# taz.de -- Pressefreiheit im Nahen Osten: Israel will al-Dschasira-Büro schließen
       
       > Die israelische Regierung will Journalisten des TV-Senders al-Dschasira
       > die Akkreditierung entziehen und das Büro in Jerusalem schließen.
       
 (IMG) Bild: Könnte bald geschlossen werden: das Büro des TV-Senders al-Dschasira in Jerusalem
       
       JERUSALEM taz | Mit einem 5-Punkte-Plan will Israels Kommunikationsminister
       Ajub Kara den katarischen TV-Sender al-Dschasira vertreiben. Als Erstes
       soll der Sender nicht mehr über Kabel und Satellit empfangen werden können.
       Außerdem droht den rund 30 Mitarbeitern der Entzug ihrer israelischen
       Presseausweise. Sicherheit ginge vor Meinungs- und Informationsfreiheit,
       begründete der Minister.
       
       Hinter Karas Initiative steckt Regierungschef Benjamin Netanjahu, der dem
       Sender eine einseitige Berichterstattung über die jüngste Krise am
       Tempelberg zum Vorwurf machte und antiisraelische Hetze. „Wir
       identifizieren uns mit den Moderaten in der arabischen Welt, die gegen
       Terror und religiösen Extremismus kämpfen“, meinte Kara.
       
       Life aus Doha, der Hauptstadt Katars, mokierte sich Marwan Bischara,
       politischer Analyst des Senders, über Israels Kommunikationsminister, der
       sich von den „arabischen Diktatoren“ in Ägypten, Saudi-Arabien und den
       Emiraten, „diktieren“ lasse, wie er mit den Medien in Israel umzugehen
       habe. Bischara sieht „ein neues Bündnis zwischen arabischen Diktatoren und
       militärischer Besatzung“.
       
       Im israelischen Staatlichen Presseamt (GPO) besteht grundsätzlich die
       Haltung, Journalisten, die die Sicherheit des Staates gefährden könnten,
       keine Akkreditierung zu ermöglichen. GPO-Chef Nitzan Chen bleibt noch vage,
       wie er mit den Al-Dschasira-Mitarbeitern verfahren will. Er habe eine
       „professionelle Meinung“ vom inländischen Nachrichtendienst Schin Beth
       angefordert und will über weitere Schritte entscheiden, sobald er mehr
       wisse.
       
       Die Verweigerung des staatlichen Presseausweises trifft von Zeit zu Zeit
       palästinensische Journalisten. Auslandskorrespondenten sind eher selten
       davon betroffen. Noch außergewöhnlicher ist der Entzug der Akkreditierung,
       die für die Einreise in den Gazastreifen zwingend ist, bei
       Pressekonferenzen mit Regierungspolitikern und auch für den Einlass in die
       Knesset (Parlament) und Ministerien.
       
       ## „Anlass zur Sorge“
       
       Rückendeckung für al-Dschasira kommt von Foreign Press Association (fpa),
       dem Korrespondentenverband, in dem fast alle betroffenen Mitarbeiter des
       Senders organisiert sind, gerade um Situationen vorzubeugen, in denen
       Israel oder auch die palästinensische Führung die Arbeitsmöglichkeiten der
       Presse einschränken könnte. Die geplanten Maßnahmen der israelischen
       Regierung „sind sicher ein Anlass zur Sorge“, hieß es in einer Mitteilung
       des Verbands, der ankündigte, die „Entscheidung der Regierung zu prüfen und
       dann das weitere Vorgehen zu überdenken“.
       
       Auch der israelische Bürgerrechtsverband Association for Civil Rights
       (ACRI) verurteilte die „Kriegserklärung“ des Regierungschefs und des
       Ministers. Dan Jakir, Jurist von ACRI, mag aber vorerst nur eine
       Absichtserklärungen erkennen. „Für praktische Schritte fehlt dem
       Kommunikationsminister die Autorität“, sagte Jakir am Montag der taz. Eine
       Gesetzesreform werde „lange Zeit“ in Anspruch nehmen, schon da sich die
       Knesset derzeit in den Sommerferien befindet. Trotzdem seien allein die
       Erklärungen „gegen die Meinungs- und Informationsfreiheit
       besorgniserregend“.
       
       7 Aug 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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