# taz.de -- Pegasus-Software und Emmanuel Macron: Direkter Draht in den Élysée
       
       > Auf der Liste abgehörter Politiker*innen soll auch Frankreichs
       > Präsident sein. Der marokkanische Geheimdienst soll dahinterstecken.
       
 (IMG) Bild: Wurde auch er belauscht? Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron
       
       PARIS taz | Auf der Liste der Tausenden von Mobiltelefonen, die mittels der
       Spionage-Software Pegasus der israelischen Firma NSO von
       Nachrichtendiensten und vermutlich auch anderen staatlichen oder parallelen
       Stellen belauscht und manipuliert wurden, soll sich auch [1][eine Nummer
       des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron] befinden.
       
       Und er ist nicht der Einzige in der französischen Staatsführung, dessen
       Kommunikation seit 2019 Mitglieder des marokkanischen Nachrichtendienstes
       interessiert haben soll: Die Android- oder Apple-Handys von Edouard
       Philippe, dem früheren Premierminister, sowie von vierzehn ehemaligen oder
       noch amtierenden Regierungsmitgliedern sollen ebenfalls mittels der
       außergewöhnlich ausgeklügelten Spyware „Pegasus“ infiziert und womöglich
       ausspioniert worden sein.
       
       Dies hat am Dienstag die Zeitung Le Monde gestützt auf Informationen von
       Amnesty International und der auf Enthüllungen spezialisierten Organisation
       „Forbidden Stories“ berichtet. Damit wird in Frankreich der Spionageskandal
       um „Pegasus“ zu einem brisanten Konflikt zwischen zwei eigentlich eng
       befreundeten Staaten.
       
       Das französische Staatspräsidium hat sofort reagiert und erklärt, diese
       Informationen seien „extrem schockierend und gravierend, falls sie wahr
       sind“. Regierungssprecher Gabriel Attal versicherte, die Medienberichte,
       deren Angaben noch als „Hypothese“ zu behandeln seien, würden eingehend
       geprüft.
       
       ## Keine Überraschung
       
       Besonders überrascht scheint die Staatsführung in Paris nicht zu sein,
       nachdem dank erster Enthüllungen bereits klar geworden war, dass mehrere
       Staaten die Handys von Journalist:innen, Regierungspolitikern sowie
       Oppositionellen und NGO-Aktivisten mit dieser Software der Firma NSO
       ausspioniert oder dies zumindest versucht haben.
       
       Man weiß heute, dass [2][„Pegasus“] in der Lage ist, in den mit der
       geheimen Software infizierten Mobiltelefonen dank „Rooting“ (das alle
       Administrationsrechte verleiht) nicht nur sämtliche und auch verschlüsselte
       Formen von Kommunikationen, alle Kontakte und gespeicherten Daten zu
       kapern, sondern auch das Mikrofon und die Kamera zu aktivieren, ohne dass
       dies den Benutzern auffällt. Ob dies im Fall von Macron funktioniert hat,
       ist derzeit noch nicht sicher, da das betroffene Gerät noch nicht
       dahingehend untersucht werden konnte.
       
       Noch am Sonntag hatte Marokko kategorisch dementiert, zu den Kunden von NSO
       zu gehören oder Medienleute wie Edwy Plenel vom Online-Magazin Mediapart
       ausspioniert zu haben. Dass nun Macron und eine ganze Reihe von
       Regierungsmitgliedern ebenfalls auf der Liste der „Pegasus“-Opfer
       auftauchen, verwandelt den Skandal in einen diplomatischen Zwischenfall. In
       Frankreich erklärt Le Monde diese völlig inakzeptable Neugier von
       marokkanischen Geheimdiensten namentlich im Jahr 2019 unter anderem mit den
       Demonstrationen im Nachbarland Algerien und der Ungewissheit bei der
       Nachfolge von Präsident Abdelaziz Bouteflika.
       
       Der Strategieexperte François Heisbourg sagte indes am Dienstagabend im
       Fernsehsender France-2, der marokkanische Botschafter werde nun
       wahrscheinlich zu einem formellen Protest ins Außenministerium zitiert,
       dann würden vielleicht ein paar Diplomaten ausgewiesen, aber damit habe es
       sich dann wohl. Denn letztlich beschaffe sich ja auch Frankreich gern und
       häufig geheime Informationen. Ob das auch via „Pegasus“ oder ähnlichen
       Mitteln gemacht wird, sagte er nicht.
       
       ## Klage eingereicht
       
       Bekannt ist dank von Wikileaks enthüllten Dokumenten hingegen, dass zur
       Zeit von Präsident Nicolas Sarkozy selbst einem Diktator wie Oberst Muammar
       al-Gaddafi eine französische Spionagetechnologie mit dem Namen „Amesys“ zur
       Verfügung stand, um politische Gegner und störende Journalisten zu
       überwachen.
       
       Mediapart hat im Fall „Pegasus“ bereits eine Klage eingereicht, damit die
       Spur der Abhöraffäre wenn möglich bis zu den Auftraggebern verfolgt wird.
       Von rund 10.000 Telefonnummern, die im Visier von „Pegasus“ standen, sind
       oder waren ein Zehntel in Frankreich.
       
       21 Jul 2021
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Rudolf Balmer
       
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