# taz.de -- CDU bei der Wahl in Baden-Württemberg: Ein Debakel für die Ex-Staatspartei
       
       > Die unerwartet klare Niederlage ist ein Schlag ins Kontor für die CDU.
       > Jetzt kann sie nur auf eine Koalition mit den Grünen hoffen – als
       > Juniorpartner.
       
 (IMG) Bild: Die Anhänger_innen bleiben stumm, aber ihre Gesichter sprechen Bände.
       
       STUTTGART taz |Drei Mal bekommt Guido Wolf rhythmischen Applaus. Der
       Spitzenkandidat der CDU erklärt der Parteiprominenz im Fraktionssaal seine
       Niederlage, die Stimmung ist erwartungsgemäß mies, aber drei Mal bringt er
       seine Zuhörer doch zum Klatschen. Das erste Mal reicht dafür eine simple
       Feststellung: „Schon mit dem heutigen Tag müssen wir alles dafür tun, dass
       die CDU in Baden-Württemberg wieder stärker wird.“
       
       Klatsch, klatsch, klatsch: Dass die CDU im Land wieder stärker werden muss,
       darauf können sich hier alle einigen. Natürlich, gerade eben hat sie
       schließlich das schlechteste Wahlergebnis aller Zeiten eingefahren. Laut
       Hochrechnungen erhielt sie nur rund 27 Prozent der Stimmen, das sind
       Verluste von rund 12 Prozent.
       
       „Grün-Rot hat keine Mehrheit mehr, Grün-Rot ist abgewählt“, sagt Wolf
       jetzt. Klatsch, klatsch, klatsch: Auf die Niederlage der anderen können
       sich hier auch alle einigen. Wenn Kretschmann gemeinsam mit der SPD nicht
       auf eine Mehrheit kommt, ist in der Regierung womöglich Platz für die
       Union.
       
       „Das Wahlergebnis bietet uns die Möglichkeit, wieder
       Regierungsverantwortung zu übernehmen“, sagt Wolf also. Klatsch, klatsch,
       klatsch: An die Hoffnung auf die Regierungsbeteiligung klammert sich die
       Union nun. Etwas anderes bleibt ihr an diesem desolaten Abend ja nicht.
       
       ## Mehr Straßenbau und Polizisten überzeugten nicht
       
       Das Debakel vor fünf Jahren war also nicht nur ein Ausrutscher, bedingt
       durch den Streit über Stuttgart 21 und das Atomunglück von Fukushima. Ihren
       Status als De-facto-Staatspartei in Baden-Württemberg hat die CDU verloren.
       Von rechts ist es die AfD, die der Union in Zeiten der Fluchtkrise Stimmen
       abnimmt. Von links sind es die Grünen, die sich wirtschaftsfreundlich und
       heimatverbunden zeigen und damit auch in konservativen Milieus punkten. Das
       Parteiensystem im Südwesten hat sich nachhaltig verändert.
       
       Dass sich der Wahlkampf so stark auf die Spitzenkandidaten konzentrierte,
       war für die CDU ein zusätzlicher Nachteil. Der grüne Ministerpräsident
       Kretschmann ist beliebt, der schwarze Spitzenkandidat Guido Wolf blieb
       blass. Der Fraktionschef aus Oberschwaben kritisierte die grün-roten
       Gemeinschaftsschulen und forderte mehr Straßenbau und Polizisten, konnte
       die Baden-Württemberger damit aber nicht von sich überzeugen.
       
       Im Februar versuchte er schließlich, sich in der Flüchtlingspolitik
       zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer zu profilieren. Durch seinen
       Vorschlag, an den deutschen Grenzen Tageskontingente einzuführen, konnte er
       den Trend aber nicht umkehren. Im Gegenteil. Als am Wahlabend schließlich
       die ersten Prognosen über die Bildschirme laufen, bleibt den CDU-Leuten im
       Stuttgarter Landtag nur ein Trost: Auf dem Papier besteht zu dem Zeitpunkt
       die Chance, dass die Union zurück in die Regierung kommt.
       
       Erreichen Grüne und SPD nach Auszählung aller Stimmen doch wieder eine
       Mehrheit im Landtag, bleibt die Union zwar höchstwahrscheinlich in der
       Opposition. Auch in einer Ampel-Koalition wäre sie nicht vertreten.
       Ansonsten bleiben ihr aber zwei Machtoptionen: In einer Koalition aus CDU,
       SPD und FDP könnte sie den Ministerpräsidenten stellen. In einem
       grün-schwarzen Bündnis mit Kretschmann als Chef wäre sie Juniorpartner.
       
       Zwar sagte Wolf noch vor einer Woche, als Mehrheitsbeschaffer für die
       Grünen stünde seine Partei „nicht zur Verfügung“. Hinterher rückte er aber
       von dieser Festlegung ab. Und wie lange der Spitzenkandidat nach der
       Wahlniederlage vom Sonntag noch etwas zu sagen hat, ist ohnehin offen.
       
       Hinter ihm lauert Thomas Strobl, der Chef der Landespartei. In einer
       Mitgliederbefragung über die Spitzenkandidatur hatte er gegen Wolf
       verloren. Als Vizeministerpräsident in einer Koalition mit den Grünen
       könnte er trotzdem bereitstehen.
       
       13 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Schulze
       
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