# taz.de -- Schwimm-WM in Budapest: „Ich muss nur schneller schwimmen“
       
       > Schwimm-Olympiasieger Florian Wellbrock reist als Langstrecken-Favorit
       > zur Weltmeisterschaft nach Budapest. Aber ihn belastet das kein bisschen.
       
 (IMG) Bild: Schwimmt im ruhigen Wasser: Florian Wellbrock bei den Olympischen Spielen in Tokio 2021
       
       taz: Herr Wellbrock, am Freitag beginnen in Budapest die Schwimm-WM, vor
       knapp einem Jahr wurden Sie Olympiasieger. Fühlen Sie sich sehr unter
       Druck? Welches Gefühl überwiegt? 
       
       Florian Wellbrock: Erleichterung – oder Seelenfrieden, wie immer man das
       nennen will. Weil ich einfach einen Haken an diesen Titel Olympiasieger
       machen konnte. Das ist eigentlich für alle Athleten in olympischen
       Sportarten ein Kindheitstraum. Und dass ich mir diesen Traum im letzten
       Jahr erfüllen konnte, das tut schon sehr gut.
       
       Was hat die Goldmedaille noch verändert? 
       
       Der Olympiasieg hat mich ein bisschen stolzer gemacht, aber auch leichter.
       Das ist ein bisschen so, als wäre Last von meinen Schultern abgefallen. Ich
       habe extrem lange auf dieses Ziel [1][hingearbeitet] und gehofft, dass es
       endlich funktioniert. An diesem Tag das olympische Gold abgeholt zu haben,
       das löst irgendwie erst einmal alle Sorgen und Probleme in Luft auf.
       
       Die US-Turnerin Simone Biles berichtete von psychischen Problemen nach den
       großen Erfolgen. 
       
       Gerade was das Mediale, den äußeren Druck angeht – das nehme ich eigentlich
       gar nicht so wahr. Ich setze mich selber ein bisschen unter Druck. Bei
       Simone Biles ist es eine ganz andere Situation. Sie hat 2016 vier
       Goldmedaillen geholt. Und bei ihr war es in Tokio dann so: Entweder sie
       gewinnt, oder alle sind unzufrieden. Wenn man in eine solche Position
       geschoben wird, ist es noch mal eine ganz andere Herausforderung als die,
       die ich gerade zu bewältigen habe.
       
       2024 in Paris ein weiteres Olympiagold zu erkämpfen ist für Sie also eine
       vergleichsweise kleine Herausforderung? 
       
       Das kann man schon ungefähr so in Worte fassen. Es wäre dann eben ein
       anderer olympischer Titel. Aber das setzt mich jetzt nicht mehr oder
       weniger unter Druck. Die Situation in Paris wird dann ähnlich sein. Da
       müssen wir einfach schauen, dass wir im Becken ein bisschen schneller
       schwimmen als in Tokio.
       
       Sie sind im Alter von 17 Jahren von Bremen ins Internat nach Magdeburg
       gegangen. Fiel Ihnen dieser [2][Wechsel] eigentlich schwer? Und war er für
       Sie alternativlos? 
       
       Sowohl als auch. Es war alternativlos – denn wenn ich mich weiterentwickeln
       wollte, konnte ich nicht in Bremen bleiben. Aber der Wechsel ist mir schon
       auch schwergefallen. Zu Hause hatte ich wirklich eine Übermutti, die sich
       um alles gekümmert, mir alles abgenommen hat. Im Internat dagegen musste
       ich mich auf einmal um Dinge wie Wäschewaschen und Einkaufengehen kümmern.
       Eigentlich ganz lapidare Dinge. Aber die muss man mit 17 erst mal
       bewerkstelligen.
       
       Bei der WM in Budapest treten Sie auf vier Strecken an. Was wollen Sie da
       erreichen? Oder ist das nur eine Durchgangsstation zu den Olympischen
       Spielen in Paris 2024? 
       
       Wenn man das große Ganze betrachtet, ist dieses Jahr schon eine
       Durchgangsstation – und Paris ist wieder das große Ziel. Jetzt bei der WM
       habe ich natürlich die Mission Titelverteidigung über 1.500 Meter und auch
       über die 10 Kilometer vor der Brust. Das wird schon Herausforderung genug.
       
       Gibt es das perfekte Rennen? 
       
       Die zehn Kilometer von Tokio waren perfekt. Das war ein Rennen, das es in
       der Geschichte so noch nie gegeben hat. Und ich bin gespannt, wann und ob
       es so etwas wieder geben wird. Was mich noch antreibt, ist der Gedanke, ob
       die Titelverteidigung möglich ist. Oder die Frage: Bin ich in Paris in der
       Lage, olympisches Gold auch im Becken zu holen? Wie weit kann ich meine
       eigene Bestzeit noch herunterschrauben? Kann ich über die 1.500 Meter den
       Europarekord und irgendwann den Weltrekord brechen? Da sind die Gedanken,
       die mich antreiben – und die mich weiterhin motivieren.
       
       Sie schwimmen pro Jahr 3.000 bis 3.500 Trainingskilometer, aber Sie
       bezeichnen das Wasser als Ihre „Traumwelt“. Geht das zusammen? 
       
       Auf jeden Fall. Ich finde es einfach immer wieder schön, in dieses, ich
       sage mal: fremde Element hineinzuspringen. Diese Schwerelosigkeit zu
       fühlen, dass ich mehr oder weniger schwebe. Die Geräuschkulisse unter
       Wasser ist eine ganz andere. Das sind einfach Dinge, die ich unheimlich
       schön finde. Und deswegen spreche ich gern von einer Traumwelt.
       
       14 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Weltrekord-im-Schwimmen/!5821132
 (DIR) [2] /Fuehrungskrise-bei-deutschen-Schwimmern/!5762039
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Morbach
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
 (DIR) Schwimm-WM
 (DIR) Schwimmen
 (DIR) Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
 (DIR) Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
 (DIR) Schwimmen
 (DIR) Schwimmen
 (DIR) Schwimmen
 (DIR) Schwimmen
 (DIR) Schwimm-WM
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Rekord-Schwimmerin Ledecky vor Olympia: Unauffällige Ausnahmeerscheinung
       
       Katie Ledecky ist vor den US-Olympiaausscheidungen bestens in Form, um dann
       auch bei den Sommerspielen in Paris groß abzuräumen.
       
 (DIR) Vor der Schwimm-EM in Rom: Bald trinken sie Wodka
       
       Im Schwimmbecken sind Florian Wellbrock und Michailo Romantschuk
       Konkurrenten. Doch der Deutsche und der Ukrainer fühlen sich nicht so.
       
 (DIR) Lukas Märtens bei der Schwimm-WM: Im Dauerkraulmodus
       
       Bei der Schwimm-WM in Budapest holt Lukas Märtens die erste deutsche
       WM-Medaille über 400 Meter Freistil seit 2011. Auch die mentale Stärke
       stimmt.
       
 (DIR) Schwimm-WM nach Olympia: Weltmeisterschaft zweiter Wahl
       
       Bei der Schwimm-WM in Budapest fehlen einige Ausnahmekönner. Das liegt
       nicht nur am Ausschluss Russlands.
       
 (DIR) Weltrekord im Schwimmen: Andauernd ausdauernd
       
       Florian Wellbrock, einer der Schwimmer des Jahres, knackt bei der
       Kurzbahn-WM den Weltrekord über 1.500 Meter. Das Preisgeld: 50.000 Dollar.
       
 (DIR) Schwimm-EM in Budapest: Auf bessere Zeiten
       
       Die Coronakrise prägt auch die Schwimm-EM in Budapest. Viele Aktive blicken
       deshalb schon weiter – auf die Olympischen Spiele 2024 in Paris.
       
 (DIR) Schwimmweltmeister Florian Wellbrock: Erst Gold, dann Reset
       
       Florian Wellbrock wird bei der Schwimm-WM Weltmeister über 10 Kilometer.
       Auf dieser Strecke ist es sein erster großer internationaler Titel.