# taz.de -- Frauenfinale der Australian Open: Wirklich ein neues Niveau
       
       > Premiere im Frauenfinale: Aryna Sebalenka gewann bei den Australian Open
       > ihren ersten Grand Slam. Wimbledon-Siegerin Rybakina war die Unterlegene.
       
 (IMG) Bild: Angespannt, kräftig, erfolgreich: Aryna Sabalenka
       
       Sie liebt das Schrille, das Extrovertierte: Aryna Sabalenka ließ sich am
       Tag nach dem größten Sieg ihrer Karriere mit dem Siegerpokal der
       Australian Open in den Armen in einem auffällig verzierten rosa Kleid und
       in blauen Stöckelschuhen ablichten. Diese obligatorischen Siegerfotos, in
       Melbourne werden sie jedes Jahr mit den Champions im Royal Botanic Gardens
       Victoria geschossen, sind für die Hauptpersonen eigentlich immer ein
       bisschen lästig. Jedenfalls für die meisten Tennisprofis. Aber nicht so für
       Sabalenka. Die laute Belarussin, die als neutrale Athletin in Australien
       angetreten war, genoss die Show. Sie posierte geradezu für die
       Fotografenschar. Für ein Motiv legte sie sich lasziv in eine Gondel, die am
       Ufer des Yarra-Rivers auf sie wartete. Inklusive Gondoliere.
       
       Willkommen in der Welt von [1][Aryna Sabalenka]. „Ich mag das Posieren –
       besonders als Grand-Slam-Champion. Es ist der beste Morgen meines Lebens“,
       sagte die Belarussin am Sonntagmorgen australischer Zeit freudestrahlend:
       „Ich fühle mich immer noch wie auf einem anderen Planeten.“
       
       Zum ersten Mal hat die 24-Jährige eines der großen vier Grand-Slam-Turniere
       gewonnen. Das Finale gegen [2][Jelena Rybakina] aus Kasachstan war eines
       der besten Frauen-Spiele seit Jahren. In drei hochklassigen Sätzen
       demonstrierten beide Athletinnen wirklich ein neues Niveau. Einerseits,
       weil die Schlaghärte so enorm war, andererseits weil sowohl Sabalenka als
       auch Rybakina eine ungeheure mentale Resilienz an den Tag legten.
       
       Dass es am Ende eine Siegerin geben musste, war eigentlich schade. Die
       Belarussin gewann schließlich mit 4:6, 6:3 und 6:4. Um Nuancen war sie
       besser. Zum Beispiel in der Anzahl der „Winner“. Sage und schreibe 51
       dieser bei Tennisprofis so beliebten frei erzielten Punkte erzielte sie.
       Dazu kamen 17 Asse. Das sind die Werte eines Grand-Slam-Champions. Hinzu
       kam bei Sabalenka eine große Portion Willenskraft. Sie arbeitete sich in
       das Finale hinein, brüllte auch mal laut auf dem Court, Sabalenka ist eine
       Emotionsspielerin. Kein Zufall, dass sie sich auf den linken Unterarm
       einen Tigerkopf tätowiert hat.
       
       Ganz anders Rybakina, die immer ruhig und besonnen rüberkommt. Im Spiel
       hatte sie aber mehr zu bieten. Die 23-Jährige zeigte mal ihren guten Touch
       und rückte ans Netz vor. Eigentlich ist sie als Spielerin variabler als
       Sabalenka. Im Endspiel von Melbourne war das aber nur in den ersten
       anderthalb Sätzen zu beobachten. Rybakina war immer auf die schnellen
       Punkte aus. Das klappte lange gut, aber mit der Zeit hatte ihre Gegnerin
       vor allem wirkungsvollere Antworten auf die Aufschläge der
       Wimbledon-Siegerin.
       
       64 Prozent ihrer ersten Aufschläge waren für Sabalenka im ersten Satz nicht
       zu returnieren. Die Quote sank aber immer mehr. Es entwickelten sich
       dadurch längere Ballwechsel. Die Belarussin war darauf besser eingestellt.
       Sie wirkte am Ende körperlich fitter, kratzte viele Bälle aus den Ecken und
       hielt die Rallys dadurch offen. Nicht selten beendete Sabalenka diese mit
       ihrer Vorhand und druckvollen Schlägen die Linie entlang. Als sie endlich
       ihren vierten Matchball verwandeln konnte, sank sie auf den blauen
       Hardcourt-Boden in der Rod-Laver-Arena und hielt sich ungläubig beide Hände
       vor ihr Gesicht. Sie weinte und schien ihr Glück kaum fassen zu können.
       Dann sammelte sie sich kurz, erhob sich und ging ganz langsam und immer
       noch kopfschüttelnd zum Handshake ans Netz.
       
       Außer über den ersten großen Titel und das Preisgeld von umgerechnet rund
       1,95 Millionen Euro darf sich Sabalenka jetzt auch über den Aufstieg auf
       Platz zwei der Weltrangliste freuen. Ganz vorn thront immer noch die Polin
       Iga Swiatek, die hier in Melbourne schon im Achtelfinale ausgeschieden war.
       Ein Major-Turnier zu gewinnen sei „nicht das letzte Ziel auf meiner Liste“,
       kündigte Sabalenka nach dem Finale schon mal an. Danach nippte sie in der
       Pressekonferenz an einem Glas Champagner. „Das ist ein Guter, das wird noch
       lustig heute“, sagte sie noch.
       
       29 Jan 2023
       
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