# taz.de -- Köln-„Tatort: Kein Mitleid, keine Gnade“: Mottenkiste der Stereotype
       
       > Die Kommissare Ballauf und Schenk ermitteln dieses Mal an einem
       > Gymnasium. Es geht um homophobe Mitschüler, Dating-Apps und leider um
       > alte Klischees.
       
 (IMG) Bild: Schlägerei in der Schule, doch worum geht's?
       
       „Diese Welt ist nicht für uns gemacht. Wir sind für sie gemacht“,
       [1][sinniert Kommissar Max Ballauf] (Klaus J. Behrendt) am Ende des Kölner
       Tatorts. Da ist der Mordfall schon aufgeklärt, die Kollegen haben gerade
       für dessen Partner Freddy Schenk (Dietmar Bär) gesungen, der Geburtstag
       hat. Und die beiden zweifeln an der Aufrichtigkeit dieser kollegialen
       Geste.
       
       Mit dieser „Welt“ meint Ballauf den eigenen Arbeitsplatz, wo man über
       Kollegen lästert und ihnen später doch in aufgesetzter Herzlichkeit
       gratuliert. Ballauf und Schenk wollen sich nicht anpassen. Sie sind
       ehrliche Häute. Auch wenn die soziale Norm bei der von Konkurrenz geprägten
       Polizei die bösen anderen begünstigt.
       
       Das Motiv der gesellschaftlichen Norm und Anpassung zieht sich auch sonst
       als roter Faden durch die Episode: Der Abiturient Jan wird leblos und nackt
       am Rheinufer vor einer verlassenen Villa gefunden – weil er als schwuler
       junger Mann seine sexuelle Orientierung nicht offen ausleben konnte und
       sich in der Villa mit anderen jungen Männern getroffen haben soll.
       
       ## Das homophobe Sportass
       
       Die Suche nach dem oder der Mörderin [2][führt die Ermittler] in das
       Gymnasium von Jan. Hier zeigt sich der Anpassungsdruck dann mit aller
       jugendlich-unaufgeklärter Härte: Paul, ein Freund und eine potenzielle
       Liebschaft von Jan, ist erschüttert über den Verlust. Immerzu den Tränen
       nahe wird er von ehemaligen Freunden als „Schwuchtel“ geschmäht und
       körperlich angegangen. Am homophobsten tritt das Sportass und die
       intellektuelle Null Robin auf, der vor Freundinnen damit prahlt, zur
       U19-Fußballnationalmannschaft berufen worden zu sein.
       
       Hat er Jan getötet? Oder war es doch ein Mitschüler, mit dem sich Jan in
       der Villa getroffen hat – und der nicht wollte, dass Jan ihn outet? Oder
       war es der Sanitäter Farid, der in der Schule Erste-Hilfe-Kurse gibt? Der
       hat zwar eine Freundin, nutzt aber eine Dating-App für Schwule. Irgendwas
       kann da doch nicht stimmen!?
       
       Dass sich der „Tatort“ gelegentlich in Gesellschaftskritik übt, ist nicht
       neu. Der sonntagabendliche Volkssport des durchschnittlichen Deutschen wäre
       aber nicht ebenjener, wenn er nicht auch regelmäßig in die Mottenkiste der
       Stereotype greifen würde. Denn natürlich hat der schwule Sanitäter Farid
       einen strengen, muslimischen Vater, dem die Homophobie möglicherweise qua
       Herkunft in die DNA geschrieben ist – und der lieber stirbt, statt das
       Schwulsein seines Sohns zu ertragen.
       
       12 Jan 2020
       
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