# taz.de -- Neues Outfit für Minnie Maus: Schicki-Minnie
       
       > Zum 30. Jubiläum von Disney Paris tauscht Minnie Maus ihr Kleid gegen
       > einen Designer-Hosenanzug. Was verkörpern ihre Outfits? Eine Stilkritik.
       
 (IMG) Bild: Schick: Minnie ohne Minnirock!
       
       Wenn die berühmteste weibliche Version von der berühmtesten männlichen Maus
       der Welt ihr Kleid gegen eine Hose tauscht, dann ist das vielleicht keine
       Revolte par excellence. Aber es tut sich ein Guckloch auf, durch das man
       auf Kleidung und Gender blicken kann, die sich miteinander verknoten in den
       Capricen der Modegeschichte.
       
       Disneyland Paris, die Traumwelt von der VHS-Kassette, wird dieses Jahr 30
       Jahre alt, drum hat [1][Disney] die Modedesignerin Stella McCartney
       beauftragt, ein neues Outfit für Minnie Maus zu entwerfen. Herausgekommen
       ist ein Hosenanzug, den die Maus nun für kurze Zeit anstatt ihres
       ikonischen rot-weißen Punktekleids in Zeichnungen tragen wird. Ab März wird
       sie das Stück dann auch im Disneyland Resort präsentieren. Will heißen, die
       schwitzende, mäßig bezahlte Person, die dann im Minnie-Kostüm steckt, wird
       es präsentieren.
       
       Minnie stehe für „Glück und Optimismus, Selbstdarstellung und
       Authentizität“, freut sich Designerin McCartney auf ihrer Webseite über den
       Gig. „Minnie inspiriert nicht nur Menschen jeden Alters auf der ganzen
       Welt, sie hat auch so einen tollen Stil!“
       
       In den rechten US-Medien sind darüber natürlich in den letzten Tagen
       diverse Köpfe explodiert, dass Minnie jetzt eine Hose trägt. Bei Fox News
       ist man ohnehin dauergetriggert, weil [2][Disney allmählich dem
       gesellschaftlichen Druck nachgibt und anfängt, seinen Kanon auf Sexismus,
       Rassismus und Kolonialismus hin zu untersuchen]. Aber darum soll es gar
       nicht gehen. Dies ist eine Stilkritik.
       
       ## Weiblicher Klon von Mickey
       
       Minnie Maus gibt es seit 1928. Eine häufige Kritik aus dem Popfeminismus
       ist, dass die Figur letztlich nur ein weibliches Derivat von Mickey sei.
       Diese Kritik bezieht sich auf das Phänomen, dass von Zeichentrickfiguren
       häufig zunächst eine männliche Variante etabliert wurde, um dann später
       durch das Hinzufügen einer Schleife einen weiblichen Klon zu schaffen.
       
       Zeichnungen aus dem Walt Disney Museum legen nahe, dass der gleichzeitig
       erfundene Mickey tatsächlich die Hauptfigur, Minnie dagegen ein
       Nebengedanke war. Weitere Beispiele für dieses Phänomen mit dem Titel „Put
       a bow on her“ („Setz ihr ’ne Schleife auf“) sind Daisy Duck und Miss
       Pac-Man.
       
       Allerdings war Minnie Maus von Anfang an dann doch mehr als Mickey in Drag.
       Ihr Originaloutfit, das kurze Kleid und die bequemen Schuhe mit kurzen
       Absätzen, war inspiriert von der „Flapper“-Subkultur. „Flappers“ waren
       junge Frauen der 1920er Jahre, die Korsetts und bodenlange Röcke ebenso
       ablehnten wie die Benimmregeln, die ihnen auferlegt wurden. Dass Minnie
       Maus häufig in einer koketten Pose gezeichnet wird, bei der ihr
       Unterhöschen herauslugt, mag aus heutiger Sicht albern wirken, stand damals
       jedoch für eine Stilbewegung von Frauen, die selbstbewusst forderten,
       Herrinnen ihres eigenen Körpers sein zu können.
       
       ## Langsames altern
       
       Für das Minnie-Maus-Update 2022 hat sich Designerin Stella McCartney für
       einen Hosenanzug mit breitem, tiefem Revers und Bügelfalte entschieden, wie
       ihn das britische Model Twiggy in den 1960ern hätte tragen können. In der
       Nachkriegszeit hatten es bürgerliche Frauen erneut schwer, in ihren Kreisen
       den nächsten Sprung in Sachen bequeme Mode durchzusetzen: Hosen. Es ist
       also plausibel, geht man davon aus, dass Comicfiguren unendlich langsamer
       altern als wir, dass der nächste modische Schritt für Minnie erst mal
       dieser Pantsuit ist. Und vielleicht ist sie damit sogar aus Versehen schon
       wieder modern. Denn auch die gegenwärtige Mode hat den Hosenanzug mit
       Schlag wieder entdeckt.
       
       Trotzdem wirkt das Ganze dann doch behäbig. Minnies Originaloutfit stand
       für Damen, die tanzten, rauchten und Jazz hörten, als sie noch vor allem
       häkeln sollten. Übertragen auf 2022 ist das kein Hosenanzug. Wo ist der
       Bling, Minnie? Die Sneakers, Fanny Packs und der bodenlange Faux Fur? Wann
       kommt die „[3][absolutely fabulous“] Minnie? Vielleicht in 60 Jahren.
       
       1 Feb 2022
       
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