# taz.de -- schlusspfiff: Schuld ist immer der Schiedsrichter
       
       > Der Bundesliga-Referee Torsten Koop ist der neueste Sündenbock des DFB im
       > Wettskandal, Schummel-Schiri Hoyzer geht ins Gefängnis
       
       Was für ein großartiges Wochenende für den Deutschen Fußball-Bund (DFB)!
       Nun gut, die althergebrachten Schiedsrichterschmähungen des Publikums wie
       „Ohne Schiri habt ihr keine Chance“ oder „Schwarze Sau“ haben die
       erwartbare Verwandlung in das prägnante „Hoyzer“ erfahren; aber die
       Selbstverständlichkeit, mit der dies durch die Stadien schallte, und die
       Inbrunst, mit der Trainer am Samstag wieder verbal auf die Referees
       einprügelten, zeigte vor allem eins: Normalität ist eingekehrt.
       
       Dass es nicht schlimmer gekommen ist, verdanken wir der Berliner
       Staatsanwaltschaft. „Die Spiele finden auch mit unserer Mithilfe statt, und
       die Schiedsrichter werden nicht gelyncht. Das ist schon einiges wert“,
       sagte deren Chef Hansjürgen Karge im Stile eines Friedensrichters aus Dodge
       City. Karge, Beiname: „Panzerkreuzer“, hat einen Ruf als Hardliner zu
       verteidigen. Schon in der Affäre um Michel Friedman hatte seine Behörde
       durch Forschheit und undichte Stellen geglänzt. Diesmal wurden der
       Staatsanwaltschaft neben undichten Stellen erst Lahmarschigkeit
       vorgeworfen, dann Aktionismus im Rahmen der bundesweiten
       Hausdurchsuchungen. Zuletzt sah es eher nach Ineffizienz aus, denn es
       drängte sich der Eindruck auf, dass der manipulative Schiedsrichter Robert
       Hoyzer den Staatsanwälten nicht viel mehr erzählt hatte, als er Kerner im
       Fernsehen anvertraute.
       
       Die Antwort des Panzerkreuzers auf solche Vorwürfe: mehr Aktionismus. Am
       Samstag wurde Hoyzer festgenommen. „Wir haben etwas herausgefunden, was ich
       im Einzelnen noch nicht sagen darf, sonst wird gegen mich selbst
       ermittelt“, so die kryptisch-düstere Erklärung des Staatsanwalts. Dann
       wurde er doch präziser. Das „drohende höhere Strafmaß“ sei der Grund für
       Annahme von Fluchtgefahr. „Mittäterschaft beim gewerbs- und bandenmäßigen
       Betrug in acht Fällen“ wird dem 25-Jährigen jetzt vorgeworfen.
       
       Der DFB macht inzwischen mit der Aufarbeitung der Affäre große Fortschritte
       – seiner Meinung nach. Erst die Befriedung des pokalgeschädigten HSV mit
       schlappen zwei Millionen Euro, größtenteils aufgebracht durch den Einsatz
       der „Allzweckwaffe“ (SZ) Nationalmannschaft. Dann ein Lob von Sepp Blatter
       für die zügigen Ermittlungen. Der Fifa-Chef scheint zur Erkenntnis gekommen
       zu sein, dass man die Deutschen ein Jahr vor der WM lieber nicht an den
       Pranger stellen sollte. Und schließlich die Auffindung eines neuen
       Sündenbocks in Gestalt des Bundesliga-Schiedsrichters Torsten Koop. Der
       39-Jährige hatte sich nicht besonders klug verhalten, nachdem Hoyzer ihm
       Mitte Januar von seinen Aktivitäten erzählt und offenbar versucht hatte,
       ihm Ähnliches schmackhaft zu machen. Koop hatte das Ansinnen zwar
       abgelehnt, wie er sagt, doch anstatt politisch korrekt zu antworten, so
       etwas sei unmoralisch, hatte er gesagt, er würde sich dabei „in die Hosen
       scheißen“. Dem DFB habe er keine Mitteilung gemacht, weil er Hoyzers
       Äußerungen für „Prahlerei“ hielt. Und nach Aufdeckung der Hoyzer-Affäre, so
       ist zu vermuten, schwieg er weiter, eben weil er vorher nichts gesagt
       hatte. „Der Name Koop wird auf der Schiedsrichter-Liste nie mehr
       auftauchen“, sagte jetzt Schiedsrichter-Sprecher Manfred Amerell, eine Art
       Sonderbeauftragter für markige Worte im Schiedsrichterwesen des DFB.
       
       Damit hat der Versuch der Verantwortungsträger, die Verantwortung
       abzuwälzen, eine neue Dimension erreicht, nachdem zuvor die peinlichen
       Attacken des Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder gegen den Wettanbieter
       Oddset nur begrenzten Erfolg zeitigten. All jene, die im DFB nach der
       Oddset-Warnung über Manipulationen beim Pokalspiel Paderborn - HSV als
       Kontrollinstanzen versagt hatten, sind weiter im Amt: Mayer-Vorfelder, der
       Schiedsrichterausschuss-Vorsitzende Volker Roth, der
       Kontrollausschuss-Vorsitzende Horst Hilpert. Sie alle wussten seit August
       von Merkwürdigkeiten in Sachen Hoyzer, oder hätten davon wissen müssen, und
       taten nichts. Schuld daran soll nun offensichtlich Torsten Koop sein, der
       ebenfalls nichts tat.
       
       Auch der Schiedsrichter Felix Zwayer hatte lange gezögert, bevor er mit
       drei Kollegen schließlich den Skandal beim DFB anzeigte. Man darf annehmen,
       dass dies nicht nur aus Scheu geschah, einen Kollegen zu verpfeifen,
       sondern auch, weil er angesichts der Vehemenz, mit der Roth Hoyzer gegen
       alle öffentlichen Angriffe und Zweifel nach dem Pokalspiel verteidigt
       hatte, befürchten musste, als Nestbeschmutzer und Anschwärzer gemaßregelt
       zu werden.
       
       Beantwortet ist dank des Haftbefehls gegen Robert Hoyzer immerhin die bange
       Frage, ob der denn noch in den Spiegel schauen kann. Derzeit wohl nicht.
       
       MATTI LIESKE
       
       14 Feb 2005
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) MATTI LIESKE
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA