# taz.de -- Früherer Premierminister verurteilt: Sensationsurteil in Kuala Lumpur
       
       > Der vor zwei Jahren abgewählte Premierminister Najib Razak wird der
       > Korruption für schuldig befunden. Er soll für zwölf Jahre ins Gefängnis.
       
 (IMG) Bild: Der ehemalige malaysische Premierminister Najib Razak am Dienstag im Gerichtsgebäude
       
       BERLIN taz | Die Überraschung ist perfekt: Malaysias ehemaliger Premier-
       und Finanzminister [1][Najib Razak] ist am Dienstag von einem Gericht in
       der Hauptstadt Kuala Lumpur wegen Korruption zu zwölf Jahren Gefängnis
       verurteilt worden. Er war im Zusammenhang mit dem Milliardenskandal um den
       von ihm 2009 gegründeten Staatsfonds 1MDB wegen Vertrauensbruch, Geldwäsche
       und Machtmissbrauch angeklagt worden. Derzeit laufen noch weitere Verfahren
       gegen ihn im Zusammenhang mit 1MDB.
       
       Der als historisch geltende Prozess war als Lackmustest für die
       Antikorruptionspolitik Malaysias angesehen worden. „Für die Mehrheit der
       #Malaysier ist das der ‚neue Tag für Malaysia‘, weil der Aufschrei gegen
       Machtmissbrauch gehört wurde. Das ist auch der Start eines langen Prozesses
       von Berufungen & zwei weiteren Verfahren, die das Land spalten und
       politische Konsequenzen haben werden“, twitterte die Malaysiaexpertin
       Bridget Welsh nach dem Urteil aus Kuala Lumpur.
       
       Der 67-jährigen [2][Najib] wurde in dem ersten von mehreren Verfahren zudem
       zu einer Geldstrafe von 41,8 Millionen Euro verurteilt. Najib kündigte
       unmittelbar nach dem Schuldspruch Berufung vor einem Bundesgericht an. Das
       Strafmaß war erst einige Stunden nach dem Urteil verkündet worden.
       
       ## Bis zu 4,5 Milliarden Dollar veruntreut
       
       Aus dem Staatsfonds 1MDB, mit dem die Wirtschafts des Landes gefördert
       werden sollte, waren während der Regierungszeit von Najib umgerechnet rund
       4,5 Milliarden Dollar veruntreut worden. Verwickelt in den Megaskandal sind
       der Finanzier Jho Low, Najibs Gattin Rosmah Mansor, sein Stiefsohn Riza
       Aziz sowie das Bankhaus Goldman Sachs.
       
       Die Investmentbanker aus New York hatten in der vergangenen Woche in einer
       außergerichtlichen Einigung der Rückzahlung von 3,9 Milliarden US-Dollar an
       Malaysia zugestimmt. Im Gegenzug lässt Malaysias Regierung ihre Klage gegen
       die Bank fallen. Goldman Sachs hatte im Auftrag der Regierung Najib auf den
       Finanzmärkten die Mittel für 1MDB akquiriert.
       
       Die 1MDB-Milliarden waren über dunkle Kanäle auf Offshore-Konten geleitet
       worden, zum Teil aber auch auf Privatkonten von Najib gelandet. Das dortige
       Geld erklärte er mit Privatspenden aus Saudi-Arabien.
       
       Der flüchtige Jho Loo, der als Berater bei der Gründung von 1MDB eine
       zentrale Rolle spielte, zweigte Millionen für Luxusimmobilien, eine
       opulente Yacht sowie für Picasso-Gemälde ab.
       
       Najibs Stiefsohn Riza Aziz nutzte das 1MDB-Geld ausgerechnet für die
       Mitfinanzierung des Hollywood-Blockbusters „The Wolf of Wall Street“,
       [3][seine Mutter und zugleich Najibs Ehefrau Rosmah Mansor gönnte sich
       Juwelen für ein Luxusleben].
       
       ## Finanzskandal hat Regierungspartei gespalten
       
       [4][Über den 1MDB-Skandal stürzten bei der Parlamentswahl 2018 Najib und
       seine seit der Gründung Malaysias 1957 regierende malaiisch-islamische
       Partei Umno.] Erstmalig übernahm die multireligiöse und multiethnische
       Opposition die Macht.
       
       Doch im Februar dieses Jahres wurde der zum Reformpremierminister
       gewandelte und lange Jahre amtierende Vorvorgänger Najibs, [5][Mohammed
       Mahathir], durch einen politischen Staatsstreich unter Führung des jetzigen
       Premierministers Muhyiddin Yassin mit Hilfe der alten korrupten Elite der
       Umno und der islamistischen Partei PAS gestürzt.
       
       Im Parlament verfügt der 73-jährige Muhyiddin jedoch nur über die knappe
       Mehrheit von zwei Stimmen. Er ist eine schillernde Figur und hatte
       jahrelang hohe Posten in der Umno inne, zuletzt gar als Vizepremier und
       damit als Stellvertreter von Najib.
       
       2015 wurde Muhyiddin jedoch wegen seiner Kritik an Najibs offensichtlicher
       Verwicklung in den Skandal um den Staatsfonds aus dem Kabinett und dann
       2016 der Umno geworfen. Darauf gründete er zusammen mit Mahathir die neue
       Partei Bersatu.
       
       Als korruptionsfreie Version der Umno soll Bersatu die Vorrangstellung der
       Bevölkerungsmehrheit der islamischen Malaien gegenüber den
       Minderheitsethnien und -religionen sichern.
       
       Najibs politische Karriere aber ist jetzt endgültig am Ende. Bridget Welsh
       twitterte: „Das Urteil schließt die Tür für ein politisches Comeback von
       Najib.“
       
       28 Jul 2020
       
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