# taz.de -- Krise bei Galeria Karstadt Kaufhof: Pleite-Ritual im Kaufhaus
       
       > Wieder einmal hat Galeria Karstadt Kaufhof Insolvenz angemeldet. Und
       > Berlin lässt sich weiter von einem dubiosen Investor verschaukeln.
       
 (IMG) Bild: Das Kaufhaus bleibt in der Not
       
       BERLIN taz | Es klingt erst einmal vorbildlich: Trotz des [1][zweiten
       Insolvenzverfahrens der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH innerhalb von zwei
       Jahren] glaubt der Berliner Senat „an die Zukunft der Berliner Kaufhäuser“.
       Das verkündete Wirtschaftssenator Stephan Schwarze (SPD) am Dienstag nach
       einem Treffen mit Timo Herzberg, dem CEO der österreichischen
       Signa-Holding, die als Eigentümerin des Warenhauskonzerns fungiert. Als
       Beweis wolle man an den Vereinbarungen der Absichtserklärung festhalten,
       die der Senat vor zwei Jahren im Zuge der letzten Pleite mit Signa
       geschlossen hat.
       
       In dem „Letter of Intent“ genannten [2][Deal] sicherte Signa drei- bis
       zehnjährige Bestandsgarantien für vier Berliner Karstadt-Filialen zu. Im
       Gegenzug machte der Senat den Weg frei für drei städtebaulich umstrittene
       Hochhausprojekte des Unternehmens.
       
       Doch das Festhalten an der rechtlich nicht bindenden Absichtserklärung ist
       kein Beweis für „die Zukunft der Berliner Kaufhäuser“, sondern eher dafür,
       dass der Berliner Senat weiterhin dazu bereit ist, sich für die
       Profitinteressen des österreichischen Immobilienkonzerns an der Nase
       herumführen zu lassen.
       
       Denn mit der Absichtserklärung ist der unvermeidbare Niedergang des
       Warenhauskonzerns nur aufgeschoben. Das war auch schon bei Abschluss des
       Deals vor zwei Jahren klar. Und zwar nicht, weil das „Konzept Warenhaus“
       keine Zukunft hätte, sondern weil die Signa-Gruppe ihr Geld in erster Linie
       durch Aufwertung und Spekulation mit Immobilien verdient. Jeder Euro, den
       Signa in das Warenhausgeschäft investiert, ist ein Verlust, da er in der
       Immobiliensparte weit höhere Renditen abwirft.
       
       ## Beschäftigte verzichten auf Lohn, Filialen werden verkleinert
       
       Statt zu investieren, wird der Warenhauskonzern, den Signa 2014 für nur
       einen Euro erwarb, ausgeschlachtet: Beschäftigte verzichten auf Lohn,
       Belegschaften und Filialen werden verkleinert, die Standorte mit den besten
       Immobilienlagen werden abgerissen und durch profitable
       „Mixed-use-Immobilien“ ersetzt, in denen das Warenhaus nur ein Mieter unter
       vielen ist. So sind nach [3][dem Karstadt-Umbau am Hermannplatz] über die
       Hälfte der Geschossfläche für Büros vorgesehen.
       
       Traurig ist, dass der Senat weiterhin dieses Spiel mitspielt. Dabei sind
       die Begründungen, weswegen jede Filiale mit aller Macht gerettet werden
       soll, schon lange hinfällig. Innenstädte veröden nicht, weil Einzelhandel
       dicht macht, sondern weil es außer Einzelhandel nichts Erlebenswertes mehr
       dort gibt. Besonders in Berlin gibt es ein Überangebot an
       Einzelhandelsflächen. Malls und prestigeträchtige Einkaufsstraßen wie die
       Friedrichstraße klagen seit Jahren über schwindende Umsätze.
       
       Ironischerweise tragen Signas Bauprojekte, die der Senat ermöglichen will,
       genau zu dieser Verödung bei. Tausende Quadratmeter Bürofläche locken
       niemanden in die City. Auch bedeutet der Wegfall von 1.800
       Galeria-Arbeitsplätzen in Zeiten des Fachkräftemangels keine
       Massenarbeitslosigkeit mehr, sondern in den meisten Fällen einen Wechsel zu
       H&M oder Rewe.
       
       Doch diese Erkenntnis ist an entscheidenden Stellen des Senats, besonders
       der Beton-Fraktion um Bausenator Andreas Geisel (SPD), noch nicht
       durchgesickert.
       
       4 Nov 2022
       
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