# taz.de -- Öffnungsdebatte im deutschen Fußball: Jens Lehmann ist jetzt Mainstream
       
       > Zuschauer im Stadion trotz Corona? Die Idee wird jetzt ernsthaft
       > diskutiert. Dabei hat sich wenig verändert.
       
 (IMG) Bild: Gern im Stadion: Jens Lehmann als TV-Experte bei der WM in Russland
       
       Gesundheit steht an erster Stelle. Dieser Satz belegt auch in der
       Floskelhitliste der Fußballbranche seit vielen Wochen Platz Nr. 1. Dass der
       nächste Gegner der schwerste ist und man nicht an die Tabelle, sondern von
       Woche zu Woche denkt – all dieser Kram kommt später. Und wenn der
       Gesundheit ein Spitzenplatz zugewiesen wird, dann lassen viele
       Fußballfunktionäre mehr oder minder deutlich durchblicken, dass die
       finanzielle Gesundheit ihrer Vereine knapp dahinter auf dem zweiten Platz
       steht.
       
       Im Sinne des Verfolgers hat man Mitte Mai den Restart der
       Fußball-Bundesliga durchgedrückt und die Hähne für die TV-Gelder wieder
       aufgedreht. Nur fünf Spieltage später arbeiten etwa Vereine wie Bayer
       Leverkusen oder Bayern München nun am nächsten Vorstoß. Die punktuellen
       Lockerungen, welche die Deutsche Fußball-Liga ab diesem Spieltag eingeführt
       hat (13 Journalisten mehr, keine Maskenpflicht für Ersatzspieler) tragen
       schließlich nicht zur finanziellen Gesundung bei, so wird die Debatte um
       die Zulassung von Zuschauern forciert.
       
       FC-Bayern-Vorstand Oliver Kahn sinnierte darüber, in naher Zukunft wieder
       vor 11.000 Zuschauern in München spielen zu können. Bayer Leverkusen träumt
       schon etwas konkreter davon, vor Publikum das Pokalfinale Anfang Juli in
       Berlin austragen zu können. [1][Sportchef Rudi Völler erklärte], er habe
       die Hoffnung auf Zuschauer für dieses Spiel nicht aufgegeben. „Vielleicht
       will man ja in dem riesigen Stadion ein kleines Zeichen setzen. Aber das
       entscheidet die Politik.“
       
       Ein Zeichen wäre das gewiss. Nur fürchtet DFL-Geschäftsführer Christian
       Seifert zu Recht, dass dieses ganz anders gedeutet werden könnte als
       gewünscht. Mit seinem Kampf für eine Sonderrolle hat der Profifußball
       bereits einigen Kredit verspielt. Seifert ermahnte diese Woche die
       Klubverantwortlichen, doch keine Zahlen oder Zeitpunkte zu nennen.
       
       20.000 Zuschauer in Belgrad 
       
       [2][Die Bilder vom Mittwoch aus Belgrad] dieser Tag dürften einige in der
       Bundesliga noch mehr kirre gemacht haben. Beim serbischen Pokalfinale
       zwischen Roter Stern und Partizan war das Stadion mit 20.000 Zuschauern
       gefüllt. Zudem senden auch die Bündnispartner aus der Politik wieder
       verlockende Signale. Innenminister Horst Seehofer sprach sich für Spiele
       mit Zuschauern nächste Saison aus. Der saarländische FDP-Landeschef Oliver
       Luksic hatte gar vor dem Pokalhalbfinale zwischen dem Regionalligisten
       Saarbrücken und Leverkusen für Zuschauer gekämpft. Luksic, der Mitglied
       beim 1. FC Saarbrücken ist, sagte: „Eine Geisterkulisse wäre traurig.“ Die
       politischen Debatten werden weiter aus Fanperspektive geführt werden – da
       braucht dem deutschen Fußball nicht bange zu sein.
       
       Sorgen sollte die Deutsche Fußball-Liga und der DFB aber um
       Massenveranstaltungen, die zum Superspreader-Event werden könnten. Solange
       Hygiene- und strikte Abstandsregeln die einzigen Rezepte gegen das
       Coronavirus und das Ansteigen der Opferzahlen sind, sollte man nicht für
       Veranstaltungen werben, die dafür nicht garantieren können. In Belgrad
       haben sich die 20.000 Fans natürlich nicht vorbildhalft selbstdiszipliniert
       verhalten. Wen wundert das, wenn selbst den durchgetesteten Profis und
       Trainern das herzhafte Umarmen nach Toren kaum auszutreiben ist.
       
       Als der ehemalige [3][Nationaltorhüter Jens Lehmann] Mitte April für einen
       Teileinlass der Zuschauer plädierte und auf die hohen finanziellen Verluste
       der Vereine hinwies, galt er noch als irrer Außenseiter. Die Gefahr der
       Corona-Pandemie ist gleichbleibend groß, nur sind mittlerweile viele ins
       Lehmann-Lager gewechselt.
       
       12 Jun 2020
       
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 (DIR) [1] https://www.kicker.de/777253/artikel
 (DIR) [2] https://www.n-tv.de/mediathek/videos/sport/20-000-Fans-brechen-Corona-Regeln-fuer-Pyro-Party-article21839445.html
 (DIR) [3] /Jens-Lehmann-in-Hertha-BSC-Aufsichtsrat/!5681715
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kopp
       
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