# taz.de -- Modekrimi „House of Gucci“ im Kino: Groschenroman auf Leinwand
       
       > Regisseur Ridley Scott versucht sich in „House of Gucci“, am Schicksal
       > des Modehauses – mit großer Optik und Stars. Es spielen Lady Gaga und
       > Adam Driver.
       
 (IMG) Bild: Adam Driver, Jared Leto und Lady Gaga in „House of Gucci“
       
       Der Mann ist ein Volltreffer. Vom Scheitel bis zur hochqualitativen Sohle.
       Und zwischendrin, am Gürtel, funkelt’s in Form eines Familienerbstücks:
       Maurizio Gucci (Adam Driver) wurde als Enkel des Firmengründers und
       Erfinders des charakteristischen, ineinander verschlungenen GG-Logos,
       Guccio Gucci, geboren. Kein Wunder, dass Patrizia Reggiani ([1][Lady Gaga])
       beim Nachnamen jenes schüchternen, gutgekleideten Kerls, der auf einer
       Party ihren Weg kreuzt, gleich aufhorcht.
       
       Denn auch wenn die arme, nicht sehr gebildete Reggiani höchstens in einer
       Verbandsliga spielt und sich beim ersten Besuch des elitären Gucci-Chefs
       und Vaters (Jeremy Irons) ihres neuen Freundes ordentlich in die Nesseln
       setzt, als sie angesichts eines Klimt-Bildes bewundernd „Picasso?“ fragt –
       es kommt, wie es kommen muss. Maurizio Guccis Hochzeit mit der nicht
       standesgemäßen Braut provozierte in den 70ern einen familieninternen
       Skandal.
       
       Der in den 90ern, nachdem das Haus Gucci einige Täler durchwandert hatte,
       zunächst in eine Scheidung und schließlich in einen Auftragsmord,
       angeleitet von der enttäuschten Ex, mündet: Ridley Scotts „House of Gucci“
       ist ein Kriminalfilm, bei dem man die Drahtzieherin bereits kennt.
       
       [2][Der Actionspezialist] inszeniert den Luxus, in dem Reggiani zu
       schwelgen sich sehnte: Sie und Gucci leben nach einer familiären Einigung
       und Guccis Rückkehr in die Firma in einer Wolke aus vestimentärer Eleganz.
       Schmuck, Kostüme, Autos, sogar die Musik spiegeln Opulenz, der Rechteerweb
       für den mit David Bowie, Eurythmics und George Michael ausgestatteten
       Soundtrack muss ungefähr so viel gekostet haben wie ein Ferrari.
       
       Doch seine Struktur ist die eines Groschenromans: Heimtückische Pussy Trap
       umgarnt linkischen Jungmann; als er an Selbstbewusstsein gewinnt, sich
       anderweitig umschaut und sie verlässt, wird sie sauer und sinnt auf Rache.
       Scott weiß diesen Spannungsbogen kaum zu bebildern und rettet sich in
       Klischees.
       
       ## Eifersucht mit Glyzerintränen angedeutet
       
       Er lässt Satinkleider an Blondinen in High Heels (Guccis Neue)
       hinuntergleiten wie in einer 80er-Jahre-Parfumwerbung, im Drehbuch stehen
       altbackene Sätze wie „Du bist mein einziger Sohn!“, und Gagas
       schauspielerische Fähigkeiten sind so begrenzt, dass nicht mal der
       verlässlich großartige Driver dagegen anzustinken vermag.
       
       Gaga schafft es auch angesichts des schwachen Drehbuchs nicht, ihrer Figur
       das zu geben, was sie braucht, um ihr Motiv zu erklären. Schnöde Eifersucht
       muss es wohl gewesen sein – von Gaga durch Glyzerintränen angedeutet. Scott
       scheint mit den in der Geschichte steckenden menschlichen Regungen und
       Schwächen – Liebe, Angst, Gier – überfordert. So bleibt die Entwicklung der
       modebewussten Frau aus einfachen Verhältnissen zur mordlüsternen Gattin
       eines Modemoguls in Gemeinplätzen stecken.
       
       Trotz interessanter Aspekte über die Probleme, die das traditionell
       ausgerichtete Modehaus in der Zeitenwende der 80er bekam, scheitert „House
       of Gucci“ auf der Figurenebene. Dass die US-amerikanischen und britischen
       Schauspieler:innen ihr Englisch wie in einem Monty-Python-Sketch mit
       starkem italienischen Akzent versehen, macht die Sache nicht besser.
       
       Die letzte Dramatik nimmt Jared Leto aus dem Familienzwist, seine
       Darstellung von Maurizios Cousin Paolo ist Schmierenkomödiantentum: Ja,
       Italiener reden mit den Händen. Allerdings fuchteln sie dabei nicht herum,
       als ob sie Ventilatoren nachahmen.
       
       1 Dec 2021
       
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