# taz.de -- Streit um Pestizidrückstände im Bordeaux: 125.000 Euro Strafe für Weinrebellin
       
       > Valérie Murat hatte auf Pestizidrückstände in teurem Bordeauxwein
       > hingewiesen. Sie erhielt eine hohe Strafe wegen Verleumdung.
       
 (IMG) Bild: Gesundheitlich gefährdet? Eine rumänische Arbeiterin während der Weinernte in der Region Bordeaux
       
       BERLIN taz | Die französische Anti-Pestizid-Aktivistin Valérie Murat ist am
       Donnerstag vor der Zivilkammer in Libourne wegen Verleumdung zu einer
       Geldstrafe von 125.000 Euro verurteilt worden. Das Gericht befand die
       „Weinrebellin“ für schuldig, [1][mit ihrer Veröffentlichung zu
       Pestizid-Rückständen in Bordeauxweinen] dem Ansehen des Anbaugebiets schwer
       geschadet zu haben.
       
       100.000 Euro gehen als Schadensersatz an die Vereinigung der
       Bordeauxwinzer, 25.000 Euro muss sie an weitere Kläger bezahlen. Außerdem
       müssen Murat und ihre Bürgerinitiative „Giftalarm“ ([2][Alertes aus
       Toxiques]) innerhalb von 14 Tagen alle Veröffentlichungen, die die
       Reputation der Bordeauxwinzer angreifen, zurückziehen. Andernfalls muss sie
       500 Euro Zwangsgeld für jeden Tag des Ungehorsams zahlen.
       
       Murat und ihre Organisation hatten im September 2020 die Analysedaten von
       22 Weinen veröffentlicht, davon 20 aus dem Bordelais. Das beauftragte Labor
       hatte 28 verschiedene Substanzen gefunden mit teils krebserregenden, teils
       hormonellen oder erbgutverändernden Wirkungen. Im Schnitt fanden sie acht
       verschiedene Pestizide je Flasche. Murat hatte diese Ergebnisse scharf
       kommentiert: Die Bordeauxwinzer seien „gierig nach Pestiziden“ und es sei
       Verbraucherbetrug, dass diese Weine das Phantasielabel „besonders
       umweltfreundlich“ tragen.
       
       Der Bordeaux-Winzerverband CIVB reagierte „mit Befriedigung“ auf das
       Urteil. Es sei die angemessene Antwort „auf die Anschuldigungen, die wir
       kollektiv ertragen mussten“. Das Urteil zeige, dass solche Verunglimpfungen
       nicht ungestraft bleiben, sagte CIVB-Präsident Bernard Farges. Die
       [3][Konzentrationen der ermittelten Pestizid-Rückstände] in den Weinen
       seien sehr niedrig und vollkommen legal.
       
       ## „Gesellschaftliche Hinrichtung“
       
       Murats Anwalt Eric Morain kündigte sofort nach dem Urteil Berufung an. Das
       Gericht habe die „gesellschaftliche Hinrichtung“ seiner Mandantin
       verkündet. Das Urteil sei tendenziöses Unrecht. Murat werde in diesem
       Rechtstreit nicht nachgeben und „bis zum Ende“ gehen. Murat selbst sagte,
       offenbar sei auch die Luft in Libourne schon verseucht. Diejenigen, die
       wegen der Pestizide Alarm schlagen, würden beschmutzt. Das Weinland
       Frankreich beschütze nicht den Wein, sondern seine Giftstoffe.
       
       Valérie Murat ist selbst Winzertochter im Anbaugebiet „Entre deux mers“.
       Ihr Vater ist an Krebs gestorben, sein Krebsleiden wurde als
       Berufskrankheit in Folge des Pestizideinsatzes anerkannt. Murat hat immer
       wieder Rückstandsmessungen auf Pestizide veranlasst und damit dem Thema
       Pestizide im Wein Aufmerksamkeit beschert. Im Laufe des Prozesses hatten
       sich 43 Organisationen aus ganz Europa mit Murat solidarisch erklärt,
       darunter auch Greenpeace, das Umweltinstitut München und das
       Pestizid-Aktionsnetzwerk sowie Abgeordnete des Europaparlaments.
       
       26 Feb 2021
       
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