# taz.de -- DKP-Chef über die Zulassung zur Wahl: „Antikommunistische Tradition“
       
       > Die DKP darf nun doch zur Bundestagswahl antreten. Parteichef Patrik
       > Köbele freut das – von Versöhnung mit dem bundesdeutschen Staat will er
       > aber nichts wissen.
       
 (IMG) Bild: Ein Jahr nach ihrer Gründung: die DKP im Bundestagswahlkampf 1969
       
       taz: Herr Köbele, das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt, dass die DKP
       doch [1][„eine für die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag
       wahlvorschlagsberechtigte Partei“] ist. Sind Sie nun wieder versöhnt mit
       dem bundesdeutschen Rechtsstaat? 
       
       Patrik Köbele: Na gut, das ändert natürlich nichts daran, dass der
       bundesdeutsche Staat ein Klassenstaat ist. Aber die Justiz hat immer einen
       Doppelcharakter, nämlich einerseits Auswüchse zu verhindern, die vielleicht
       auch machtgefährdend sein können, andererseits hat sie immer auch ein
       Klasseninteresse zu verteidigen. Ich bin nicht versöhnt, aber ich bin froh
       über die Entscheidung.
       
       Die jetzt kassierte [2][Entscheidung des Bundeswahlausschusses], die DKP
       nicht mehr als Partei anzuerkennen, haben Sie mit den Verboten der KPD 1933
       und [3][1956] verglichen. Sind das nicht ziemlich schräge Vergleiche? 
       
       Na ja, ich habe schon unterschieden. Der Unterschied ist selbstverständlich
       ganz dramatisch in der Form. Also es ging bei der Entscheidung des
       Bundeswahlausschusses sicherlich nicht darum, dass man uns mit Gefängnis,
       Folter oder Mord droht. Die Nichtzulassung zu einer Wahl ist
       selbstverständlich etwas ganz anderes, als wenn man uns mit der
       individuellen Existenzvernichtung droht. Doch auch wenn die Methoden
       zivilisierter sind, war das schon der Versuch, die Existenz der
       kommunistischen Partei zu beenden. Das reiht sich dann eben ein Stück weit
       in die traurige antikommunistische Tradition in Deutschland ein. Darauf
       wollte ich hinweisen.
       
       Hätten Sie nicht den ganzen Ärger vermeiden können? Wieso hat die DKP nicht
       einfach ihre Rechenschaftsberichte in den vergangenen Jahren fristgerecht
       eingereicht? 
       
       Das liegt an unserer Struktur. Wir haben 80 buchhaltungspflichtige
       Gliederungen, und die müssen zusammengeführt werden mit einem ganz winzigen
       hauptamtlichen Apparat. Das ist fast nicht zu schaffen. Davon wollen wir
       aber nicht weg, weil wir uns nicht als eine Partei verstehen, wo die
       Zentrale das Geld einkassiert und dann nach Gutdünken die Gliederungen
       vielleicht etwas abkriegen. Das hat für uns etwas mit Demokratie zu tun.
       Aber wir müssen jetzt sicherlich an unseren Strukturen arbeiten, um diese
       offene Flanke, die wir da haben, zu beseitigen. Das wird ein längerer
       Prozess, weil das möglicherweise auch statuarische Auswirkungen hat.
       
       An der öffentlichen Sitzung des Bundeswahlausschusses am 8. Juli haben Sie
       trotz Ladung nicht teilgenommen. Haben Sie die Gefahr, nicht zugelassen zu
       werden, unterschätzt? 
       
       Das ist völlig richtig, damit haben wir nicht gerechnet. Wir hatten uns im
       Vorfeld immer wieder über mögliche Schwierigkeiten erkundigt, aber nichts
       vom Bundeswahlleiter oder der Bundestagsverwaltung gehört, was wir als
       beunruhigend hätten wahrnehmen können. Aus den Akten, die wir inzwischen
       einsehen konnten, geht hervor, dass sich der Bundeswahlleiter mit der
       Bundestagsverwaltung anscheinend über dieses Verfahren abgestimmt hat –
       ohne uns vorzuwarnen. Wir haben unterschätzt, wie ernst man uns
       offensichtlich doch noch nimmt.
       
       Die maoistische MLPD und die trotzkistische Sozialistische
       Gleichheitspartei sind problemlos zur Bundestagswahl zugelassen worden. Was
       haben die besser gemacht als die DKP? 
       
       Das weiß ich nicht.
       
       In den 1970er und 80er Jahren sorgte Ihre Partei immer mal für kleinere und
       größere Schlagzeilen. Im wiedervereinigten Deutschland ist die
       Aufmerksamkeit über die Aktivitäten der DKP dagegen drastisch geschrumpft.
       Was ist es für ein Gefühl, nach so langer Zeit nun plötzlich wieder so in
       der Öffentlichkeit zu stehen? 
       
       Erst einmal ein gutes. Auch Werbung, die aus einem negativen Anlass kommt,
       ist eine Werbung. Das nehmen wir gerne mit.
       
       Die DKP wurde 1968 gegründet. In ihrer Hochphase hatte sie fast 50.000
       Mitglieder. Wie viele sind es heute? 
       
       Knapp 3.000.
       
       Wird die DKP bei der Bundestagswahl flächendeckend antreten? 
       
       Uns fehlen ein paar Bundesländer. Wir haben elf Landeslisten eingereicht.
       In anderen Ländern haben wir zu schwache Strukturen.
       
       Und mit welchem Abschneiden rechnen Sie nun? 
       
       Damit befassen wir uns eigentlich nicht so groß. Unser wahlpolitischer
       Platz ist jetzt sicherlich nicht riesig. Es geht uns darum, unsere Inhalte
       reinzutragen, das heißt: Raus aus der Nato, für Frieden mit Russland und
       der Volksrepublik China sowie gegen die Nutzung der Pandemie für sozialen
       Kahlschlag und Demokratieabbau. Das halten wir für relativ einzigartig im
       politischen Spektrum. Und natürlich kämpfen wir für unsere Stärkung.
       
       28 Jul 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2021/07/cs20210722_2bvc000821.html
 (DIR) [2] https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2021/kw27-pa-bundeswahlausschuss-842552
 (DIR) [3] /Kommunisten-treffen-sich-in-Bremen/!5324061
       
       ## AUTOREN
       
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