# taz.de -- Nach der Wahlannullierung in Kenia: Keine Stempel, keine Wasserzeichen
       
       > Das Oberste Gericht legt detaillierte Gründe für die Annullierung der
       > Präsidentschaftswahl vor. Die geplante Neuwahl im Oktober scheint
       > unmöglich.
       
 (IMG) Bild: Oppositionführer Raila Odinga wartet auf die Begründung des Obersten Gerichts
       
       NAIROBI taz | Die geplanten Neuwahlen für die kenianische Präsidentschaft
       am 17. Oktober werden immer unsicherer. Am Mittwoch verkündete das Oberste
       Gericht die detaillierte Urteilsbegründung für ihre Annullierung der Wahl
       vom 8. August, die es vor knapp drei Wochen ausgesprochen hatte. Ein
       Richter verglich das ganze Wahlprozedere mit einen Matatu, dem berüchtigten
       kenianischen Sammeltaxi, das sich nie an die Verkehrsregeln hält.
       
       Das Urteil ist so umfangreich wie ein Gespensterroman und mutet ähnlich an.
       Die Wahlen waren „weder transparent noch verifizierbar“, so das Gericht,
       und so hatte man „keine andere Wahl, als das Ergebnis zu annullieren“.
       Eines der wichtigsten Beispiele: das Fehlen von Ergebnissen in Papierform
       aus rund 11.000 der mehr als 44.000 Wahllokale im ganzen Land, um die im
       Computer der Wahlkommission eingelaufenen elektronischen Ergebnisse zu
       bestätigen. Papierformulare mit Einzelergebnissen sollten gescannt und
       getrennt eingeschickt werden. Das war nicht der Fall.
       
       Die Formulare, die doch geschickt wurden, trugen zum Teil keine offiziellen
       Stempel, andere waren nicht richtig unterzeichnet, und manche hatten keine
       Seriennummern oder offiziellen Wasserzeichen, was ihre Echtheit infrage
       stellt. Die Wahlkommission habe trotz gerichtlicher Anordnung eine
       Überprüfung des elektronischen Wahlsystems verweigert. Damit waren die
       Richter mehrheitlich gezwungen, die Sicht der klageführenden Opposition zu
       akzeptieren, wonach das Computersystem „infiltriert und kompromittiert“
       war.
       
       Nach diesem Urteil stellt sich die Frage, ob die Wahlkommission überhaupt
       zu ordentlichen Wahlen in der Lage ist. Die Opposition – ihr Führer Raila
       Odinga hatte wegen seiner überraschend deutlichen Niederlage gegen
       Präsident Uhuru Kenyatta die Klage eingereicht – hatte schon vor dem Urteil
       kein Vertrauen in die Wahlkommission und jetzt erst recht nicht mehr.
       
       ## Drohungen gegen Justiz nehmen zu
       
       Die französische Firma OT-Morpho, die der Kommission das elektronische
       System geliefert hat, glaubt selbst nicht, dass sie das ganze System bis
       zum Neuwahltermin 17. Oktober überholen kann. Es gibt darüber noch nicht
       einmal einen unterschriebenen Vertrag. Gesetzlich muss spätestens bis zum
       30. Oktober ein neuer Präsident gewählt werden, aber selbst dieses Datum
       erscheint unrealisierbar.
       
       All dies sorgt für steigende Spannung. Am Dienstag klagte der Vorsitzende
       des Obersten Gerichts, David Maraga, auf einer Pressekonferenz über
       [1][zunehmende Drohungen gegen die Justiz seit der Wahlannullierung]. Es
       fing an mit Präsident Uhuru Kenyatta, der von „Maraga und seinen Gaunern“
       sprach und drohte, die Justiz zu „säubern“. Das gab den Ton an für seine
       Anhänger, um auf Demonstrationen und vor allem in den sozialen Medien Gift
       zu spucken. Maraga sprach von persönlichen Drohungen gegen Mitarbeiter der
       Justiz. Auch beschuldigte er Polizeichef Joseph Boinnet, dem Justizpersonal
       nicht genügend Schutz zur Verfügung zu stellen. „Er ignoriert unsere
       Meldungen und Fragen“, so der Richter. Dramatisch fügte er hinzu: „Wir sind
       bereit, den höchsten Preis zu zahlen, um die Verfassung zu schützen.“
       
       In diesem Klima haben Präsident Kenyatta und Oppositionsführer Odinga ihre
       Wahlkampagnen wieder ausgepackt. Es geht in der zweiten Runde mies und
       schmutzig zu. Die Befürchtungen vor verbreiteter Gewalt, die schon vor dem
       ersten Urnengang im August die Runde machten, können jetzt erst recht nicht
       ausgeschlossen werden.
       
       20 Sep 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Nach-der-Wahlannullierung-in-Kenia/!5444236
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ilona Eveleens
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kenia
 (DIR) Nairobi
 (DIR) Wahl
 (DIR) Kenia
 (DIR) Kenia
 (DIR) Kenia
 (DIR) Kenia
 (DIR) Kenia
 (DIR) Kenia
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Krise in Kenia: „Es gibt keine Wahlen“
       
       Kenias Opposition boykottiert die Neuwahl des Präsidenten. Wenn die Wahl
       doch stattfindet, „machen wir das Land unregierbar“, drohen Demonstranten.
       
 (DIR) Oppositionsführer in Kenia: Odinga will Wahl boykottieren
       
       Die Annullierung der Präsidentschaftswahl war ein Präzedenzfall. Die
       Stimmung im Land heizte sich immer weiter auf. Nun macht die Opposition
       ihre Drohung wahr.
       
 (DIR) Spannungen in Kenia: Universität nach Unruhen geschlossen
       
       Vor der Neuwahl in drei Wochen heizt sich das politische Klima auf. Jetzt
       führten Proteste zur Schließung der Universität der Hauptstadt.
       
 (DIR) Nach der Wahlannullierung in Kenia: „Verbrecher“ und Hyänen
       
       Das politische Klima heizt sich auf. Präsident Kenyatta nennt die Richter
       „Verbrecher“, Oppositionschef Odinga die Wahlkommission „Hyänen“.
       
 (DIR) Wahlannullierung in Kenia: Die Opposition jubelt
       
       Das Urteil des Obersten Gerichts, die Präsidentenwahl neu anzusetzen, wird
       breit begrüßt. Präsident Kenyatta ruft das Land zum Frieden auf.
       
 (DIR) Wahl in Kenia annulliert: Ein Augenblick der Hoffnung
       
       Das oberste Gericht erklärt die Präsidentschaftswahl für ungültig und setzt
       Neuwahlen an. Das ist ein historisches Ereignis für Kenia – und Afrika.