# taz.de -- Riesenschildkröten auf Galapagos: Das Viech ist nicht totzukriegen
       
       > Verwandte der Riesenschildkröte „Lonesome George“ sind im
       > Galapagos-Archipel gefunden worden. Die Medien finden das super, Experten
       > weniger.
       
 (IMG) Bild: Mittlerweile leider verstorben: „Lonesome George“.
       
       BERLIN taz | Was ist das nun für eine Geschichte, eine über das
       Artensterben oder eine über Medien? „Sensation!“, meldeten am Donnerstag
       viele Internetportale: „Galapagos-Schildkröte doch nicht ausgestorben“. Der
       berühmte, traurige „Lonesome George“ sei gar nicht der letzte seiner Art
       gewesen, als er im Juni dieses Jahres starb. Doch was haben der
       Galapagos-Nationalpark und die Yale-Universität wirklich gefunden, als sie
       die Schildkröten des Archipels untersuchten?
       
       Auf den verschiedenen Inseln, die das Galapagos-Archipel im Pazifik bilden,
       haben sich im Lauf der Zeit zwölf verschiedene Populationen der
       Schildkrötenart Nigra entwickelt. Weil sie sich stark voneinander
       unterscheiden, beschreiben Biologen sie als verschiedene Arten. Eine davon:
       Chelonoidis nigra abingdoni von der Insel Pinta. Ihr hatte auch George
       angehört. Seit Juni gilt sie als ausgestorben.
       
       Nun haben sich Wissenschaftler unter den Schildkröten der benachbarten
       Insel Isabela umgeschaut, Genproben von ihnen genommen und sie mit Proben
       des toten George und Museums-Exemplaren verglichen. Und siehe da: 17 Tiere
       tragen Genmaterial der ausgestorbenen Unterart. Die Forscher hoffen,
       weitere Exemplare, „eventuell sogar reine Pinta-Schildkröten“ zu finden,
       heißt es auf der Website des Galapagos-Nationalparks. Eine Sensation?
       
       Erst mal nicht aufregen, empfiehlt Volker Homes von der Umweltstiftung WWF.
       Schließlich finde man auch in Hausrindern Genspuren des ausgestorbenen
       Auerochsen. „Die bleiben trotzdem ausgestorben“, so Homes.
       
       ## Schutz der Lebensräume
       
       „Man könnte mit einigen Einzeltieren eine Rückkreuzung versuchen“, sagt der
       Biologe Mark Auliya vom Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung,
       „dazu würde man Schildkröten, die partiell Gene von Pinta-Tieren in sich
       tragen, miteinander paaren.“ Das probiert man schon, etwa mit Tarpanen, den
       Wald-Wildpferden. Ob es sich lohne, viel Geld in solche
       Rückkreuzungsversuche zu stecken, sei fraglich, sagt Auliya. Wichtiger sei
       es, Lebensräume zu schützen.
       
       Genau darum gehe es beim Artenschutz, sagt Konstantin Kreiser, Referent für
       internationalen Naturschutz beim Nabu. Wenn einzelne Arten als bedroht
       herausgestellt würden, etwa Tiger oder heimische Wiesenvögel, zeige das
       immer nur an, dass ein ökologisches System insgesamt bedroht sei. „Ob es
       zehn Exemplare einer Art gibt oder keines, ist für ein Ökosystem kein
       großer Unterschied“, so Kreiser. Darum finde er Nachrichten von einzelnen
       lebenden Exemplaren einer Tierart, die als ausgestorben gilt, auch nicht
       sensationell.
       
       Als ausgestorben werden Arten auf der maßgeblichen Roten Liste der
       Weltnaturschutz-Organisation IUCN geführt, wenn es „keinen vernünftigen
       Zweifel daran gibt, dass das letzte Individuum einer Art gestorben ist“.
       Dafür darf in der Regel zehn Jahre lang keines mehr gesichtet worden sein.
       795 ausgestorbene Arten führt die IUCN-Liste derzeit, von rund 1,4
       Millionen bekannten. Die Galapagos-Schildkröte wird als insgesamt
       gefährdete Art geführt – ob George noch lebende Nichten hat oder nicht.
       
       22 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heike Holdinghausen
       
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