# taz.de -- Krieg im Gazastreifen: Ein Grab für Journalist*innen > Palästinensische Reporter*innen berichten aus dem Gazastreifen von > Blutvergießen und Zerstörung. Dutzende wurden dabei selbst getötet. (IMG) Bild: Al-Jazeera-Korrespondent Wael Al-Dahdouh trauert um seine engsten Angehörigen, die bei einem israelischen Bombenangriff ums Leben kamen FRANKFURT taz | Seit Ausbruch des [1][Israel-Palästina-Kriegs] sind so viele Journalist*innen gestorben wie in keinem anderen Konflikt im selben Zeitraum. Es sei der tödlichste Konflikt für die Presse, den das Komitee zum Schutz von Journalist*innen (CPJ) [2][je dokumentiert habe], teilte die Organisation mit. Laut dem in den USA ansässigen CPJ sind seit Beginn des Krieges 64 Journalist*innen getötet worden, darunter 57 Palästinenser*innen, drei Libanesen*innen und vier Israelis. Das CPJ [3][schließt Journalist*innen nicht ein], wenn es Beweise gibt, dass sie im Auftrag militanter Gruppen handelten. Berichterstatter*innen im Gazastreifen sind besonders gefährdet. Reporter ohne Grenzen (RoG) zählt [4][14 Journalist*innen in Gaza], die seit dem 7. Oktober bei der Ausübung ihrer Arbeit getötet wurden. Die meisten wurden zusammen mit ihren Familien getötet, bei israelischen Angriffen auf ihre Häuser, so RoG. Unklar ist laut CPJ, ob die Streitkräfte sie gezielt angriffen, weil sie über den Krieg berichteten. Samer Abu Daqa, Kameramann von Al Jazeera, starb am vergangenen Freitag während seiner Arbeit durch einen Drohnenangriff. Gemeinsam mit seinem Kollegen Wael al-Dahdouh wollte er über die Folgen der israelischen Angriffe auf eine UN-Schule im Zentrum von Chan Junis im Süden des Gazastreifens berichten. In der Schule waren Vertriebene untergebracht. Ein Geschoss, vermutlich abgefeuert von einer israelischen Drohne, verwundete sie, berichteten Al Jazeera und Middle East Eye. ## Enorm bedroht Der Kameramann sei gemeinsam mit anderen verletzten Zivilist*innen in der Schule eingeschlossen gewesen und nicht sofort evakuiert worden, später erlag er seinen Verletzungen. Laut Al-Jazeera-Reporter Hisham Zaqqout hatten israelische Streitkräfte die Schule umstellt und die Sanitäter*innen konnten deshalb nicht helfen. Al-Dahdouh, der Leiter des Gaza-Büros von Al Jazeera, wurde von einem Schrapnell getroffen und zur Behandlung in das Nasser-Krankenhaus in Chan Junis gebracht, wie aus einem Video von Al Jazeera hervorgeht. Er ist einer der bekanntesten Journalist*innen in Gaza, verlor bei einem früheren israelischen Bombenangriff seine Frau, seinen Sohn, seine Tochter und seinen Enkel. „Wir werden weiterhin unsere Pflicht mit Professionalität und Transparenz erfüllen“, sagte Al-Dahdouh bei der Trauerrede für Abu Daqa, zitiert von Al-Jazeera. Die Kolleg*innen in Gaza seien enorm bedroht, teilte Sherif Mansour, Koordinator für die Region beim CPJ, mit. „Viele haben Kollegen, Familien und Medieneinrichtungen verloren und sind auf der Suche nach Sicherheit geflohen, obwohl es keinen sicheren Hafen oder Ausweg gibt.“ Die Grenzübergänge nach Israel, aber auch der [5][Grenzübergang Rafah nach Ägypten], sind geschlossen. RoG spricht davon, dass Journalist*innen im Gazastreifen gefangen seien. ## Journalist*innen im Libanon getötet Gleichzeitig verschärft sich die Lage im besetzten Westjordanland. Dort verhafteten israelische Streitkräfte mindestens 19 Journalist*innen – meist bei Razzien in ihren Häusern. Auch israelische Journalist*innen arbeiten inmitten persönlicher Verluste und in einem Klima sich verschlechternder Pressefreiheit in Israel. Im Grenzgebiet zwischen dem Libanon und Israel wurden zudem drei libanesische Journalist*innen getötet. Der Reuters-Fotojournalist Issam Abdallah starb am 13. Oktober, sechs Kolleg*innen wurden verletzt. Nach Untersuchungen von Reuters und AFP wurden die Journalist*innen von einem 120-Millimeter-Panzergeschoß getroffen. Das werde in der Region ausschließlich von der israelischen Armee verwendet. Kampfhandlungen habe es zu dem Zeitpunkt in der Region nicht gegeben. Alle sieben hätten Helme und kugelsichere Westen mit der Aufschrift „Presse“ getragen und bereits rund eine Stunde auf einem Hügel hinter gut sichtbar auf Stativen angebrachten Kameras gestanden. Unabhängige Untersuchungen der Menschenrechtsorganisationen Human Rights Watch sowie Amnesty International bestätigten dies. Journalist*innen gelten nach humanitärem Völkerrecht als Zivilist*innen. Das gezielte Angreifen ist ein Kriegsverbrechen. RoG hatte bereits am 31. Oktober [6][vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag Strafanzeige eingereicht], damit dieser mögliche Kriegsverbrechen gegen palästinensische und israelische Journalist*innen untersucht. In einem [7][Bericht] aus dem Mai, also vor dem aktuellen Krieg, hatte das CPJ festgestellt, dass die israelischen Streitkräfte in den letzten 22 Jahren 20 Journalist*innen getötet haben, die meisten von ihnen Palästinenser*innen – und dass niemand jemals für diese Tötungen zur Rechenschaft gezogen wurde. 20 Dec 2023 ## LINKS (DIR) [1] /Schwerpunkt-Nahost-Konflikt/!t5007999 (DIR) [2] https://www.newyorker.com/news/q-and-a/the-war-in-gaza-has-been-deadly-for-journalists (DIR) [3] https://cpj.org/2023/11/faq-how-cpj-documents-journalist-deaths-in-the-war/ (DIR) [4] https://rsf.org/en/open-gates-rafah-so-journalists-can-leave-and-enter-gaza (DIR) [5] /Hilfen-fuer-Gaza/!5971279 (DIR) [6] https://www.reporter-ohne-grenzen.de/pressemitteilungen/meldung/moegliche-kriegsverbrechen-rsf-stellt-strafanzeige (DIR) [7] https://cpj.org/reports/2023/05/deadly-pattern-20-journalists-died-by-israeli-military-fire-in-22-years-no-one-has-been-held-accountable/ ## AUTOREN (DIR) Julia Neumann ## TAGS (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt (DIR) Schwerpunkt Pressefreiheit (DIR) Israel (DIR) Palästina (DIR) Libanon (DIR) Gaza-Krieg (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt (DIR) England (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Israel will Al Jazeera verbieten: Blinde Flecken Israels Regierung will Al Jazeera als „Sprachrohr der Hamas“ verbieten. Das ist ein Fehler, auch wenn der katarische TV-Sender nicht objektiv berichtet. (DIR) Journalist:innen im Nahost-Krieg: Nachrichtenblockade in Gaza Der Krieg zwischen Israel und der Hamas ist bisher einer der tödlichsten für Journalist:innen gewesen. Ankläger in Den Haag untersuchen Vorwürfe von Reporter ohne Grenzen (RSF). (DIR) „The Daily Telegraph“ wechselt Besitzer?: Übernahme aus der Wüste „The Daily Telegraph“ könnte in den Besitz eines Golfstaats übergehen. Das passt dem konservativen Establishment nicht. (DIR) Verhandlungen zu Feuerpause in Nahost: Sie reden wieder Israel, die Hamas und weitere Partner verhandeln in Ägypten erneut über eine Feuerpause. Die israelische Regierung will weitere Geiseln austauschen. (DIR) +++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Verhandlungen über neue Waffenruhe Israel könnte laut Berichten einer Feuerpause zustimmen, wenn Geiseln freigelassen werden. Hamas-Chef Hanijeh zu Gesprächen in Ägypten eingetroffen. (DIR) Militärsprecher zum Krieg in Gaza: „Diesmal zu Ende bringen“ Der Angriff am 7. Oktober war ein „Mini-Holocaust“, sagt Arye Sharuz Shalicar. Dass in Gaza jetzt so viele Menschen sterben, sei allein Schuld der Hamas. (DIR) Humanitäre Lage im Gazastreifen: Es mangelt an allem Laut UN haben neun von zehn Menschen in Gaza nicht genug zum Essen. Eindrücke aus Chan Yunis, wo fehlende Nahrung nur ein Problem von vielen ist. (DIR) +++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Israel deckt Tunnelsystem auf Das israelische Militär legt im Gazastreifen einen großen Tunnelschacht der Hamas frei. Frankreich warnt vor Eskalation an der Grenze Israels zum Libanon.