# taz.de -- Japanische Kriegsverbrechen: Streit um Zwangsprostitution
       
       > Ein Video zeigt erstmals koreanische „Trostfrauen“ im Zweiten Weltkrieg.
       > Er bestärkt Südkoreas Regierung, ein Abkommen mit Tokio abzulehnen.
       
 (IMG) Bild: Diese von Aktivisten errichtete Statue vor Japans Botschaft in Seoul erinnert an die Zwangsprostituierten
       
       SEOUL taz | Es ist ein nur [1][18-sekündiges Video], das die historischen
       Wunden der koreanischen Volksseele wieder aufreißt: Forscher der Seouler
       Nationaluniversität haben letzte Woche Filmaufnahmen in US-Archiven
       ausgegraben, auf denen sieben hagere Frauen zu sehen sind, ihre Füße nackt,
       die Gesichter verängstigt.
       
       Bei dem 1944 in einem US-Camp gedrehten Material soll es sich um die ersten
       Bewegtbilder sogenannter Trostfrauen handeln. 200.000 Frauen, meist
       Koreanerinnen, wurden während des Zweiten Weltkriegs von Japans Armee als
       Zwangsprostituierte aus den Kolonialgebieten rekrutiert – oft mit Gewalt
       oder unter falschen Versprechen.
       
       Bislang war das Schicksal der „Trostfrauen“ zwar hinlänglich durch Fotos
       und Zeitzeugenberichte dokumentiert. Die Videoaufnahmen heizen jedoch die
       jahrzehntealte, in Südkorea nie verstummte Debatte erneut an.
       
       Dabei hatte erst 2015 die damalige Präsidentin Park Geun Hye mit Japans
       Ministerpräsident Shinzo Abe ein Abkommen vereinbart, das den historischen
       Zwist „abschließend und irreversibel“ beilegen solle. Japans Regierung
       verpflichtete sich, umgerechnet 8 Millionen Euro an einen Fonds für die
       „Trostfrauen“ zu spenden.
       
       ## Vielen Südkoreanern reichen Japans Schritte nicht
       
       Auch wenn einige der betroffenen Frauen die Einigung annahmen, lehnte die
       koreanische Zivilgesellschaft den Deal ab: Jeden Mittwoch fordern
       „Trostfrauen“-Aktivisten vor Japans Botschaft in Seoul, dass Tokio die
       „vollständige rechtliche Verantwortung übernehmen“, „sich offiziell
       entschuldigen“ und die Gräuel auch in Schulbüchern nicht herunterspielen
       solle.
       
       Aktivisten stellten sogenannte Mädchenstatuen vor Japans Botschaft in
       Seoul, dem Konsulat in Busan sowie mehreren US-Städten auf. Regelmäßig
       schalten sie in internationalen Tageszeitungen Anzeigen, die Willy Brandts
       Kniefall in Warschau zeigen.
       
       Eine ähnlich starke Geste wollen sie von Abe sehen – auch wenn der
       historische Vergleich hinkt, wenn man die Singularität des Holocaust ernst
       nimmt.
       
       ## Moon spricht mit Abe in Hamburg
       
       Südkoreas im Mai gewählter Präsident Moon Jae In setzt sich seit Jahren für
       die Anliegen der linken Zivilgesellschaft ein. Bei seinem ersten Treffen
       mit Shinzo Abe am Rande des Hamburger G20-Gipfels am Freitag machte er
       deutlich, dass die Koreaner die Einigung unter seiner Vorgängerin
       „emotional“ nicht akzeptieren können.
       
       Das Wort „Neuverhandlung“ vermied Moon aber. Stattdessen äußerte er den
       Wunsch, dass der Zwist die Kooperation der beiden Nachbarstaaten nicht
       lähmen solle.
       
       Damit spielt Moon vor allem auf die Bedrohung durch Nordkorea an, die einen
       engeren Austausch der zwei US-Alliierten erfordert. Zudem würden beide vom
       Ausbau gegenseitiger Handelsbeziehungen profitieren.
       
       Innenpolitisch bleiben die „Trostfrauen“ aber ganz oben auf Moons Agenda:
       Seine frisch ernannte Ministerin für Gleichberechtigung, Chung Hyun Back,
       kündigte in ihrer ersten Amtshandlung am Montag an, in Seouls Innenstadt
       ein Gedenkmuseum für die „Trostfrauen“ errichten zu wollen.
       
       Für die Betroffenen kommt eine Einigung ohnehin zu spät. Schließlich leben
       nur noch etwa 30 der registrierten „Trostfrauen“.
       
       11 Jul 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.bbc.com/news/av/world-asia-40552914/comfort-women-first-known-footage-emerges-in-south-korea
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fabian Kretschmer
       
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