# taz.de -- Energieversorgung der Ukraine: Windräder gegen russischen Angriff
       
       > Viele Kohlekraftwerke in der Ukraine sind zerstört. Kurzfristig helfen
       > sollen Reparatur-Teile sowie Strom aus der EU, langfristig die
       > Energiewende.
       
 (IMG) Bild: Ein Arbeiter vor einem beschädigten ukrainischen Kraftwerk
       
       BERLIN taz | Werden alte Kohlekraftwerke aus Deutschland abgebaut, um
       künftig in der Ukraine „Dienst“ für den Sieg über Russland zu verrichten?
       „Wir haben sehr gute Kontakte beispielsweise zu [1][RWE]“, sagt Maxim
       Timchenko, Vorstandsvorsitzender von DTEK, einem der größten
       Energiekonzerne der Ukraine.
       
       Er werde im Juni nach Berlin zur Wiederaufbau-Konferenz „URC24“ reisen, um
       mit deutschen Energiemanagern auszuloten, welche Komponenten abgeschalteter
       Kohleblöcke dem [2][angegriffenen Land] helfen können. „Ich will so viele
       Deals wie möglich abschließen“, erklärt der DTEK-Manager. Für politische
       Unterstützungsrhetorik oder Absichtserklärungen sei keine Zeit mehr.
       
       Vor dem Krieg betrieb DTEK Fossilkraftwerke mit einer Leistung von 5.000
       Megawatt, deckte damit gut ein Viertel des ukrainischen Stromverbrauches.
       Seit März aber fliegen die Russen permanent Angriffe gegen Kraftwerke und
       Energie-Infrastruktur der Ukraine, die jüngste Attacke datiert vom 8. Mai:
       Ausgerechnet an jenem Tag, an dem die Ukrainer den Sieg über
       Nazideutschland feierten, schickte der russische Aggressor mehr als 50
       Raketen und unzählige Drohnen auf die Reise, nicht alle konnte die
       ukrainische Abwehr abschießen.
       
       „Fast 90 Prozent unserer fossilen Erzeugerkapazitäten sind aktuell
       zerstört“, sagt Maxim Timchenko. Die Russen hätten ihre Kriegsstrategie
       geändert, „sie versuchen gezielt, unsere gesamte Energie-Infrastruktur zu
       zerstören“. [3][Um so auch die Wirtschaft lahmzulegen], so wohl das Kalkül.
       
       ## Nicht jedes Kraftwerk lässt sich wieder aufbauen
       
       Alle 28 Kraftwerksblöcke, die von DTEK – übersetzt
       „Donbass-Treibstoff-Energie-Gesellschaft“ – betrieben wurden, sind
       zerstört. „Zuletzt konnten wir drei wieder reparieren und ans Netz
       schalten.“ Nicht jedes Kraftwerk lasse sich wieder aufbauen, Maxim
       Timchenko verweist aber auf einen konkreten Plan des Konzerns, bis zum
       kommenden Winter 3.200 Megawatt der zerstörten Leistung wieder ans Netz zu
       bringen.
       
       „Wir haben die personellen und finanziellen Ressourcen, das zu stemmen“, so
       der DTEK-Chef, dessen Unternehmen zum Imperium des ukrainischen Milliardärs
       Rinat Achmetow gehört. Dafür brauche es aber bestimmte Bauteile, die nicht
       handelsüblich und deshalb schwer zu beschaffen sind: Transformatoren,
       Turbinen, Generatoren. Transformatoren beispielsweise müssen bei
       Herstellern wie Siemens extra in Auftrag gegeben werden, bis zur Lieferung
       können zehn Monate vergehen.
       
       Deshalb habe sein Konzern eine Liste mit benötigtem Equipment Partnern in
       Deutschland, aber auch etwa in Rumänien und Bulgarien zukommen lassen.
       Timchenko sagt, dass er mit großer Hoffnung nach Berlin reist. Sinn mache
       der Wiederaufbau aber nur, wenn den Russen nicht sofort eine neuerliche
       Zerstörung gelinge.
       
       Timchenko: „Zerstören, wieder aufbauen, neuerlich angreifen und zerstören –
       wir müssen diesen Kreislauf durchbrechen!“ Deshalb fordert er mehr
       geeignete Waffen, um den ukrainischen Luftraum, in dem es täglich
       Raketenalarm gibt, besser schützen zu können. Um den Strombedarf aktuell
       decken zu können, hat die DTEK-Tochter D.Trading ihren Einkauf in
       europäischen Ländern erheblich erhöht: 46 Prozent jenes Stromes, mit dem
       der Konzern seine Kunden beliefert, sind derzeit „made in EU“.
       
       Immerhin läuft der Austausch mit dem Stromnetz der EU einwandfrei, wie
       Mariia Tsaturian, Sprecherin des Übertragungsnetzbetreibers Ukrenergo,
       berichtet: „Um Schwankungen auszugleichen, werden Stromnetze nie national
       betrieben, das ukrainische war mit dem russischen verbunden.“
       
       Doch dann kam der russische Überfall und mit diesem wurden auch alle
       Stromleitungen gekappt. „Seit 16. März 2022 ist die Ukraine mit dem
       Stromnetz der EU verbunden“, zwar noch im Testbetrieb, aber die Perspektive
       sei klar. „Wenn wir genug Strom produzieren, können wir stündlich 100
       Megawatt in die EU exportieren“, so Tsaturian.
       
       Das allerdings wird erst nach Kriegsende der Fall sein. Immerhin könnte das
       dann klimafreundlicher Strom sein, denn Unternehmen wie DTEK bauen die
       Erneuerbaren massiv aus. „In Kooperation mit dem dänischen Vestas-Konzern
       entsteht derzeit in Tyligulska ein Windpark mit knapp 400 Megawatt
       Leistung“, sagt Konzernchef Timchenko.
       
       Zwar können Raketen auch Windräder zerstören. Die Strategie des Investments
       liegt aber auf der Hand: Fossilkraftwerke sind kleine Einheiten mit großer
       Leistung, in Windparks hingegen arbeiten kleine Einheiten auf großer
       Fläche, die viel aufwändiger zu zerstören sind.
       
       Zwei weitere Windfarmen hat DTEK in seinem Businessplan stehen, „bis Ende
       2026 sollen 2.600 Megawatt dazukommen“, so Timchenko. Aktuell würden 50
       Prozent des in der Ukraine produzierten Stroms aus Atomkraftwerken kommen,
       35 Prozent aus regenerativen Quellen – nur der Rest kommt noch aus Kohle.
       
       16 May 2024
       
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