# taz.de -- Doku „Global Home“ im ZDF: Missionarische Konsumkritik
       
       > Eva Stotz ist für die ZDF-Doku „Global Home“ via Couch-Surfing um die
       > Welt gereist. Ein schöner, aber naiver Film über das Teilen von Betten.
       
 (IMG) Bild: Die Autorin besuchte auch Michiko in Japan.
       
       Man muss sich Eva Stotz als glücklichen Menschen vorstellen. So
       beneidenswert unvoreingenommen, wie sie anderen Menschen und Kulturen
       begegnet, so hält sie es auch mit dem Internet und seinen Netzwerken:
       „Irgendwann erzählt mir ein Freund von einem weltweiten Netzwerk von
       gastfreundlichen Menschen. Es heißt CouchSurfing. Man kann über eine
       Webseite Kontakt aufnehmen. Und wenn beide Personen an ihren Computern dann
       das Gefühl haben, man versteht sich und hat sich was zu sagen, kann man
       sich besuchen und umsonst zu Gast sein.“
       
       Und Eva Stotz hat dieses Gefühl zusammen mit Personen aus Bamako in Mali,
       San Francisco, Tokio, Beit Sahour im Westjordanland, Göreme in der Türkei.
       Sie ist zu Gast bei lauter freundlichen, weltoffenen Menschen. Einem
       Tuareg, der als Musikmanager Tuareg-Musiker mit Myspace vertraut macht.
       Einer Biologin, die eine private Initiative für die Wildtiere in Tokio
       gegründet hat. Einer Engländerin, die sich entschieden hat, die
       palästinensische Bevölkerung auf ökologischer Ebene zu unterstützen. Einer
       Carioca, die nach Anatolien gegangen ist, um dort die Tänze der Derwische
       zu erlernen.
       
       Und dem interessantesten unter den Gastgebern: einem jener unter der Sonne
       Kaliforniens milchgesichtigen Computer-Nerds von Palo Alto. Casey Fenton
       sieht in seinem Second-Hand-Look nicht so aus, als sei er 2003, im Jahr der
       CouchSurfing-Gründung, schon im Teenageralter gewesen. Hört man dem
       CouchSurfing-Gründer so zu, sofort möchte man ihn für genau so
       milliardenschwer halten wie seine Web-Guru-Kollegen.
       
       Erst erzählt er (in die Kamera) von seinem großen Glück, Teil einer
       Bewegung zu sein. Dann redet er nicht mehr in die Kamera, sondern zu einem
       anderen Programmierer. Er spricht von der „wichtigsten Strategie“, von der
       „Anweisung des Führungsteams“: „Ich würde sagen, die Marketingabteilung
       sollte überprüfen, in welchen Märkten es gut für uns läuft und in welchen
       nicht. Zum Beispiel in China …“
       
       ## Gemeinnutz geht anders
       
       Gemeinnützigkeit hat einen anderen Sound, und von Eva Stotz hätte man sich
       gewünscht, sie hätte auf die eine oder andere Plattitüde – „Ich suche in
       Städten immer nach Freiräumen, Orten, die ein bisschen unberührter vom
       Konsum sind“ – verzichtet und stattdessen einmal innegehalten.
       
       Es ist ja nicht nur so, dass CouchSurfing offen kommerziellen
       Unternehmungen wie Airbnb aus San Francisco den Weg geebnet hat. Auch das
       Selbstverständnis von CouchSurfing als Hippie-Kollektiv und WG mit
       angeschlossenem Non-Profit-Unternehmen steht längst in der Kritik. Denn was
       ist daran „Non-Profit“, wenn ein Unternehmen in seinen Geschäftsbedingungen
       beansprucht, die Nutzerdaten zu vermarkten? Der
       Bundesdatenschutzbeauftragte berichtet von zahlreichen Beschwerden.
       
       Hätte Eva Stotz also einmal innegehalten und reflektiert, bestimmt hätte
       sie ihr alternatives Reiseverhalten und das der übrigen CouchSurfer nicht
       gleich so missionarisch zur gelebten Konsumkritik überhöhen müssen. Und
       ihre schön gefilmte Reisereportage, ihr Abschlussfilm an der Deutschen
       Film- und Fernsehakademie dffb, hätte mehr sein können als Werbung fürs
       CouchSurfen und die dahinterstehenden Unternehmen.
       
       23 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jens Müller
       
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