# taz.de -- Protest gegen Putsch in Myanmar: Ungehorsam als Widerstand
       
       > Beamt:innen und Staatsangestellte wehren sich mit zivilem Ungehorsam
       > gegen die Militärherrschaft. Das erfordert Mut und Opferbereitschaft.
       
 (IMG) Bild: Beteiligung am Protest gegen den Militärputsch in Bürokleidung in Yangon am 13. Februar
       
       YANGON taz | Drei Tage nach dem [1][Putsch vom 1. Februar] begann in
       Myanmar eine [2][Kampagne des zivilen Ungehorsams], benannt nach ihren
       englischen Initialen CDM (Civil Disobedience Campaign). Zuerst streikten
       Ärzt:innen und Pfleger:innen staatlicher Krankenhäuser, danach folgte
       Lehrpersonal an Schulen und Universitäten.
       
       Inzwischen haben sich Zehntausende Mitarbeiter:innen von Ministerien,
       Behörden und Staatsbetrieben angeschlossen. Sollte die Arbeit länger ruhen,
       schwächt dies die Militärregierung.
       
       Sich politischen Streiks anzuschließen, ist für viele aber nicht einfach.
       Denn Vorgesetzte üben Druck aus, und mancherorts lässt sich das Militär
       Listen der Arbeitsverweigerer aushändigen, um sie festzunehmen oder zu
       bedrohen.
       
       Die Ingenieurin Mai Suitaraw hat sich am 7. Februar dem zivilen Ungehorsam
       in der Abteilung Ländliche Entwicklung im Landwirtschaftsministerium im
       Chin-Staat angeschlossen. Sie fordert Kolleg:innen zum Mitmachen auf.
       
       ## Schwarze Listen und Geldnot
       
       „Ich habe mich damit abgefunden, dass ich bald gefeuert und dann auf einer
       schwarzen Liste stehen werde“, sagt sie. „Freunde von mir wollten auch
       mitmachen. Aber Familienangehörige halten sie davon ab. Die haben Angst,
       weil sie selbst einmal gefoltert wurden, als sie früher gegen das Militär
       protestiert hatten.“
       
       Mai Suitaraw schätzt, dass die CDM-Bewegung zur Hälfe aus
       Mitarbeiter:innen von Behörden und Ministerien besteht. Doch nicht
       alle Streikenden beteiligten sich aktiv an Protesten. „Wir lehnen die
       Herrschaft der Generäle ab und wollen nicht für ihre Regierung arbeiten“,
       sagt sie.
       
       „Manche Kollegen sind dringend auf ihr Gehalt angewiesen und müssen schon
       Geld bei Freunden leihen,“ erklärt Mai Suitaraw. Sie sucht deshalb nach
       Spendern unter Landsleuten im Ausland, damit mehr bei der
       Arbeitsverweigerung mitmachen können.
       
       Eine Studierendengruppe hat bis Ende letzter Woche 3 Millionen Kyat (1.735
       Euro) gesammelt, um Streikende im Bildungssektor zu unterstützen, berichtet
       Thet Phone Shein Toe. Er hat die Gruppe mitgegründet, die in fünf
       Großstädten aktiv ist.
       
       ## Verlockende Boni
       
       „Aber wir sind verwundbar, wenn die Militärs wieder das Internet oder
       Facebook sperren“, sagt er. Seine Gruppe will ein Kuriersystem aufbauen,
       bei dem es wieder wie früher und trotz Covid-19 persönliche Treffen gibt.
       
       „Ein anderes Problem ist der große Druck“, sagt auch er. „Einige haben
       zunächst mitgemacht, dann aber dem Druck nachgegeben und sind an ihre
       Arbeit zurückgekehrt.“ Einige Ämter und Ministerien zahlten jetzt sogar
       einen Bonus für Anwesenheit.
       
       Ältere Staatsangestellte fürchten bei einer Beteiligung an der CDM-Kampagne
       ihre Pension zu verlieren. Die 50-jährige Myat Thu, die in einem
       ungenannten Ministerium arbeitet, sagt, sie arbeite weiter, weil ihre
       Familie dringend ihr Gehalt brauche, nachdem das kleine Geschäft ihrer
       Familie in der Pandemie pleite ging.
       
       „Mein Mann und meine Tochter sind arbeitslos. Ich bin jetzt die Einzige
       unserer Familie mit einem Job. Deshalb kann ich die Arbeit schlecht
       boykottieren. Doch werde ich jetzt auch noch angefeindet“, sagt Myat Thu.
       „Ich weiß wirklich nicht, was ich noch machen soll.“
       
       ## Rauswurf aus dem Schwesternheim
       
       Die größte Beteiligung gibt es im Gesundheits- und Bildungsbereich, während
       nur wenige aus Behörden mitmachen. Der Arzt Nyi Zaw vom Allgemeinen
       Krankenhaus Nord-Okkalapa in Yangon fordert seit dem 3. Februar Mediziner
       auf, sich dem zivilen Ungehorsam anzuschließen.
       
       „Wir wollen nicht für das verhasste Militär arbeiten. Unsere
       Krankenschwestern wurden schon beschimpft und aus dem Schwesternheim
       geworfen. Doch jetzt protestiert auch unser Abteilungsleiter, und der Druck
       ist geringer geworden“, sagt der Arzt. „Mir tun die Patienten leid, aber um
       die Generäle zu stoppen, müssen wir streiken.“
       
       Inzwischen gibt es auch bei Banken CDM-Aktionen. Sie müssten dort aber aus
       Sorge um das Bargeld gut vorbereitet sein.
       
       18 Feb 2021
       
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