# taz.de -- Rechnen wie der FC Barcelona: Voll ins Risiko
       
       > Beim hoch verschuldeten Fußballverein FC Barcelona ist die Euphorie groß.
       > Die runderneuerte, teure Elf soll für prächtige Kapitaleinnahmen sorgen.
       
 (IMG) Bild: Doppeltorschütze Robert Lewandowski lässt sich beim Spiel gegen Valladolid vom Publikum feiern
       
       Auch am Sonntag war er wieder da, der Barça-Anhänger mit der 10 auf dem
       Trikot – über der bei ihm allerdings nicht der Name des langjährigen
       Klubgiganten Lionel Messi steht, oder jener seines numerischen Nachfolgers
       Ansu Fati. Sondern der von Mateu Alemany. Dem Publikum außerhalb Spaniens
       dürfte dieser 59-jährige Sportdirektor kaum bekannt sein, beim FC Barcelona
       gilt er jedoch als Mann, der diesen Sommer wahre Wunder vollbracht hat. Und
       so schmückt der Fußballfunktionär jetzt also sogar Fanhemden.
       
       Rundum erneuert hat Alemany den Kader: große Zukunftshoffnungen wie Fati,
       Verteidiger Ronald Araújo und die Mittelfeldspieler Pedri und Gavi
       gehalten, sogar [1][den schon verloren geglaubten Ousmane Dembélé] – und
       nebenher fünf echte Verstärkungen akquiriert, allen voran nach zähem
       Feilschen mit dem FC Bayern den zweimaligen „The Best“ Robert Lewandowski.
       Ein vorige Saison titelloser und mit dem ersten Champions-League-Gruppenaus
       seit über 20 Jahren gepeinigter Klub fühlt sich wieder bereit für
       sportliche Bravour.
       
       Das 4:0 gegen Aufsteiger Real Valladolid am Sonntag lieferte schon einen
       Fingerzeig. Mit elektrischem Angriffsspiel um die mobilen Dembélé und
       Raphinha (neu von Leeds United) riss Barça das Publikum zu Ovationen hin.
       Ein Flirren umgab besonders die Tore von Lewandowski zum 1:0 und 3:0. Das
       erste erinnerte mit einer Flugeinlage am langen Pfosten an einen berühmten
       Treffer von Johan Cruyff, das zweite war ein atemberaubendes Kunstwerk mit
       dem Absatz. Von der „Hacke Gottes“ schreibt „Sport“, die Fans feierten den
       Polen in Sprechchören, und Trainer Xavi kann sein Glück kaum fassen: Von
       Spielverständnis („sein Timing und seine Bewegungen“) bis Charakter
       („wahnsinnig bescheiden, unermüdlicher Arbeiter, ein geborener Leader“) sei
       Lewandowski schlichtweg „ein Segen“.[2][[Link auf Beitrag 4858365 (MS-ID
       5767477)]] 
       
       Erstmals standen dem Coach alle Zugänge zur Verfügung – nachdem am Vortag
       auch Verteidiger Jules Koundé die Spielerlaubnis erhalten hatte. „Vorsicht
       vor den Optionen, die diese Mannschaft hat“, warnt Valladolids Trainer
       Pacheta künftige Gegner. Zu ihnen zählt in der Champions League neben Inter
       Mailand auch der pikierte FC Bayern. „Irgendwie komisch, irgendwie
       verrückt“, nannte Trainer Julian Nagelsmann das katalanische
       Transfergebaren trotz 1,3 Milliarden Euro Schulden.
       
       ## Verkauf zukünftiger Einnahmen
       
       Allein Verhandlungsgeschick reichte für die Kaderrenovierung ja nicht aus.
       Vielmehr holte sich Präsident Joan Laporta bei den Mitgliedern die
       Erlaubnis, ein Viertel der TV-Einnahmen aus dem Ligabetrieb der nächsten 25
       Jahre sowie 49 Prozent der Anteile an der Produktionsfirma Barça Studios an
       externe Investoren zu verkaufen. Rund 750 Millionen Euro brachte das ein,
       und daran ist an sich nichts Illegales – weshalb sie in Barcelona den
       Aufruhr der anderen eher als Zeichen deuteten, dass „sie die Kraft Barças
       unterschätzt haben“, wie Laporta sagt.
       
       [3][Der voriges Jahr zurückgekehrte Chef] – der mit einer ähnlichen
       Strategie den Klub während seiner ersten Amtszeit zwischen 2003 und 2010 in
       seine goldenste Ära führte – versucht zu entdramatisieren: „Ich nehme
       kalkulierte Risiken.“ Als solche sieht er offenbar auch die persönlichen
       Bürgschaften, die er und Schatzmeister Ferran Olivé bei der spanischen Liga
       hinterlegten. Dergestalt wurden die Financial-Fairplay-Regularien so weit
       erfüllt, dass Koundé spielen durfte.
       
       Alemanys Job ist noch nicht beendet. Bis zum Transferschluss am Mittwoch
       „muss es unbedingt noch den einen oder anderen Abgang geben“, erklärte er.
       Die renommierten Stürmer Memphis Depay und Pierre-Emerick Aubameyang gelten
       als primäre Kandidaten. Beide Angreifer spielten gegen Valladolid keine
       Minute. Aubameyang und seine Frau wurden in der Nacht dann Opfer eines
       brutalen Raubüberfalls in ihrer Villa im Strandvorort Castelldefels.
       
       Laportas Rechnung, über die Neulinge auch neues Wachstum herbeizuführen und
       letztlich die Konten zu sanieren, geht hinsichtlich ihres ersten Teils
       bisher auf. Zu vier Spielen gegen zwei Abstiegskandidaten und zwei
       Testgegner kamen im Schnitt knapp 85.000 Zuschauer; darunter viele in
       frisch gekauften Trikots, auf denen zwar manchmal Alemany steht, vor allem
       aber: Lewandowski.
       
       29 Aug 2022
       
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