# taz.de -- Empfehlung des WWF für Deutschland: Prepare for the bear!
       
       > Bärenbesuche hierzulande nehmen zu, warnt der Umweltverband WWF. Die
       > Leute müssten lernen, stehen zu bleiben, wenn man einem der Tiere
       > begegnet.
       
 (IMG) Bild: Ursus arctos auf Nahrungssuche: Junger Braunbär im Nationalpark Mala Fatra in der Slowakei
       
       BERLIN taz | Nach dem [1][tödlichen Bärenangriff] in Italien fordert die
       Umweltorganisation WWF, sich auf die Rückkehr der Tierart nach Deutschland
       einzustellen. „In Zukunft werden wir bestimmt – das ist wahrscheinlich noch
       eine Weile entfernt – mehr regelmäßige Bärenbesuche in Deutschland haben.
       Und darauf können wir uns jetzt vorbereiten“, sagte WWF-Bärenexpertin
       Sybille Klenzendorf am Mittwoch bei [2][einer Videokonferenz] des Verbands.
       Außer zum Schutz von Weidetieren, etwa durch Zäune, riet sie bereits jetzt
       zur „Vorbereitung der Öffentlichkeit, dass man eben nicht panisch reagiert,
       wenn man wirklich einen Bären trifft“. Vielmehr solle man zunächst ruhig
       stehen bleiben und wenn das Tier stoppt, sich langsam zurückziehen. Bei
       einem Angriff müsse man sich tot stellen.
       
       Der 26 Jahre alte Jogger in der norditalienischen Region Trentino habe das
       nicht beherzigt. „Der hat sich richtig gewehrt, wie man an den Verletzungen
       erkennen kann“, so Felix Knauer, Wildbiologe an der Veterinärmedizinischen
       Universität Wien, der mit Bären in Italien gearbeitet hat. Es sei aber
       sinnlos, gegen solche Tiere zu kämpfen: „Die sind stärker als jeder starke
       Mann.“ Knauer ergänzte, dass im Trentino „nicht wirklich propagiert“ werde,
       sich bei einem Bärenangriff tot zu stellen. Sich flach auf den Bauch zu
       legen, soll dem Tier zeigen, dass man keine Gefahr darstellt. Die
       Braunbärin, die den Jogger Anfang April getötet hat, wollte Knauer zufolge
       ihre Jungen verteidigen. So wie vor zwei Jahren, als sie bereits einen
       Menschen angegriffen habe. Der Wildbiologe kritisierte, im Trentino seien
       zu wenig auffällige Bären „entnommen“ – also zum Beispiel geschossen –
       worden, obwohl die Population mit rund 100 Tieren dafür groß genug sei. Das
       müsse aber mit Bären geschehen, die angreifen, wenn man sie aus kurzer
       Distanz überrascht: „Das ist der Preis, den man in einer Kulturlandschaft
       zahlen muss.“
       
       Als Vorbild nannte Knauer Slowenien, wo mehr als 1.000 Braunbären lebten
       und die Zahl der Tiere pro Fläche sechsmal höher sei. Die Menschen dort
       wüssten, dass man sich bei einem Angriff nicht wehren dürfe. Sie hätten,
       anders als im Trentino, schon lange Erfahrung mit einer stabilen
       Bärenpopulation. „Das andere ist: Die Slowenen schießen halt jedes Jahr
       ziemlich viele Bären, über 100 Bären, was bei 1.000 Bären überhaupt kein
       Problem ist, die Population wächst trotzdem“, so Knauer. Alle Bären, die
       „Probleme mit Menschen machen“ oder Haustiere angreifen, würden getötet.
       Doch auch einige unauffällige Tiere würden geschossen, um die Population zu
       begrenzen. Allerdings seien auch in Slowenien schwere Unfälle möglich. Der
       letzte tödliche Zwischenfall sei 1980 gewesen. Von 2017 bis 2021 wurden
       laut [3][Slovenia Times] 10 Bärenangriffe auf Menschen gemeldet.
       
       In Deutschland gilt der Braunbär als ausgestorben. In den vergangenen 5
       Jahren wurden laut WWF nur ab und zu einzelne Tiere in Bayern nachgewiesen,
       die nicht dauerhaft dort lebten. Vergangene Woche riss ein Bär nach Angaben
       des Bayerischen Landesamts für Umwelt drei Schafe im Landkreis Rosenheim an
       der Grenze zu Österreich. Knauer schätzte, dass in Zukunft ein „paar
       Dutzend Tiere“ im deutschen Alpenraum denkbar seien, die sich dann aber
       mangels Platz zusätzlich in Österreich aufhalten würden. Sie würden „sehr
       sicher“ nicht etwa in den Bayerischen Wald oder den Schwarzwald
       weiterziehen, da es dorthin keine bewaldeten Verbindungskorridore gebe, auf
       die die Art hierzulande angewiesen sei.
       
       Viele Bauern sehen die vergleichsweise tier- und naturfreundliche, aber oft
       nicht sehr lukrative Viehhaltung auf der Weide durch Bären zusätzlich
       gefährdet. Die Schafe in Bayern seien aber schlecht geschützt gewesen vor
       Angriffen durch Raubtiere, sagte Moritz Klose, WWF-Wildtierexperte für
       Deutschland. Elektrozäune und Herdenschutzhunde, die Wölfe abhielten,
       eigneten sich „grundsätzlich“ auch gegen Bären. „Jetzt zeigt sich aber
       auch, dass Bayern da vielleicht von staatlicher Seite das Thema ein
       bisschen versäumt hat in den letzten Jahren.“ Bayerns Ministerpräsident
       Markus Söder (CSU) solle – statt Wolfsabschüsse zu fordern – dafür sorgen,
       dass der Staat die Tierhalter beim Herdenschutz ausreichend berät und auch
       finanziell unterstützt.
       
       Angesichts des Artensterbens sei es „unsere Verantwortung“, das
       Zusammenleben von Menschen und Wildtieren zu ermöglichen, so Klose. „Das
       macht unsere Natur ein Stück weit reicher.“ Bären seien wichtig als
       Verbreiter von Pflanzensamen und zur Regulierung der Populationen ihrer
       Beutetiere, ergänzte Klenzendorf. Weltweit gebe es 200.000 bis 250.000
       Braunbären. In Europa lebten sie vor allem in Rumänien, der Slowakei,
       Slowenien und Skandinavien. Auf den [4][Roten Listen für die ganze Welt und
       Europa] ist der Braunbär als nicht gefährdet eingestuft.
       
       27 Apr 2023
       
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 (DIR) [1] /Baerenangriff-in-Italien/!5924614
 (DIR) [2] https://www.youtube.com/watch?v=dMDptN6RpW0
 (DIR) [3] https://sloveniatimes.com/woman-injured-in-second-bear-attack-in-a-week/
 (DIR) [4] https://www.iucnredlist.org/species/41688/144339998
       
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 (DIR) Jost Maurin
       
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