# taz.de -- Verheerende Überschwemmungen in Pakistan: Klimakrise trug zu Flut bei
       
       > Pakistan kämpft noch mit den Folgen des außergewöhnlich starken Monsuns
       > im August. Der Starkregen war kein Zufall.
       
 (IMG) Bild: Provisorische Unterkünfte in Hyderabad Pakistan für die Opfer der Flut im August
       
       GENF/LONDON/BERLIN dpa/taz | Die Folgen des Unwetters sind dramatisch: Der
       starke Monsun hat Millionen von Menschen in Pakistan vertrieben, viele
       können auch nach Wochen noch nicht in ihre Häuser zurück. Ein Drittel des
       Lands [1][steht unter Wasser]. Mehr als 1.480 Menschen sind nach
       offiziellen Angaben umgekommen.
       
       Die Tragödie ist nicht nur Schicksal – der Mensch hat durch das Aufheizen
       der Atmosphäre dazu beigetragen. Das ist [2][Ergebnis einer Schnellstudie]
       von Klimaforscher:innen, die den ungewöhnlichen Starkregen untersucht
       haben. Für die besonders betroffenen Provinzen Sindh und Baluchistan
       zeigten einige Modellrechnungen, dass die Regenmenge über einen besonders
       schlimmen Fünf-Tage-Zeitraum bis zu 50 Prozent höher war, als es ohne
       Klimawandel der Fall gewesen wäre.
       
       Hinter der Analyse steckt das Netzwerk World Weather Attribution um die
       deutsche Klimawissenschaftlerin Friederike Otto vom Imperial College in
       London. Sie gilt als Pionierin der Attributionswissenschaft, einem Strang
       der Klimaforschung, der den Anteil des Klimawandels an
       Extremwetterereignissen ermittelt.
       
       Das Netzwerk berechnet mit Computermodellen die Wahrscheinlichkeit von
       Wetterextremen vor der Industrialisierung und vergleicht sie mit heutigen
       Daten der um 1,2 Grad erwärmten Erde.
       
       ## Müssen Industrieländer Klima-Schadensersatz leisten?
       
       Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die diesjährigen Überschwemmungen jetzt
       jedes Jahr wiederholen, liege bei einem Prozent, heißt es in der Studie.
       Allerdings gebe es erhebliche Unsicherheiten. Weil die Regenfälle in
       Pakistan von Natur aus sehr wechselhaft sind, sei es schwierig, den
       Einfluss des Klimawandels genau zu quantifizieren, berichtet das Netzwerk.
       „Wir können aber mit großer Sicherheit sagen: Die Chance, dass so etwas
       passiert, wäre ohne Klimawandel geringer gewesen“, sagte Otto.
       
       Das passt zum Stand der Klimaforschung: Dass in Südasien der Monsun im Zuge
       der Erderhitzung wahrscheinlich stärker wird, hat auch der Weltklimarat
       IPCC prognostiziert. Der wertet in seinen Sachstandsberichten alle
       relevanten Forschungsarbeiten zur Klimakrise aus.
       
       Die Autor:innen der aktuellen Schnellstudie weisen aber auch darauf hin,
       dass die dramatischen Auswirkungen der Regenfälle nicht nur mit deren
       Intensität zu tun haben – sondern auch mit der Verletzlichkeit vor Ort.
       
       Die Sozialwissenschaftlerin Ayesha Siddiqi von der Universität Cambridge
       sagte, schlechtes Wassermanagement habe die Folgen der Überschwemmungen
       verschlimmert – das stamme noch aus der Zeit der britischen
       Kolonialherrschaft. Unter anderem hätten die Wassermassen nicht zügig
       abfließen können.
       
       Dass die Klimakrise das Unwetter begünstigt hat, spielt für Siddiqi auch in
       Hinblick darauf eine Rolle, wer für den Schaden aufkommt. Schließlich sind
       die Industriestaaten hauptsächlich für die Treibhausgas-Emissionen seit
       Beginn der Industrialisierung verantwortlich, nicht arme Länder wie
       Pakistan. „Pakistan sollte absolut Reparationen verlangen“, sagte sie.
       
       ## UN-Chef spricht von „Klima-Massaker“
       
       Ob die reichen Länder in solchen Fällen Schadensersatz zahlen sollten, ist
       immer wieder Gegenstand der internationalen Klimaverhandlungen. Bislang ist
       Schottland das einzige Industrieland, dass Geld zur Verfügung gestellt hat,
       das arme Länder für den Umgang mit Schäden und Verlusten einsetzen dürfen.
       
       Die anderen Staaten zahlen bisher nur zweckgebunden für Projekte zur
       Minderung der Emissionen und für Anpassung an den Klimawandel. Sie haben
       Angst davor, dass schon einzelne Reparationszahlungen juristisch als
       Schuldeingeständnis für die Klimakrise gewertet werden könnten – und eine
       vollumfängliche Haftung nach sich ziehen würden.
       
       UN-Generalsekretär António Guterres brachte das Unglück in Pakistan schon
       bei einem Besuch am vergangenen Wochenende mit dem Klimawandel in
       Verbindung: „Ich habe schon viele humanitäre Desaster auf der Welt gesehen,
       aber ein Klima-Massaker dieser Größenordnung habe ich noch nie erlebt.“
       
       Schon im Frühjahr hatte Pakistan zusammen mit Indien [3][unter einem
       Wetterextrem gelitten], das mit der Klimakrise zu tun hatte, nämlich einer
       Hitzewelle. Die Erderhitzung infolge menschlicher Treibhausgasemissionen
       hatte die für die Jahreszeit extremen Temperaturen 30-mal wahrscheinlicher
       gemacht.
       
       16 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /taz-Podcast-klima-update/!5878919
 (DIR) [2] https://www.worldweatherattribution.org/climate-change-likely-increased-extreme-monsoon-rainfall-flooding-highly-vulnerable-communities-in-pakistan/
 (DIR) [3] /Extreme-Hitze-in-Indien-und-Pakistan/!5853515
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Schwarz
       
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