# taz.de -- Der Animationsfilm "Kung Fu Panda": Immer voll drauf
       
       > Wenn es gut läuft, können Kung-Fu- und Animationsfilm die Wirklichkeit
       > aussetzen. "Kung Fu Panda" soll die Genres verschmelzen, schöpft die sich
       > daraus ergebenden Möglichkeiten aber leider nicht aus.
       
 (IMG) Bild: Martial-Arts-Dramatik mit Stofftierdramaturgie: "Kung Fu Panda"
       
       Wenn Filmemacher von Familienkino sprechen, heißt das meistens, dass sie
       faule Kompromisse machen mussten. "Eine Familienkomödie" wollte Dreamworks
       mit "Kung Fu Panda" machen, vulgo einen Kung-Fu-Film, bei dem keiner stirbt
       und in dem das Quälen des korpulenten Helden als Gag inszeniert wird.
       Familienkino ist das Joch, unter das immer mehr Animationsfilme gezwungen
       werden. Sie dürfen sich nicht nur an Kinder richten, damit die Eltern gern
       mit reingehen. Die Logik geht dabei zuschanden. Wenn einer vor
       Sterbensangst schreit: "Wir sind alle tot", dann müssen sich nach der
       gewaltigen Explosion alle brav einmal bewegen, damit man sieht, alles lebt.
       
       "Kung Fu Panda" soll also Martial-Arts-Dramatik mit Stofftierdramaturgie
       verbinden. Po, der Held, ist ein tapsiger Panda, der in jedes Fettnäpfchen
       tritt und mit seiner Fettleibigkeit und Langsamkeit das genaue Gegenteil
       der durchtrainierten Kung-Fu-Kämpfer ist. Trotzdem wird gerade er
       auserwählt, den Bösewicht, der das Leben aller bedroht, zu besiegen.
       
       "Ihr seht ja besser aus als eure Actionfiguren", sagt der Panda Po, als er
       zum ersten Mal den vergötterten Kämpfern für das Gute begegnet. Diesen Satz
       löst der Film nicht ein - Parodie erlaubt er sich nur in homöopathischen
       Dosen. Dann allerdings ist er wunderbar. Einmal kämpft Po mit seinem
       Meister mit Essstäbchen um einen Reisball: stakkatohafte, rasend schnelle
       Bewegungen der Arme bei regungslosem Oberkörper, abrupte Wechsel von
       Niederlage und Sieg. Alles, was den visuellen Glamour des Genres ausmacht,
       bei gleichzeitiger Verulkung seiner Argumentation, nämlich dass körperliche
       und geistige Überlegenheit nur durch Kasteiung zu erreichen ist. Statt ein
       Held zu sein, geht es Po darum, sich den Bauch vollzuschlagen.
       
       Kung-Fu-Filme leben davon, dass etwas schneller, stärker, seiltänzerischer
       erfolgt als in der Wirklichkeit. Animationsfilme leben davon, dass sie
       solche Vorgaben nicht interessieren. Die Aussetzung der Wirklichkeit ist
       ein klassisches Gagpotenzial. Eines, das "Kung Fu Panda" selten nutzt. "Wir
       wollten das Genre respektieren und ehren", sagt der Regisseur John
       Stevenson. Und so sind die Bewegungen der Kämpfenden bloß noch schneller,
       ihre Schläge noch zerstörerischer. Animation heißt, sensuelle Erfahrungen
       zu schaffen in einer unrealistischen Umgebung. Bloß zu übertreiben ist ein
       Animationsanfängerfehler.
       
       Wenig überzeugend ist auch die Figurengestaltung. Pos Mitstreiterin Tigriss
       hat rote Augen, einen Bürstenhaarschnitt, der statt an Fell an einen
       Schrubber erinnert, und sie bewegt sich beim Laufen wie eine Raupe: Sie
       zieht sich in der Mitte zusammen und streckt sich dann wieder. Was immer
       diese Figur sein soll, ein Tiger ist sie nicht.
       
       Allein Glaubwürdigkeit aber macht Figuren lebendig. Für Po gelingt dies dem
       herausragenden Synchronsprecher Hape Kerkeling. Er schleimt, er trumpft
       auf, er verzagt, er macht den quälenden Schmerz darüber, als Fettwanst
       gehänselt zu werden, ohne sich wehren zu können, erlebbar. Warum er denn
       die Schikanen und den Schmerz des Kung-Fu-Trainings ausgehalten habe, fragt
       der Meister den plumpen Po. "Weil dieser Schmerz nicht so schlimm ist, wie
       nur ich zu sein." Eigentlich ein klischeeverseuchter Satz. Kerkeling aber
       gelingt es, ein Diktum von Umberto Eco mit Leben zu versehen: Ein Klischee
       ist ein Klischee, tausend Klischees sind die Wirklichkeit.
       
       3 Jul 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Zeyn
       
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