# taz.de -- Neuer Chef von schottischer Regierungspartei: Von Punjab nach Edinburgh
       
       > Gesundheitsminister Humza Yousaf ist neuer SNP-Vorsitzender. Der
       > 37-Jährige wird erster nicht-weißer First Minister Schottlands.
       
 (IMG) Bild: Humza Yousaf ist der neue Chef der schottischen Nationalpartei SNP und der Nachfoger von Nicola Sturgeon
       
       LONDON taz | Mit Schottlands bisherigem Gesundheitsminister Humza Yousaf
       haben die Mitglieder der Schottischen Nationalpartei (SNP) den ersten
       Parteiführer „of Colour“ gewählt. Er gewann die Wahl zur Nachfolge der
       zurückgetretenen [1][Nicola Sturgeon] am Montag knapp in der zweiten Runde,
       mit 52,1 Prozent der 50.494 abgegebenen Stimmen.
       
       Yousafs Vater stammt aus Pakistan. Seine Mutter, die indischer Abstammung
       ist, wuchs in Kenia auf. Als dort der rassistische Hass auf Menschen aus
       Indien anwuchs, flüchtete ihre Familie nach Schottland, nachdem Yousafs
       Großmutter mit einer Axt angegriffen worden war. Yousaf selber erblickte
       das Licht der Welt am 7. April 1985 in Glasgow.
       
       Mit 16 wurde er als Muslim von Altersgenossen gefragt, warum Muslime
       Amerika hassen, erzählte er in einem Interview. Yousaf hat einen Magister
       in Politik von der University of Glasgow. 2011 wurde er als jüngster
       Abgeordneter Schottlands ins Regionalparlament gewählt. „Von Punjab ins
       Parlament“ beschrieb er jetzt in seiner Siegesrede seinen Lebensweg und
       betonte, man müsse „den Weg der Migranten feiern“.
       
       ## Er will auf Konfrontationskurs mit London gehen
       
       So regieren nun in Edinburgh wie auch in London Premierminister mit Wurzeln
       in Indien. Unter den drei KandidatInnen für Sturgeons Nachfolge war Yousaf
       der einzige, der mit der britischen Regierung in London auf
       Konfrontationskurs gehen will, [2][mit dem Ziel der schottischen
       Unabhängigkeit], und auch derjenige, der am ehesten die linkszentristische
       Linie seiner Vorgängerin vertritt. Er will das progressive
       Besteuerungsmodell „bis zum Maximum“ ausreizen, sagte er im Wahlkampf, und
       Kinderarmut durch Besteuerung der Reichen abschaffen.
       
       Mit Yousafs Wahl entgeht Schottland einer Regierungskrise, denn die Grünen
       sichern im schottischen Parlament der SNP die Mehrheit und hatten am
       Wochenende gewarnt, dass dies ohne ein Bekenntnis zu progressiver Politik
       nicht garantiert sei. Mit Yousafs Hauptkontrahentin Kate Forbes, die zum
       christlich-konservativen Lager gehört und jetzt auf 47,9 Prozent kam,
       hätten sie nicht zusammengearbeitet.
       
       Doch Yousafs politische Bilanz wurde während des Wettkampfes bloßgestellt.
       Als Verkehrsminister hatte er Mitverantwortung für den Bau zweier Fähren,
       womit die schottische Regierung ein fast bankrottes Unternehmen
       beauftragte. Sie sind bis heute nicht fertig und kosten nun das Dreifache
       des veranschlagten Preises. Als Gesundheitsminister musste sich Yousaf
       Vorwürfe zu den Rekordwartelisten im schottischen Gesundheitssystem
       gefallen lassen und zur höchsten Drogenabhängigkeit in Europa. Seine
       angeblich offene Haltung zur [3][LGBTQIA+-Community] wird von manchen
       angezweifelt, weil er bei der Abstimmung zur Legalisierung der Homoehe in
       Schottland im Jahr 2014 aufgrund eines religiösen Termins nicht zur Wahl
       ging.
       
       In Umfragen unter der schottischen Allgemeinbevölkerung schnitt Yousaf
       vergangene Woche mit einem Negativsaldo von 20 Prozent ab. Er übernimmt nun
       eine lädierte Partei, die nicht nur Nicola Sturgeon verloren hat, sondern
       auch ihren Geschäftsführer Peter Murrell, den Ehemann Sturgeons.
       Schottlands Labour-Chef Anas Sarwar glaubt, dass es jetzt leichter für
       Labour werde, da Yousaf das Kaliber Sturgeons nicht einmal ansatzweise
       erreiche. „First Minister“ wird Yousaf am Dienstag, wenn die Abgeordneten
       in schottischen Parlament Holyrood zur Wahl schreiten.
       
       27 Mar 2023
       
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