
       
       Diese Zahlen gehen aus einem Brief hervor, den Verteidigungsminister Thomas
       de Maizière (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) am Donnerstag
       an die Fraktionsspitzen im Deutschen Bundestag geschickt haben und der der
       taz vorliegt.
       
       Demnach soll die erste Verringerung bis Anfang 2012 umgesetzt werden. Sie
       wird die 350 Soldaten der flexible Reserve und die 100 Awacs-Soldaten
       betreffen. Effektiv reduzieren sich damit die Truppen zunächst nur um die
       Awacs-Soldaten, da die flexible Reserve nur als Zahl im Mandat steht,
       jedoch gar nicht in Afghanistan anwesend ist.
       
       Erst bis zum Ende des nächsten Afghanistan-Mandats der Bundeswehr, also bis
       Anfang 2013, wird die Bundeswehr um weitere 500 Personen verringert. Damit
       ist wahrscheinlich, dass etwa das Bundeswehrlager in Faisabad in der
       nordöstlichen Provinz Badachstan zunächst nicht geschlossen wird.
       
       "Unverändert wird durch die Streitkräfte ein erheblicher Beitrag zum
       weiteren Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte geleistet werden
       müssen", schreiben de Maizière und Westerwelle in dem Brief, "um die
       Nachhaltigkeit der bisherigen Entwicklung zu gewährleisten". Der
       Schwerpunkt des deutschen militärischen Engagements werde weiterhin beim
       Schutz der afghanischen Bevölkerung liegen, betonten die Minister.
       
       Der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour kritisierte die Pläne der
       Bundesregierung. "Das ist eine enttäuschende Nachricht - es wäre viel mehr
       möglich gewesen", sagte er, "Ein echter Abzug sieht anders aus." Nouripour
       betonte, nun müssten die nächsten Schritte geplant werden: "Das Vorgehen
       muss nun schnellstens mit den Afghanen und den internationalen Partnern
       abgestimmt werden".
       
       Die Bundeswehr ist seit 2002 in Afghanistans Norden mit deutschen Truppen
       vertreten. Die größten Bundeswehrlager befinden sich in Masar-i-Sharif und
       in Kunduz. Anfang dieses Jahres wurde das Mandat um ein weiteres Jahr
       verlängert - unter der Maßgabe, dass der Abzug bis Ende 2011 beginnt, so es
       die äußeren Umstände zulassen. Unter dieser Bedingung hatten weite Teile
       der SPD und Teile der Grünen der Verlängerung zugestimmt. Nun steht fest:
       Der Abzug beginnt. Aber erst 2012 - und mit weniger Soldaten, als viele
       erwartet hatten.
       
       10 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gordon Repinski
       
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