# taz.de -- Spitzenspiel in der Fußball-Bundesliga: Gier nach Erfolg
       
       > Granit Xhaka möchte mit Leverkusen nach Saisonende vorn landen. Am
       > Freitag kommt es zum Gipfeltreffen mit dem FC Bayern München.
       
 (IMG) Bild: Kämpferischer Typ: Granit Xhaka (r.) im Duell mit Leipzigs Yussuf Poulsen
       
       So harmonisch wie die Sommerwochen in seinem neuen Leben bei Bayer
       Leverkusen ist die Länderspielpause für Granit Xhaka nicht verlaufen.
       [1][Der Kapitän des Schweizer Nationalteams] hat nach einem 2:2 im Kosovo
       die Arbeitshaltung seines Teams angemahnt: „So, wie wir gespielt haben, sah
       das die ganze Woche aus“, sagte er.
       
       Das wurde als Kritik an Trainer Murat Yakin verstanden und machte eine
       Aussprache nötig; die Kunst der Diplomatie gehörte noch nie zu den Stärken
       dieses Fußballers. Aber vielleicht hat Xhaka etwas Reibung gebrauchen
       können vorm ersten echten Topspiel der jungen Bundesligasaison, das er am
       Freitagabend mit seinen Leverkusenern beim FC Bayern bestreiten wird (20.30
       Uhr; DAZN).
       
       Der 30 Jahre alte Mittelfeldspieler ist ein Typ, der über die kostbare Gabe
       verfügt, durch eine klare Haltung besondere Energien in seinen Teams
       freizusetzen. „Es gibt nur wenige Spieler, die wie er dank einer
       herausragenden Mentalität und Persönlichkeit eine Mannschaft so überzeugend
       führen können“, sagt Sportdirektor Simon Rolfes.
       
       Trainer Xabi Alonso ist von einer ähnlich tiefen Gier nach Erfolg erfüllt,
       in Kombination mit Xhaka ist nun eine Konstellation entstanden, die ein
       Vorhaben zur Vollendung bringen könnte: die Abschaltung der Leverkusener
       Neigung zur Bequemlichkeit.
       
       ## Enge Familienbande
       
       Warum Xhaka als Kapitän des FC Arsenal nach seiner besten Saison in der
       Premier League nach Leverkusen wollte, wo er nicht einmal in der Champions
       League spielen kann, ist schnell erzählt: Der Schweizer hat sich nie
       heimisch gefühlt in London, wie der zweifache Vater in einem Interview im
       Jahrbuch seines neuen Klubs erzählt: „Meine Frau und ich hatten zum
       Beispiel unsere Familien nicht bei uns, auch keine engen Freunde.“
       
       Im Rheinland ist dieser Rückhalt vorhanden. Xhakas Frau Leonita arbeitete
       früher am Empfang im Borussia-Park, während Granit in Gladbach spielte, in
       dieser Zeit wurden sie ein Paar. Leonitas Familie lebt in der Region und
       hat ebenso wie Granit Wurzeln im Kosovo. Solche Bindungen bedeuten dem
       Fußballprofi viel, was wohl auch mit der Familiengeschichte zu tun hat.
       
       [2][Vater Ragip protestierte in den 1980er Jahren] als Student der Uni
       Prishtina gegen das kommunistische Regime in Jugoslawien und wurde
       inhaftiert. Im Schnellverfahren verhängte ein Gericht eine sechsjährige
       Gefängnisstrafe, Ragip erlebte Brutalität und Willkür. „Als sein Sohn
       berührt mich die Geschichte sehr tief“, sagte Xhaka einmal. Granits Mutter
       Eli wartete dreieinhalb Jahre auf Ragip, den sie erst wenige Wochen kannte.
       
       ## Der Vater zeigte ihnen, dass sie stark sein müssen
       
       Nach dessen plötzlicher Freilassung wanderte das junge Paar in die Schweiz
       aus, wo zunächst der ältere Sohn Taulant zur Welt kam und dann Granit.
       Beide sind heute Fußballprofis. „Wir hatten dieses Idol, dieses Vorbild,
       das uns lehrte, dass man stark sein muss, um etwas zu erreichen“, sagte
       Granit, dessen zwei Jahre älterer Bruder beim FC Basel spielt.
       
       Vorm Hintergrund dieser Vergangenheit wird verständlich, dass die Xhakas
       politischere Menschen sind als die meisten anderen Fußballer. Wobei die
       Sache noch eine weitere Dimension hat: Der Vater hat nicht einfach nur als
       Jugoslawe gegen die kommunistische Regierung in Belgrad protestiert, er ist
       auch Kosovo-Albaner und damit verstrickt in die komplexe Konstellation der
       Nationen und Völker auf dem Balkan.
       
       Taulant spielt für Albanien, Granit für die Schweiz. All das schwang mit,
       als Granit während der WM 2018 in einer Partie gegen Serbien mit den Händen
       einen Doppeladler formte, der die Flagge Albaniens ziert. Damit löste er
       eine bis ins Parlament hineinreichende Debatte über die Schweizer
       Gesellschaft und die Migrationspolitik aus. Das muss man erst mal aushalten
       als Sportler.
       
       15 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.transfermarkt.de/granit-xhaka/profil/spieler/111455
 (DIR) [2] https://www.theguardian.com/football/2017/nov/17/granit-xhaka-dad-jail-beatings-arsenal-tottenham-derby
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Theweleit
       
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