# taz.de -- Die Wahrheit: Salz satt
       
       > Salz und Brot nur bei Einzügen? Von wegen. Hat man einmal eine Falschinfo
       > zu Vorlieben gegeben, wird man nur so überhäuft damit.
       
       Heute wäre er 81 Jahre alt geworden. Aber der große Lyriker, Zeichner und
       Satiriker Fritz Weigle alias F. W. Bernstein ist im Dezember gestorben. Ich
       hatte ihn voriges Jahr kurz nach seinem 80. Geburtstag in Berlin-Steglitz
       besucht. Er zog damals eine Küchenschublade auf und sagte: „Nimm, so viel
       du tragen kannst.“
       
       Fritz hatte sich von seinen Freunden dunkle Schokolade zum Geburtstag
       gewünscht. Sonst nichts. Aber den Freunden kam das zu popelig vor. So
       schenkten sie ihm lauter exotische Sorten – dunkle Schokolade mit Pistazien
       und rotem Pfeffer, mit Mandeln und Nusssplittern, mit Datteln und schwarzer
       Johannisbeer-Füllung. „So etwas esse ich nicht“, sagte Fritz. „Ich mag nur
       einfache dunkle Schokolade ohne Schnickschnack.“
       
       Ich kenne solche Missverständnisse. Ich hatte vor einigen Jahren in
       angetrunkenem Zustand eine Webseite mit allerlei Salzsorten besucht:
       schwarzes Lava-Salz, rotes Salz aus dem Murray River, graues französisches
       Salz … Ein paar Klicks, und schon war es geschehen. Als das Päckchen eine
       Woche später ankam, war ich überrascht. Das alles hatte ich bestellt?
       
       Leider sprach sich die Sache schnell herum, und fortan galt ich als
       Salzliebhaber. Jedes Jahr zu Weihnachten und zum Geburtstag bekam ich Salz,
       zuletzt eine fünfzig Zentimeter hohe Mühle mit Chilisalz. Zu allem
       Überfluss hielten meine Freunde so etwas auch für ein nettes
       Urlaubsmitbringsel. Die Gattin bekam von den Reisenden Marmelade oder
       Marzipanbrote. Ich bekam Salz. Selbst aus Schottland brachte man mir mit
       Heidekraut versetztes Salz mit. Dabei gibt es dort Whisky. Ein Nachbar
       schenkte mir sogar eine Salzreibe.
       
       ## Kolumne hilft nicht
       
       Schließlich schrieb ich an dieser Stelle eine Kolumne über meine
       versehentliche Salzbestellung und schickte sie an alle Freunde und Bekannte
       mit der dringenden Bitte, die Salzlieferungen endlich einzustellen.
       Stattdessen bekam ich nun Pfeffer. Wer hätte gedacht, dass es 3.600 Arten
       Pfeffergewächse gibt. Die meisten davon habe ich inzwischen. Und den
       passenden Mörser auch.
       
       Ich verbreitete daraufhin in meinem Bekanntenkreis die Nachricht, dass ich
       mich neuerdings für Wein interessiere. Das hat aber nur bedingt
       funktioniert. Zwar versiegten die Gewürzpräsente, aber statt der erhofften
       Flaschen Wein schenkte man mir Weinzubehör. Was soll ich mit einem
       elektrischen Korkenzieher? Oder mit einer Plastiktülle, die beim Eingießen
       den Wein lüftet? Am überflüssigsten ist freilich eine Pumpe, um die Luft
       aus einer angebrochenen Flasche herauszupumpen, damit sich der Wein länger
       hält. Das brauche ich nicht, bei mir gibt es keine angebrochenen Flaschen.
       
       Neulich verspeiste ich die letzte Schokoladentafel von Fritz: dunkle
       Schokolade mit Meersalz, wunderbar. Das kann man auch selbst kombinieren.
       Auf diese Weise kann ich meinen Salzvorrat verbrauchen.
       
       4 Mar 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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