# taz.de -- Die Wochenvorschau für Berlin: Utopien von einer besseren Welt
       
       > Housing first heißt es, wenn Obdachlose wieder ein Dach über dem Kopf
       > bekommen. Für das Projekt stehen 6,1 Millionen Euro zur Verfügung.
       
 (IMG) Bild: Das soziale Gesicht Berlins: Katja Kipping (Linke)
       
       Während sich die meisten Berliner:innen nach den letzten sonnigen Tagen
       bald wohl in ihre beheizten – oder auch nicht mehr ganz so sehr beheizten –
       Wohnungen verkriechen, beginnt für wohnungslose Menschen eine besonders
       harte Zeit im Jahr. Der Ansatz Housing First setzt darauf, Wohnungslosen
       zuallererst eine eigene Bleibe zu vermitteln und dann weiter beratend zur
       Seite zu stehen. Das einst als Pilot gestartete Projekt wurde 2021 in
       Berlin verstetigt. 6,1 Millionen sind nun für den Ausbau im Doppelhaushalt
       vorgesehen. Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) will am Montag deshalb
       näher erläutern, was man konkret vorhat.
       
       Im Masterplan gegen Obdachlosigkeit, der noch von der Vorgängerin der
       jetzigen Sozialsenatorin stammt, ist dafür unter anderem eine
       10-Prozent-Quote vorgesehen, die bei Neuvermietungen der landeseigenen
       Wohnungsgesellschaften an Wohnungslose gehen sollen. Klingt nach einer
       guten, fast etwas utopischen Idee. In den rot-grün-roten Koalitionsvertrag
       hat es die Quote jedenfalls nicht geschafft.
       
       Vom Berlin der Gegenwart zu den Schlachtfeldern des Dreißigjährigen Kriegs:
       Das Gorki begeht im Oktober sein 70-jähriges Jubiläum und feierte bereits
       am Sonntag die Premiere von „Mutter Courage und ihre Kinder“.
       Ausschließlich weiblich besetzt, beschäftigt sich der zweite Teil der
       „Kriegstrilogie“ mit Rollenzuschreibungen, Marktmechanismen und
       Überlebenswillen in Zeiten des Krieges. Durchaus, und leider immer wieder,
       aktueller Stoff also. Wer Karten will, sollte sich jetzt bemühen – die
       ersten Vorstellungen diese Woche sind ausverkauft, ab dem 30. Oktober gibt
       es wieder Karten.
       
       Wer nach weiblichen Perspektiven auf unsere Zeit sucht, sollte sich
       spätestens jetzt das Werk der frisch gebackenen Literaturnobelpreisträgerin
       Annie Ernaux nicht mehr entgehen lassen. „Die Jahre“ eignet sich wunderbar
       als Begleitlektüre für die letzten warmen Sonnenstrahlen – oder die erste
       wärmende Kürbissuppe im nicht mehr zu leugnenden Herbst dort draußen.
       
       ## Frauen und Sozialismus
       
       Drei weibliche Ikonen der DDR-Literatur wiederum würdigt Carolin Würfel in
       ihrem neu erschienenen Buch „Drei Frauen träumten vom Sozialismus“. Es geht
       um Christa Wolf, Brigitte Reimann und Maxie Wander, ihre Freundschaft und
       die geteilte Euphorie für die Versprechen des Sozialismus. Würfel hat die
       drei – im besten Wortsinne – Träumerinnen porträtiert und liest daraus am
       Mittwoch im Pfefferberg-Theater.
       
       Im Alltag leider immer noch nicht überwunden, allen starken Frauen zum
       Trotz: Cat-Calling, also die verbale, sexualisierte Gewalt gegenüber
       Frauen. Bereits am Freitag hat eine Kundgebung auf dem Alexanderplatz auf
       diesen Missstand hingewiesen – in Vorgriff auf den Weltmädchentag, der
       alljährlich am 11. Oktober stattfindet. Ins Leben gerufen haben ihn die
       Vereinten Nationen 2011, um auf Barrieren und Gewalt hinzuweisen, mit denen
       junge Frauen weltweit konfrontiert sind. Womit wir wieder am Anfang dieser
       Kolumne wären: Der Schutz von obdachlosen Frauen soll einer der
       Schwerpunkte der Housing-First-Strategie werden, weshalb der Sozialdienst
       katholischer Frauen auch gleich in ihre neu eröffneten Büroräume lädt am
       Montag. Die Utopie von der besseren Welt, sie bleibt das Ziel.
       
       10 Oct 2022
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hanna Fath
       
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