# taz.de -- Falsche Behauptung der Agrarministerin: Ist Klöckner die deutsche Trump?
       
       > Die Agrarministerin habe im Streit über ihre Pestizidpolitik die
       > Unwahrheit gesagt, so Umweltschützer. Für einen Widerruf fehle ihr der
       > Anstand.
       
 (IMG) Bild: Die Ananas auf der Plantage in Costa Rica sind für den Export bestimmt
       
       BERLIN taz | Die Umweltorganisation Global 2000 wirft Bundesagrarministerin
       Julia Klöckner vor, Methoden von US-Präsident Donald Trump anzuwenden. Die
       CDU-Politikerin habe ein Statement über ihre Pestizidpolitik verbreitet,
       das sich dann als falsch herausgestellt habe. Statt es eindeutig zu
       widerrufen, habe sie lediglich von ihr sogenannte „Ergänzende Fakten“
       nachgeliefert, die ihrer ursprünglichen Aussage widersprechen. Das erinnere
       „an die ‚alternativen Fakten‘ von Donald Trump“, sagte Helmut
       Burtscher-Schaden, Biochemiker des österreichischen Verbandes, der taz.
       
       [1][Die taz] und in einem eigenen Report die Organisation [2][Corporate
       Europe Observatory] hatten berichtet, dass sich Klöckner für neue Regeln
       eingesetzt hat, die die Genehmigung von Lebensmitteleinfuhren mit
       bestimmten Pestiziden ermöglichen könnten. Diese Wirkstoffe dürfen in der
       EU nicht gespritzt werden, weil sie Krebs verursachen, das Erbgut
       schädigen, die Fortpflanzung beeinträchtigen oder das Hormonsystem stören.
       
       Die [3][Ministerin dementierte], dass sie dafür gekämpft habe, Einfuhren
       mit solchen Pestiziden zu ermöglichen. Das wollte sie vor allem mit der
       Behauptung belegen, dass die Behörden Anträge auf Einfuhrgenehmigungen für
       solche Waren bereits prüften, aber immer abgelehnt hätten. Den taz-Artikel
       nannte Klöckner „[4][tendenziös]“. Renate Künast warf sie vor,
       [5][Nährboden für „Hate Speech“] zu bereiten, weil die Grünen-Politikerin
       den Artikel verbreitet hatte.
       
       Eine Antwort der EU-Kommission auf eine Anfrage von Global 2000 zeigt nun
       aber, dass bislang kein einziger Antrag für Importe von Lebensmitteln mit
       den betroffenen Pestiziden auf ihre Risiken geprüft worden ist. Demnach
       wurden bis jetzt auch nur sehr wenige Wirkstoffe wegen der
       Gesundheitsgefahren verboten: „Bisher ist die Zulassung von 5 Wirkstoffen
       nicht erneuert worden, weil sie die gesundheitsbezogenen
       Ausschlusskriterien der [6][EU-Verordnung (zur Pestizidzulassung)] Nummer
       1107/2009 erfüllten: Linuron, Iprodion, Propiconazol, Chlorothalonil und
       Thiacloprid“, teilte die zuständige Generaldirektion Gesundheit mit.
       
       ## EU-Kommission widerspricht Klöckner
       
       Auf die Frage, für wie viele dieser Wirkstoffe nach deren Verbot eine
       Risikoprüfung zur Festlegung eines Grenzwertes für Importe stattfand,
       antwortete die Behörde: „Für keinen. Keine solche Anträge wurden gestellt,
       oder sie wurden vom Antragsteller zurückgezogen.“
       
       Das Agrarministerium hatte nach einem weiteren Bericht der taz bereits
       eingeräumt, dass Importtoleranzen „[7][auf EU-Ebene]“ weder abgelehnt noch
       festgesetzt worden seien. Ebenfalls „auf EU-Ebene“ wären solche Anträge
       nicht genehmigungsfähig. Aber dieses Statement, das nicht „Korrektur“,
       sondern „Ergänzende Fakten“ betitelt war, ließ offen, ob vielleicht ein
       Mitgliedstaat einen solchen Antrag geprüft hat. Mit der Auskunft der
       EU-Kommission ist auch das ausgeschlossen.
       
       ## „Alternative Fakten“
       
       „Die Auskunft der EU-Kommission zeigt, dass Frau Klöckner beziehungsweise
       ihr Ministerium die Unwahrheit gesagt haben“, erklärte Umweltschützer
       Burtscher-Schaden. Er kritisierte, dass das Ministerium sein altes
       Statement nicht widerrufen hat. Das müsse jeder tun, wenn er eine falsche
       Information verbreitet und „noch einen Funken Anstand“ habe. „Die haben
       aber gesagt: ergänzende Fakten. Das sind Zustände, wie sie leider in den
       USA politische Realität sind, seit der Trump an der Macht ist, aber wie man
       sie eigentlich in Deutschland nicht gerne hat. Es ist schlimm zu sehen, wie
       rasch diese politische Kultur auch Europa ansteckt“, so der Umweltschützer.
       
       Dennoch ließ Klöckners Ministerium seine Stellungnahme unverändert: Es habe
       ja schon „deutlich gemacht, dass eine ursprünglich getroffene Aussage so
       nicht zutreffend ist“.
       
       27 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Essen-mit-gefaehrlichen-Pestiziden/!5663710/
 (DIR) [2] https://corporateeurope.org/en/2020/02/toxic-residues-through-back-door
 (DIR) [3] /Agrarministerin-zu-Essen-mit-Pestiziden/!5665146/
 (DIR) [4] https://twitter.com/JuliaKloeckner/status/1229475386284793857?s=20
 (DIR) [5] https://twitter.com/JuliaKloeckner/status/1229648590085160960?s=20
 (DIR) [6] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX%3A32009R1107
 (DIR) [7] https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/2020/2020-2-R%C3%BCckst%C3%A4nde-von-Pflanzenschutzmitteln.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
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