# taz.de -- Finale der Netflix-Serie „Dark“: Raum, Zeit, Ego
       
       > Die erste deutsche Netflix-Serie hat ihr Ende gefunden. „Dark“
       > hinterlässt aber etwas: eine Fankultur, die über die Geschichte
       > hinausdenkt.
       
 (IMG) Bild: Martha (hier Lisa Vicari) spielt mit den Zeitabläufen
       
       Fans von „Dark“ kennen das: Nur weil man weiß, was in der Zukunft passiert,
       hat man noch lange nicht das große Ganze verstanden. Und trotzdem gibt es
       hier erst mal keine Spoiler zum Ende der dritten und letzten Staffel. Nur
       so viel: Weniger kompliziert wird’s nicht mehr.
       
       Für alle, die jetzt erst einschalten (alle anderen bitte zwei Absätze in
       die Zukunft springen): [1][„Dark“ war die erste deutsche Serienproduktion
       für Netflix]. Erdacht von Jantje Friese und Baran bo Odar, und gestartet
       Ende 2017 spielt die Serie in einem Universum, das räumlich winzig ist – es
       existiert dort nur eine Kleinstadt –, aber durch Zeitreisen gigantisch und
       komplex wird.
       
       Die erste Staffel gewann 2018 einen Grimme-Preis in der Kategorie Fiktion,
       und das zu Recht. Selbst wer mit Mystery und Sci-Fi nichts anfangen kann,
       wird zugeben: In Sachen Production Value, also handwerklich-ästhetischer
       Anspruch, [2][übertrifft „Dark“ fast alles, was vorher aus Deutschland
       kam].
       
       Nun ist es also vorbei. Am Samstag hat Netflix die letzten acht Folgen
       freigeschaltet. Die Welt ist mittlerweile hochkomplex, und Jonas (u. a.
       Louis Hofmann) und Martha (u. a. Lisa Vicari) wollen sie jeweils auf ihre
       Weise wieder vereinfachen, sie nennen es „retten“. Aber auf mittlerweile
       sechs Zeitebenen in zwei alternativen Dimensionen ist das nicht so leicht.
       Kein Schritt führt dahin, wo er sollte. Vor allem, da nunmehr ein Dutzend
       Figuren vorwärts und rückwärts in die Zeit eingreifen.
       
       ## Höchste Zeit, zum Ende zu kommen
       
       Die finale Staffel wird daher zu einer Parabel über gesellschaftliche
       Systeme und das Ego. Nichts lässt sich verändern, so der Gedanke, wenn jede
       und jeder auf seinem System von gut und richtig beharrt und es immer wieder
       reproduziert. Jemand muss die eigene Schleife durchbrechen – anstatt immer
       die der anderen.
       
       Auch für „Dark“ war es höchste Zeit, zum Ende zu kommen. Die
       Erkennungszeichen der Serie wurden repetitiv und mühsam. Immer neue
       Plottwists, ständige Nicht-Erklärungen, bedeutungsschwere Sprüche; dauernd
       sagt jemand „Ich habe lange auf diesen Moment gewartet“. Und der innovative
       Soundtrack aus Synthesizer-Blech und ahnungsvollem Tröten hat langsam nur
       noch genervt.
       
       Aber sei’s drum – hier hat eine deutsche Produktion mal Sci-Fi mit
       beachtlichem World Building geschaffen. Hat Fans animiert,
       Relationsdiagramme zu malen und im Netz Theorien zu diskutieren. Noch dazu
       in diversen Sprachen. Das ist ein Erfolg. „Dark“ hat geschafft, was für
       Serien mittlerweile Anspruch sein muss: das Publikum zu aktivieren, über
       die Geschichte hinauszudenken. Und damit könnte auch das Ende wieder ein
       Anfang sein.
       
       28 Jun 2020
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Weissenburger
       
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